Feminine Nomen und Femininkennzeichen in anderen semitischen Sprachen

Dieser Post schließt an meine Beiträge zu Femininen Nomen und dem Tāʾ Marbūṭa im Arabischen und zu den Erkenntnisse der Semitistik zu diesem Thema an. Wesen und Herkunft des Tāʾ Marbūṭas als Zwitterzeichen zwischen ت/t und ه/h lassen sich durch den Vergleich mit anderen semitischen Sprachen erhellen. Dieser Sprachvergleich bestätigt den Befund, dass das Femininkennzeichen eher ein „Klassen- oder Gegensatzkennzeichen“ ist und dass es neben Nomen mit Femininkennzeichen auch unmarkierte Femina gibt. Im Folgenden werden alle Beispiele in Transkription dargeboten.

Babylonisch/Akkadisch

Die Femininendung Singular lautet -t, die Pluralendung -āt bzw. -ēt. Zwei Beispiele in altbabylonischer Schreibung:

bēlum      Herr
bēltum     Herrin
bēlētum    Herrinnen
šarrum     König
šarratum   Königin
šarrātum   Königinnen

Die „Femininendung“ dient dabei zur Ableitung und Markierung einer natürlich femininen Form von einer unmarkierten natürlich maskulinen Grundform. Darüber hinaus wird sie als morphologischer Marker zur Wortbildung mittels Derivation/Ableitung und zur semantischen Differentiation eingesetzt.³

(Bibel-)Hebräisch

Die feminine Singularendung im Hebräischen ist -āh bzw. -ṯ , die Pluralendung -ôṯ. Aus -āh wird im Status Constructus -āṯ.

torāh           Gesetz
tôrôṯ           Gesetze
baṯ             Tochter
meleḵ           König
malkāh          Königin
malkāṯ hāʾāreṣ  die Königin des Landes
məlāḵôṯ         Königinnen

In der defektiven hebräischen Quadratschrift sehen wir große Parallelitäten zum arabischen Schriftbild und dem Tāʾ Marbūṭa: Ein auslautendes -h im Status Absolutus wandelt sich im Status Constructus in ein -t.

Sprach- und schrifthistorische Studien zeigen, dass die Pleneschreibung von Langvokalen zunächst am Wortende auftrat. Für ein auslautendes -ā wurde der Konsonant -h als Mater Lectionis geschrieben. Die eigentliche Femininendung im Status Absolutus ist also ein -ā.

Neben markierten femininen Nomen gibt es auch solche ohne Endung – nämlich bei natürlichem Geschlecht, Städten- und Ländernamen, paarigen Körperteilen und Ausnahmen wie „Erde“. Die Femininendung kann als Nomen Unitatis ein Einzelstück im Gegensatz zum maskulinen Gattungsbegriff (Nomen Generis) bezeichnen.

Altäthiopisch

Die Singularendung lautet -at oder -t, -āt ist die Pluralendung. „Grammatische Kongruenz beim Genus ist im Äthiopischen in relativ hohem Maße willkürlich“. Stephan Procházka schlägt daher vor, „statt von maskulin und feminin von ‚markierten‘ und ‚unmarkierten‘ Wörtern“ zu sprechen. Die Pluralendung -āt ist keine spezifische feminine Endung, sondern findet sich auch bei maskulinen Nomen. Bei femininen Substantiven verdrängt sie nicht die Singularendung -t, sondern wird hinzugefügt!

ḥalqat        Ring
ḥalqatāt      Ringe

Altsüdarabisch

Die Femininendung lautet -t. Feminine Nomen ohne Endung treten beim natürlichen Geschlecht, paarigen Körperteilen und Ausnahmen wie „Erde“ auf.


  1. Worthington, Martin: Complete Babylonian, London 2010 (Teach Yourself).
  2. Streck, Michael: Altbabylonisches Lehrbuch, Harrassowitz: Wiesbaden 2011 (Porta Linguarum Orientalium Neue Serie, Bd. 23).
  3. Streck, Michael: Feminine Gender of Old Babylonian Nouns, in: Shehata, Dahlia/Weiershäuser, Frauke/Zand, Kamran V. (Hg.): Von Göttern und Menschen. Beiträge zur Literatur und Geschichte des Alten Orients (FS Brigitte Groneberg), Leiden 2010, 287-305.
  4. Tropper, Josef: Akkadisch für Hebraisten und Semitisten, Hartmut Spenner: Kamen 2011 (Hebraica et Semitica Didactica, Bd. 3).
  5. Lambdin, Thomas O.: Lehrbuch Bibel-Hebräisch, hrsg. von  Heinrich von Siebenthal, Brunnen: Gießen 2008.
  6. Gzella, Holger (Hg.): Sprachen aus der Welt des Alten Testaments, WBG: Darmstadt 2009.
  7. Procházka, Stephan: Altäthiopische Studiengrammatik, Academic Press Fribourg: Freiburg (Schweiz) 2004 (Orbis Biblicus et Orientalis Subsidia linguistica, Bd. 2).

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