Interview

Das Missverständnis mit dem Unkraut

8. Juni 2017
Kräuterpädagogin

Das Missverständnis mit dem Unkraut

Interview mit der Kräuterpädagogin Sandra

Alle die hier öfter mitlesen, die wissen, dass ich gerne Dinge aus meinem Garten verarbeite oder aber auch Natur-Kosmetik selbst herstelle. Also verwundert es wohl  nicht, dass ich bei Instagram direkt auf das Profil von Sandra aufmerksam wurde. Es hat mich sofort gefesselt und ich habe ihr ganz spontan geschrieben, ob wir nicht etwas zusammen für euch hier schreiben wollen. Und jetzt lest einfach selbst…

Kräuterpädagogin

Liebe Sandra, vielleicht magst du dich erst einmal kurz selbst vorstellen?

Gerne – ich heiße Sandra, 35 Jahre, Mama einer vier jährigen Tochter. Von Beruf Dipl. Verwaltungswirtin und in meiner Freizeit gelernte Kräuterpädagogin aus Leidenschaft. 
Was genau dürfen wir uns denn unter einer Kräuterpädagogin vorstellen?
Eine Kräuterpädagogin ist eine Fachkraft für Wildkräuter und deren Verwendung. Sie weiß um die wirksamen Eigenschaften all jener Pflanzen, die meist als „Unkraut“ betitelt und entfernt werden. Der Schwerpunkt eines/r jeden Kräuterpädagogen/in ist dabei so unterschiedlich und vielfältig wie das Themengebiet selbst, es werden Kräuterführungen in freier Natur angeboten, Seminare und Vorträge gehalten, Kräutererzeugnisse hergestellt – alles in allem total interessant und meist unglaublich lecker dazu.

Hast du hierzu eine Ausbildung gemacht? Wie lange geht so etwas und welche Themenbereiche umfasst das?

Ja. Ich habe im Zeitraum eines Jahres den Zertifikatslehrgang zur Kräuterpädagogin an der Gundermannschule absolviert. 
Ich habe in diesem Jahr ganz schön gebüffelt, die Biologie der Pflanzen, Bestimmungsmerkmale, Inhaltsstoffe und eine Menge mehr Theorie die zwingend nötig ist um dann auch wirklich sicher die Pflanzen bestimmen zu können. Es gibt auch eine Menge giftige Wildkräuter und da braucht es fundiertes Handwerkzeugs um sicher auf „Schatzsuche“ gehen zu können.
Mir hat das Lernen wirklich Freude bereitet und das, obwohl ich als frischgebackene Mutter plötzlich keine freie Zeiteinteilung mehr hatte wie dies zum Beispiel noch in meinem Studium der Fall war und ich abends nach einem turbulenten Tag mit Kind und Haushalt auch gerne mal aufs Sofa gewandert wäre – ich hatte was gefunden was mir voll und ganz entsprach und bin bis heute dankbar, diesen Schritt gemacht zu haben. 

Wie bist du darauf gekommen diese Ausbildung zu machen?

Ich Nachhinein betrachtet war es wohl ein Missverständnis, was mich diese Ausbildung hat beginnen lassen. Ich war schon immer gern im Garten, schon vor der Geburt meiner Tochter haben mein Mann und ich einen Schrebergarten bewirtschaftet, ich habe begonnen Gemüse selbst anzubauen und versucht handelsübliche Küchenkräuter anzubauen, allerdings ohne viel Erfolg. Nach der Geburt meiner Tochter war mein Leben plötzlich sowieso völlig auf den Kopf gestellt, dass setzte in mir ganz neue Energien frei und ich beschloss, nochmal die Schulbank zu drücken und mein Laienwissen zu vervollständigen. Bei meinen Recherchen stieß ich auf die Ausbildung zur Kräuterpädagogin, die Schule war quasi fußläufig zu erreichen und ich meldete mich an. Als ich innerhalb der ersten Unterrichtsstunden begriff, dass es bei der Ausbildung zum Kräuterpädagogen nicht darum geht Rosmarin, Basilikum & Co. zu hegen und zu pflegen, sondern dass ich zur WILDkräuterpädagogin ausgebildet werde, die Pflanzen als Kräuter erkennen und nutzen lerne die mein Vater zum Beispiel immer verzweifelt versuchte aus seinem Rasen zu eliminieren, da ging für mich eine neue Türe auf… 
hinter welcher ein so großes und interessantes Wissensgebiet lag und liegt, dass ich auch jetzt als zertifizierte Kräuterpädagogin immer wieder auf’s Neue begeistert bin, was es alles noch zu entdecken gilt.
Kräuterpädagogin

Wie dürfen wir uns dich als Kräuterpädagogin denn im täglichen Leben vorstellen? Hast du einen eigenen Garten, wo du vieles selbst anbaust?

Ja, ich habe mittlerweile einen großen Kräuter- und Gemüsegarten, mit einer eigenen Ecke für die heilenden “Un”kräuter versteht sich. Und auch der davor liegende Rasen ist rein biologisch und wird zuweilen von unseren geliebten Gänseblümchen, den Löwenzähnen wie wir sie liebevoll nennen und allerlei mehr in seine Schranken gewiesen. Selbst mein Mann ist mittlerweile damit einverstanden, hat er doch in unserem Alltag gelernt dass bei einem Insektenstich zum Beispiel einige Gänseblümchen oder unser Freund der Spitzwegerich direkte Linderung bringen, die kein englischer Rasen hätte leisten können.
Zu dem großen Garten gehört ein kleines Stadthäuschen, welches uns in den Wintermonaten mit vielen Geburtstagen und entsprechend viel Besuch aber auch zwischendrin mal zu eng wird und uns in regelmäßigen Abständen überlegen lässt, uns nochmal nach neuem Wohnraum umzuschauen. An der Stelle wendet meine Tochter dann immer ein: „Aber Mama, wir können gar nicht umziehen, hier wohnt doch dein Kräutergarten.“ Und sie hat Recht, unser Familienschwerpunkt liegt im Garten und immer wenn ich oder wir dort zusammen werkeln wird mir dieser Luxus bewusst, den es bedeutet in der Stadt so viel Grün besitzen zu dürfen. Dafür müssen wir in der kalten Jahreszeit dann ab und an mal zu Freunden ausweichen.
Gärtnern ist für mich Meditation, vor der Gemüsezeit die Beete umzugraben macht mich (spätestens nach getaner Arbeit) genauso glücklich, wie jetzt in der Blütezeit meine Kräuter zu pflegen, zu ernten, die wilde Bande in der Unkräuter-Ecke einigermaßen im Zaum zu halten und in alten Heilkräuterbüchern zu stöbern, was man mit der reichen Ernte noch alles fabrizieren kann.
Gleichzeitig versuche ich die Lust meiner Tochter am Gärtnern zu entfachen, bzw. mittlerweile zu erhalten, sie besitzt in meinem Kräutergarten ein eigenes kleines Kinderbeet, wo sie Radieschen und Bohnen pflanzt und alles was sie sonst beim Wachsen beobachten möchte – letztes Jahr hatten wir Blumenkohl und Brokkoli zu Gast, in dem sie ihre eigenen Erdbeeren ernten und für dessen Pflege sie ganz alleine verantwortlich ist. Natürlich buddeln wir auch gemeinsam in Mamas‘ Gemüsebeet nach Kartoffeln in der Erde, ernten grüne Zwiebelröllchen bevor wir dann plötzlich die dicke große Zwiebel in der Erde entdecken oder pulen zusammen selbstgepflückte Bohnen. Und auch ihre kleinen Freunde und Freundinnen werden mit großer Begeisterung dazu gebeten, das Wissen wandert in die Kindergartengruppe und ich freue mich immer über Möglichkeiten, mit kleinen Händen arbeiten zu dürfen. 
Ein Wunsch von mir ist es, Interessierten insbesondere unser Leben im Garten zu zeigen, sie von meiner Begeisterung anzustecken und zu zeigen, wieviel (Heil-)Kraft insbesondere in Pflänzchen stecken, die immer noch regelmäßig mit Essig oder schlimmeren Unkrautvernichtungsmitteln aus den Gärten und Vorgärten verband werden. Deshalb habe ich mir mein kleines Label „Holundersache“ erschaffen und sobald ich alle Vorbereitungen abgeschlossen habe, möchte ich unter diesem Label einen Blog führen, in dem ich durch unser (Garten-)Jahr führe, eine berufstätige Mutter in der Stadt, bei der sich oftmals die Bügelwäsche von Wochen stapelt, die im Garten aber einfach so viel glücklicher ist als vor dem Bügelbrett. Bis es soweit ist, habe ich begonnen, mich in kurzer Form über Instagram mitzuteilen und freue mich wenn ihr mir dort folgt. Dort verpasst ihr dann auch ganz sicher nicht den Startschuss für den Blog.
Und für alle, die jetzt genauso fasziniert sind, wie ich, denen kann ich schon mal versprechen, dass ihr hier bald noch einen Beitrag lesen könnt zum Herstellen einer “Gänseblümchensalbe”. Ich freue mich da schon wahnsinnig drauf und ich hoffe ihr auch!!!

Eure Ariane

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert