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ALG II-Empfänger: Noch mehr Kontrolle
Die Bundesagentur für Arbeit erhöht einmal mehr den Druck auf Empfänger von Arbeitslosengeld II (ALG II): Künftig sollen die Jobcenter die Einkommenssituation monatlich überprüfen – die bisherige Regelung galt Quartalsweise. Die Prüfung soll sicherstellen, dass der Anspruch auf ALG II weiterhin besteht.
von Gerrit Wustmann
ALG II-Empfänger: Noch mehr Kontrolle
© Bundesagentur für Arbeit

ALG II-Empfänger dürfen bei Vermögen und Einkommen bestimmte Obergrenzen nicht überschreiten – ansonsten entfällt sein Anspruch auf Hilfe; unter Umständen müssen bereits erhaltene Sozialleistungen zurückgezahlt werden. Um den Status zu überprüfen gibt es automatisierte Abfragen der Jobcenter bei Finanzämtern und der Rentenversicherung.

Kontrolle wirkt wie Generalverdacht

Hochproblematisch ist, dass in diese Abfragen auch Menschen einbezogen werden, die selbst gar keine staatliche Unterstützung erhalten, die aber im selben Haushalt leben wie ein ALG II-Empfänger. Je nach Einkommen kann der Mitbewohner verpflichtet werden, für den ALG II-Empfänger aufzukommen. Politiker der Grünen und Linken kritisierten diese sowie die engere Kontrollpraxis Medienberichten zufolge. Es komme ein Generalverdacht auf.

Eine Ende Juni vom Bundestag verabschiedete Reform, die noch den Bundesrat passieren muss, soll hingegen die Lage von Arbeitslosen verbessern. Durch die Reform sollen Leistungen für zwölf statt wie bisher für sechs Monate gewährt werden; Ein-Euro-Jobs sollen 36 statt bislang nur 24 Monate dauern dürfen – dieser Part ist allerdings strittig, denn es ist kaum erwiesen, dass derartige Jobs einen Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt erleichtern.

Urteil: Sinnlose Maßnahmen können abgelehnt werden

Positiv zu deuten ist derweil ein Urteil des Sozialgerichtes Leipzig, das die Verpflichtung, an sinnlosen Maßnahmen teilzunehmen, eindämmen könnte. Bislang ist es so, dass die Jobcenter Empfänger von ALG II zu Maßnahmen verpflichten können unter Androhung von Sanktionen. Kritiker sprechen davon, dass sich eine regelrechte Maßnahmenindustrie entwickelt habe, die von den Jobcentern bedient werde, um Arbeitslose aus der Statistik zu kriegen – denn wer sich in einer Maßnahme befindet, der gilt für diese Zeit nicht als arbeitsuchend.

In dem konkreten Fall hatte eine arbeitslose Ingenieurin geklagt: In einer Aktivierungsmaßnahme sollte sie Holztechnik, Pflegehilfe, Metall, Farbe, Lager oder Garten- und Landschaftsbau lernen, was sie als sinnlos erachtete. Das Gericht gab ihr Recht. Immer wieder berichten Betroffene auch in Onlineforen von Absurditäten wie Häkelkursen oder auch Windows-Kursen, zu denen studierte IT-Fachkräfte verpflichtet werden. Die Anbieter der Maßnahmen verdienen dabei gut, während der Nutzen für Erwerbslose in vielen Fällen zweifelhaft ist.

Es ist Betroffenen folglich immer zu raten, eine Klage vor einem Sozialgericht einzureichen, wenn das Jobcenter sie zu einer Maßnahme verpflichten will, die inhaltlich offensichtlich sinnlos ist oder die Kompetenzen der Betroffenen gänzlich außer Acht lässt. Das Leipziger Urteil könnte hierfür ein wegweisender Präzedenzfall sein.

von Gerrit Wustmann

1 Kommentare

  1. Anonymous
    4. November 2017, 07:32

    Danke

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