Freitag, 19. Juni 2015

Waterloo, Napoleon und Scheeßel

Meine Vorfahren stammen von der einen Seite aus dem Kirchspiel Scheeßel zwischen Hamburg und Bremen. Zum Ende der Franzosenzeit war dies ein Teil des Kantons Rotenburg im Arrondissement Bremen des Departments Wesermündung.
Die französische Besetzung und Verwaltung erreichte konkret jeden Haushalt. Die Besetzung bedeutete zum Beispiel die Einquartierung von französischen Soldaten. Erstmals wurden systematisch alle jungen Männer gemustert und aus den Geburts-Jahrgängen 1786 bis 1794 wurden Dutzende für den Feldzug gegen Russland eingezogen, von denen die Mehrzahl nicht wiederkehrte.

Beides hat den Kirchbüchern von Scheeßel Spuren hinterlassen. Es sind dies die indirekten Nachrichten in den Beerdigungsregistern.
So starben im Juni 1810 drei französische Soldaten bei Badeunfällen in der Wümme und im September 1810 erschoss sich ein Soldat. Im folgenden Jahr kam es zu einen weiteren Badeunfall und zu einem Totschlag nach einem Streit in einer Gastwirtschaft.
1815 waren auch Soldaten aus Scheeßel als Teil des Bremervörder Landwehrbataillons an der Schlacht in Belgien beteiligt.
Lütje Volckmer, Sohn von Häusling(1) Caspar Volckmer in Oldenhöven (23 Jahre). Soldat im Bremervörder Landwehrbatallion. In der Bataille bei Mont St. Jean hat ihm eine Kanonenkugel das rechte Bein abgerissen, woran er gestorben ist. Begraben am 19. Juni nach Kriegesbrauch bei Waterloo in Braband.
Johann Behrens, Sohn von weiland
(2) Hinrich Behrens, Baumann(3) zu Abbendorf (Nemannshaus) und Dorothea geb. Tietje. War Soldat beim Bremervörder Landwehrbatallion, gestorben im Hospital von Bois de Boulogne bei Paris im Hospital, 22 Jahr, 5 Monate, 9 Tage, Ruhr Krankheit, 3 Wochen gelitten, den 5. October nach Kriegesbrauch beerdigt.
Claus Christoph Heitmann, Sohn von Hinrich Heitmann, Kötner
(4) in Veerse und Adelheit. Soldat im Bremervörder Batallion, gestorben im Hospital Neuilly bei Paris im Generalhospital, 25 Jahr 5 Monate 3 Tage, Ruhr Krankheit, 14 Tage krank gewesen, den 9. October nach Kriegesbrauch beerdigt.
(1) Tagelöhner
(2) verstorben
(3) Bauer mit Hofstelle
(4) Kleinbauer
Es war die allgemeine Wehrpflicht (zunächst der Franzosen und dann der Norddeutschen), die erstmals einen Krieg in jede Gemeinde und in fast jede Familie trug.

Diese drei Todesfälle dokumentieren eindringlich was auch im Allgemeinen gilt. In der Frühen Neuzeit war fast jede größere Kriegsverletzung tödlich. Sei es durch Blutverlust, sei es durch Entzündungen. Seuchen breiteten sich in der Etappe aus und es gibt Beispiele dafür, dass mehr Soldaten an Krankheiten starben, als an kriegerischen Verletzungen.
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Quellen: Kirchbücher Scheeßel, Beerdigungsregister, 1810-1815 (keine wortwörtliche Wiedergabe, deshalb auch nicht als Zitat markiert);
Hinrich Meyer "Geschichte des Kirchspiels Scheeßel", 1955;
Gemeinde Scheeßel "Chronik Kirchspiel Scheeßel", 1997.

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