Der Morgen danach war unspektakulär, geradezu banal. Ich war
dem Tod von der Schippe gesprungen und nun stand ich im Keller vor der
Waschmaschine und räumte die Buntwäsche ein. Noch etwas Weichspüler dazu, die
Temperatur eingestellt und es ging los. Gedankenverloren blickte ich durch die
Sichtscheibe der Wäschetrommel. Das Wasser lief ein und vermischte sich mit dem
Waschpulver, dann begann sich die Trommel zu drehen.
Ich riss mich los. „Nicht so viel Nachdenken, mehr machen“,
ermahnte ich mich. Als ich in unsere Wohnung zurückkehrte empfingen mich der
Duft von Kaffee und frischen Brötchen. Wir frühstückten am Fernseher. Immer
wieder rollte das Banner „---Breaking News---“ auf allen Kanälen
durch das Bild. Der Zombievirus war nach Deutschland gekommen.
Mittlerweile waren alle Flughäfen gesperrt. Kein
anfliegendes Flugzeug durfte landen. Flugzeuge, denen der Treibstoff auszugehen
drohte, wurden zu Militärbasen umgeleitet und unter Quarantäne gestellt.
Niemand durfte diese Flieger für drei Tage verlassen.
Bilder vom Hauptbahnhof flimmerten über den Bildschirm.
Soldaten, Rettungssanitäter und Feuerwehrleute waren im Einsatz. Das Innere des
Bahnhofs wurde jedoch nicht gezeigt. Spezialisten (Ja, es gibt tatsächlich
Spezialisten für Zombieinvasionen!!!), Sicherheitsberater und Mediziner wurden interviewt.
Man bezeichnete den Ausbruch des Virus als „unglücklichen lokalen Zwischenfall“,
von dem selbstverständlich keine Gefahr für die ganze Stadt oder die
umliegenden Gebiete ausging. Jedwede Gefährlichkeit wurde heruntergespielt. Der
„Zwischenfall“ vom Frankfurter Hauptbahnhof wurde als tragisches Unglück
dargestellt. Mein Bauchgefühl bewertete die Sachlage völlig anders.
Gegen Mittag durchforstete Paul das Internet. Überlebende
und Helfer der Bahnhofkatastrophe schilderten ihre Erfahrungen bei den
einschlägigen sozialen Netzwerken. Es überraschte uns nicht, dass viele Posts
schneller wieder verschwanden, als sie eingestellt wurden. Paul entwickelte
sich zu einer regelrechten Datenkrake. Unter Aufbietung all seiner Fähigkeiten
sicherte er Informationen, die uns halfen ein Gesamtbild zu entwickeln. Die
meisten Informationen belegten meinen Bericht des Erlebten. Allerdings gab es
Spekulationen zur Herkunft der Zombies im Bahnhof. Paul streckte sich und bog
den Rücken durch. „Gleisarbeiter berichten von ungewöhnlichen Vorfällen in der
vergangenen Woche. Rund um den Bahnhof hörten sie Schreie und leises Wispern in
den U-Bahn-Tunneln. Wahrscheinlich sind bei dem Vorfall am Flughafen einige
Infizierte entkommen und haben sich über die Tunnel unter Frankfurt
verbreitet.“ Ich nickte. „Wahrscheinlich, aber warum sind es am Hauptbahnhof so
viele gewesen?“ Er zuckte mit den Achseln. „Vielleicht Reisende von den unteren
Ebenen, die gerade frisch infiziert wurden?“ Ich schüttelte den Kopf. „Die
Transformation geht sicherlich schnell, aber ihre Zahl war wirklich sehr hoch.
Ob sich da unten so viele Menschen aufgehalten haben? Warum kamen vorher nicht
flüchtende Gesunde?“ Darauf wussten wir beide keine Antwort.
Gegen 19.00 Uhr berichteten die Journalisten dann von der
Frankfurter Zeil. Auf dem Platz vor der Hauptwache fand ein Charity-Konzert
ortsansässiger Musiker statt. Mehrere Journalisten sprachen mit den Künstlern
und Passanten. Im Hintergrund waren Kerzen, Feuerzeuge und Fackeln zu sehen.
Paul und ich genossen gerade eine Kanne grünen Tees und knabberten dazu auf
einigen Mürbeteigkeksen herum, als hinter einer blonden Reporterin im hellen,
cremefarbenen Hosenanzug Panik ausbrach. Menschen sprangen auf und stürmten auf
die Kamera zu. Die Reporterin wurde zu Boden geworfen. Ein Mann sprang von
rechts ins Bild und versuchte ihr zu helfen. Er kam nicht weit. Immer mehr
Menschen drängten voran und schoben den Retter, sowie den Kameramann vor sich
her. Das Bild wackelte. Der Träger fiel und wurde unter mehreren Personen
begraben. Er konnte sich jedoch befreien. Die Kamera wurde wieder hochgehoben
und zeigte Bilder, die ich nie wieder vergessen würde.
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