KVP – eine Frage nach Cynefin?

Cynefin

Vor kurzem ist mir auf einem intrinsify.me Meetup das Cynefin-Framework begegnet, das ich in diesem Artikel in Beziehung zum KVP bringen will.

Das Cynefin-Framework hat fünf Domänen, die genutzt werden, um Probleme, Situationen und Systeme beschreiben. Davon ausgehend werden dann Wege abgeleitet, wie damit umgegangen werden kann, d.h. welche Entscheidungen zu treffen sind. Im Grunde trifft man auch mit dem KVP unterschiedliche Situationen an, mit denen in geeigneter Form umgegangen werden soll (andernfalls machen weitere Überlegungen ja gar keinen Sinn).

Die fünf Domänen entstehen durch die Kategorisierung von Ursache-Wirkungsbeziehungen, d.h. Kausalitäten, die natürlich im KVP und den Verbesserungsbemühungen eine wichtige, wenn nicht die zentrale Rolle spielen.

In meinem Verständnis soll das Modell Führungskräften auch Anhaltspunkte für ihren Entscheidungsfokus geben und die Entscheidungen in regelte Bahnen lenken.

Simple

In diesem Fall besteht eine offensichtliche Kausalitätsbeziehung und es kommen bewährte Lösungsansätze zur Anwendung. Die entscheidende Frage ist in meinen Augen, wie die offensichtliche Kausalitätbeziehung festgestellt werden kann, ohne dabei einen Irrtum aufzusitzen und zu Lösungen zu greifen, die aber das Problem dann doch nicht lösen. Der PDCA-Zyklus mit seinen Standardwerkzeugen zur Ursachenidentifikation ist dabei eine hilfreiche Vorgehensweise. Gleichzeitig sind die hier enthaltenen Probleme jedoch als trivial klassifiziert, die Lösungen schon vorbestimmt und fallen in die Anwendung von Best Practices.

Complicated

Auch in diesem Fall geht das Modell davon aus, dass – durch Analysen – im Vorfeld eine kausale Beziehung zwischen einem Auslöser und einer Reaktion festgestellt werden kann. Im Grunds ist also auch hier der PDCA-Zyklus das Mittel der Wahl, um eben die Ursachen zu ergründen, zu verstehen, abzustellen und damit zu einer Lösung zu kommen. Der englischsprachige Wikipedia-Artikel nennt hier Ingenieure, Ärzte, Analysten, Anwälte und andere Experten als die Personen, in deren Umfeld diese Domäne fällt. Das hier die “Menschen vor Ort” nicht auftauchen, hat bei mir das erste Mal Zweifel ausgelöst, was dieses Modell für den KVP wirklich bringen kann.

„Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man nicht das bekommt, was man wollte.“

Randy Pausch

Complex

In der komplexen Domäne wird dann davon ausgegangen, dass die Kausalitätsbeziehung auf keinen Fall im Vorfeld gefunden werden kann, sondern dies, wenn überhaupt, nur im Rückblick nach einer Veränderung möglich ist.

Hier besteht eine hohe Affinität zur Verbesserungs-Kata und deren Grundphilosophie, dass Veränderungsziele nur dann angemessen sind, wenn der Weg zur Zielerreichung grundsätzlich unbekannt ist, was letztlich auch eine Umschreibung von mindestens komplizierten, wenn nicht sogar komplexen Situationen.

Chaotic

Bei der chaotischen Domaine wird dann die Kausalitätsbeziehung als unklar beschrieben und das Primat der Handlung (action) genannt, in der Regel, um Stabilität wiederherzustellen. Gleichzeitig wird auch das Bauchgefühl als Entscheidungs- und Handlungsgrundlage genannt, um eine grundsätzliche Transformation von der chaotischen, über die komplexen und komplizierten zur simplen Situation zu erreichen.

Disorder

Die Disorder-Domäne wird als die genannt, wenn keine Klarheit darüber vorhanden ist, welche der anderen Domänen zutreffend bzw. vorherrschend sind. Dann wird als Ausweg die Zergliederung der Situation in Einzelelemente und deren Zuweisung zu einer der anderen Domänen genannt. Diesen Punkt habe ich bis jetzt in der Einsetzbarkeit noch nicht durchdrungen, weil die Möglichkeit der Lösung durch Zergliederung ja ein typisches Merkmal komplizierter Systeme ist.

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass das Cynefin-Framework sehr stark den Ansatz der Führungskraft als Held vertritt. Zumindest in den beiden Wikipedia-Artikeln fehlt der Aspekt der Mitarbeiterentwicklung und Einbeziehung in die Lösungsfindung völlig (bzw. ist für mich nicht erkennbar). Vereinfacht ausdrückt, erscheint es mir so, dass der Komplexität mit Führungsstärke im Sinne einer Command&Order-Strategie begegnet.

Daher bestehen für mich auch Zweifel, ob Elemente des Modells für den KVP nützlich sein können. Auf jeden Fall war aber die Beschäftigung mit dem Thema interessant und aufschlussreich und hat zumindest den Einsatz der Verbesserungs-Kata im Fall komplexer Situationen und Systeme bestätigt.

Bei der Recherche zu diesem Artikel bin ich auf auf diese ziemlich aktuelle Seite gestoßen, auf der der Autor den umgekehrten Weg gegangen ist, indem er das Cynefin-Modell durch die Lean-Brille betrachtet und daraus interessante Schlussfolgerungen gezogen hat.

Frage: Wie werden in Ihrem Unternehmen Situationen klassifiziert? Welche Lösungsstrategien werden daraus abgeleitet? Welche Ergebnisse werden damit erzielt?

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