Die Einhorn-Dialoge: Ungefühlig

„Du könntest sie hinterunters Ohr küssen und ihr was zuflüstern. Damit deine Stimme das letzte ist, was sie hört, bevor ihr Unterbewußtsein mit dem Träumen beginnt“, sagt das Fabeltier zu mir und glitzert dabei fröhlich vor sich hin. Überhaupt war es in den letzten paar Tagen geradezu manisch fröhlich.

„Würde ich tun. Wäre sie hier. Ist sie aber nicht. War sie nie. Wird sie nie sein. Und ihr Unterbewußtsein träumt seltsame Dinge von mir. Zumindest war das mal so. Abgesehen davon haben wir gar keinen Platz mehr in ihrem Kopf. Oder woanders. Falls dir das nicht aufgefallen sein sollte.“

Ich bin nicht manisch fröhlich in den letzten Tagen, wie ich beim Blick in den Spiegel unschwer erkennen kann. Ich stelle fest, daß sich eigentlich an deinem Verhalten nichts geändert hat. Im Grunde hat es das nie wirklich.

„Was ist mit der Frau, die in ihrer Küche so wunderschön gelacht hat?
Was ist mit der Frau, die bäuchlings und nackt auf ihrem Bett lag und dir die Cremelotion in die Hand gedrückt hat, um dich dann zum Ficken aufzufordern?
Was ist mit der Frau… „das Einhorn senkt verschwörerisch glitzernd die Stimme… „deren Geruch du noch drei Tage an deinen Fingern hattest?“

„Diese Frau, die mich nicht aus ihrer Kontaktliste streicht, obwohl wir nie Kontakt haben?“

„Ja.“

„Die sich vor mir demaskiert hat und so getan, als würde ich etwas bedeuten?“

„Ja!“

„Die sagt, wir hätten ja nie Sex gehabt, wobei sie völlig außer acht läßt, daß genau das aber der Plan war und das Versprechen und sie sich nur nie dran gehalten hat?“

„Ähmmm…ja!“

„Diese Frau, die mir versprochen hatte, mich möglichst bald aufzusuchen? Die wesentlich mehr von mir in sich drin haben wollte als nur meine Stimme im Ohr? Mit der ich quasi ein Vierteljahr jeden Tag verbracht habe, virtuell, am Telefon, während ich auf sie gewartet habe?“

„Jaaaa-haaa!“, kommt es leicht genervt zurück. Glitzerstaub wallt auf.  „Genau die meine ich!“

„Das wüßte ich auch gerne, was aus der geworden ist. Schade eigentlich. Ich mochte sie sehr. Ich dachte sogar, sie würde mich lieben. Aber ich glaube, es ist inzwischen egal.“

„Du bist total ungefühlig“, sagt das Einhorn entrüstet.

„Nein. Bin ich nicht. Sonst wäre es nicht so schwer für mich, das nicht zu tun. Nicht zu flüstern. Oder das zu ertragen, was sie mir antut. Wäre ich ungefühlig, ich hätte sie einfach sich selbst überlassen. Schon lange vorher. Allen ihren Selbsts.“

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