Kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße

Zum Rebstock

Regional? Saisonal? Bio? (Folge 09)

Regional. Saisonal. Bio. Das findet jeder gut. Und jeder redet darüber. Und doch meint jeder etwas anderes und handelt – wenn auch in bester Absicht – entsprechend individuell. Michael Frank hat einige Gastronomen in der Gegend dazu befragt. Begleitet ihn auf seiner Tour, lernt die Leute kennen und das, was dort auf den Tisch kommt.

Irgendwo mitten in Fürth verlässt du die B 38 in Richtung Steinbach. Dann befindest du dich bereits auf der Steinbacher Straße und die führt nach du weißt schon wohin. Mit etwas Geduld erreichst du das Ortsschild von Steinbach. Hier wechselt die Straße ihren Namen in Ortsstraße und der folgst du bis zum Ende des Ortes zum Rebstock.

 

 49.644424910644204, 8.797654701320873

Der Wirt – Matthias Fleischmann. Der Gasthof – Zum Rebstock. Die Speisekarte – übersichtlich. Und das ist gut so. Denn sie ist fast so etwas wie das kulinarische Konzentrat des Odenwaldes. Und nahezu vollständig aus eigener Herstellung. Hier wird gebacken, geschlachtet, gekeltert, aufgetischt. Und das sehr zur Freude der Gäste.

 

Frage 1:
Was verstehen Sie unter dem Begriff „regionale Küche“?

MF: „Ich habe mal gesagt – alles, was du von meinem Hof aus zu Fuß erreichen kannst, da entstehen die ganzen Rohstoffe für unsere Sachen. Beim Brot muss man ein bisschen weiter gehen, da musst du über den Berg gehen. So etwa in Richtung Beerfelden … also schon noch erreichbar. Da wächst Roggen. Bei uns wächst halt kein backfähiger Roggen. Wir haben hier schon Versuche gemacht, aber das war nix Gescheites. Im Überwald, da sind die Böden einfach passender.

Das (gemeint ist Regionalität … Anm. des Verfassers) vielleicht als ganz einfachen Satz: Alle Produktionsschritte sollten in der Region stattfinden und der Rohstoff aus der Region sein.

Und wenn es nicht geht … wenn du irgendetwas Spezielles machst, das bei uns nicht wächst, dann musst du halt ausweichen oder dir wenigstens Gedanken machen.“

 

Frage 2:
Beschränkt sich „regionale Küche“ für Sie auf die regionaltypische Zubereitung regionaler Produkte?

MF: „Moment ich muss nachdenken (über Nicht-Regionales auf seiner Speisekarte, findet aber nicht wirklich etwas … Anm. des Verfassers) … Cola (grinst) … lass mich echt mal darüber nachdenken.

Ich mache das ja wirklich sehr, sehr, sehr konsequent, weil es geht. Das kann aber nicht jeder. Was soll man in einem Betrieb machen, der eine breitere Palette anbieten muss? Aber bei uns – mit diesen echten Odenwälder Spezialitäten als zentrales Thema – kann ich das relativ einfach machen. Würde ich aber jetzt eine spezielle Küche kredenzen wollen, müßte ich halt mal etwas wie Scampi haben oder einen Fisch. Und der schwimmt eben nicht im Steinbach. Wobei wir hier ja Krebse haben… machen wir nicht, aber das wäre noch etwas Regionales!“

(Zu den Zubereitungsmethoden) „Bedingt durch unsere Küche ist das bei uns so. Du machst halt deine Leberwurst, so wie von der Oma gelernt und das Brot wie von der Oma.

Weißt du, unser Sauerteig ist Generationen alt. Der ist, wenn ich jetzt sage 150 Jahre, dann ist das nicht übertrieben. Und der lebt noch. Ich habe gerade letztens, als ich zugemacht (Urlaub … Anm. des Verfassers) habe, darüber nachgedacht. Ich lege den Teig dann immer trocken und hänge ihn auf, damit er nicht übersäuert und lange haltbar ist. Und da kam mir mal wieder der Gedanke, das diese Kultur, die schon meine Oma und meine Uroma genutzt haben, noch nie gestorben ist. So lange ich denken kann – habe auch mit meinem Vater darüber geredet – war die noch nie ausgerottet. Das ist also eine eigene Bakterien-Kultur, ein eigener Stamm, eine eigene Rasse. Also schon sehr konsequent. Und das sind jetzt keine Sprüche, die ich dir jetzt da aufs Ohr drücke. […] Hätte ich eine andere Gastronomie, könnte ich das so konsequent nicht machen. So fällt es mir leicht, das ist halt auch mein Konzept.“

 

Frage 3:
Handelt es sich dabei ausschließlich um saisonale Produkte?

MF: „Weniger […] Das ganze Jahr Erdbeeren – das mache ich nicht. Insofern achten wir schon auf Saisonalität. Aber, weißt du, wenn du unsere Speisekarte durchschaust, da ist Kochkäs’, Handkäs’, Hausmacher Wurst, Rippchen, Bratwurst. Also komme ich gar nicht in die Verlegenheit, eine Kiwi aus Neuseeland zu nehmen. Wir haben auch gar keinen Salat, den brauche ich nur zur Deko.

Das ist auch das, was ich auch vorhin gemeint habe: Ich kann das hier konsequent machen. Hätte ich ein anderes Geschäft, dann müsste ich natürlich einen Riesen-Aufwand betreiben, dann müsste ich die Karte umstellen, passend machen. Uns fällt es aber einfach leicht, das durchzuziehen.“

 

Frage 4:
Gibt es „das“ regionale Gericht schlechthin?

MF: „Da würde ich schon sagen der Kochkäse … und das Brot. Ich sage jetzt mal, das ist bei uns der rote Faden – weil es das überall dazu gibt. Es gibt bei uns ja im Grunde keine Speise, bei der das Brot nicht dabei ist. Also, wie gesagt, unser selbstgemachtes Brot und vielleicht Kochkäse. Ei, so klassisch – was sind wir denn auch? Eine Äppelwein- und Kochkäs’-Wirtschaft.“

  

Frage 5:
Welche Bedeutung messen Sie „Bio“ bei?

MF: „Also pass auf. Unsere Wiesen, unsere Flächen sind an Karl Bauer vergeben und die gehören anerkannt zu seinem Biobetrieb. Insofern hat das für mich schon eine Bedeutung. Wenn ich wieder aktive – selbst – Landwirtschaft betreiben würde, wäre das ein Biobtrieb, zu einhundert Prozent.

Auch die Flächen, auf denen die Apfelbäume stehen, sind annerkannt Bio. Wenn ich also saisonal

Äpfel verkaufe, sind das Bio-Äpfel, weil der Karl zertifiziert ist. Diese Anerkennung ist natürlich ein Riesen-Akt, aber da unsere Wiesen vom Karl bearbeitet werden, geht das mit in einem Aufwasch.

Die Flächen – also wir gucken uns mal um – was ist denn alles Bio? Alles! (sieht sich um … Anm. des Verfassers). Da oben ist noch ein kleines Stückchen vom Joest, das ist nich Bio. … aber das ist Karl, das ist Karl, […], der Hang da hinten ist Bio. Also, wenn ich jetzt sage siebzig Prozent biologisch, dürfte das in dem Tal hinkommen.“

 

Vielen Dank für ihre Zeit Herr Fleischmann

Wie man liest, fällt es Matthias Fleischmann leicht über diese Themen zu sprechen, da sie sein Konzept spiegeln. Hier kommt die Region pur und nachhaltig auf den Tisch – vieles davon aus eigener Herstellung. Wie das Brot, Leute. Dieses Brot.

 

Zum Rebstock
Ortsstraße 52
64658 Fürth/Steinbach

Tel. +49 6253 3287
rebstock-steinbach@t-online.de

Montag, Dienstag, Freitag ab 16:00 Uhr
Samstag ab 15:00 Uhr

Sonntag ab 12:00 Uhr
Mittwoch und Donnerstag Ruhetage

http://www.rebstock-steinbach.de

 

Das Interview führte Michael Frank. Die Aussagen der Befragten sind inhaltlich unverändert, jedoch der hochdeutschen Schriftform angepasst. Für eine bessere Vergleichbarkeit entspricht die Reihenfolge der Fragen und Antworten dem Konzept und deshalb in Ausnahmefällen nicht dem Interviewverlauf. Auslassungen, die zu unnötigen Längen führen oder die Leser in der geschriebenen Form verwirren würden, sind gekennzeichnet.

Fotografiert haben Michael Frank und Thomas Hobein.

(Unterwegs im Auto u.a. gehört: „My Old School“ aus dem Album „Countdown to Ecstasy“ von Steely Dan)

Nächste Woche: 49.78045473243835, 8.955773102043615

Weitere Beträge der Serie „Regional? Saisonal? Bio?“:
Folge 01: Einleitung
Folge 02: Hotel Waldesruh und Restaurant Pichlers
Folge 03: Zur Schmelz
Folge 04: Labsal
Folge 05: Treuschs Schwanen und Johanns-Stube
Folge 06: Zum Löwen
Folge 07: Geiersmühle
Folge 08: Zum Hirsch – Fürstengrund
Folge 10: Dornrös’chen
Folge 11: Alte Dorfmühle
Folge 12: Heiping
Folge 13: Zum Kreiswald
Folge 14: Heimkehr und Schluss

1 Kommentar zu “Zum Rebstock

  1. Dieter Helbig

    Den Rebstock besuche ich schon fast 50 Jahre. In dieser Zeit hat sich vieles verändert, doch der Rebstock hat seine klare Linie behalten. Viele haben in dieser Zeit versucht, sich den moderneren Essgewohnheiten anzupassen und damit neue Kunden anzusprechen ( Z.B. den Standard: Schnitzel mit Pommes und Salat). Nicht so im Rebstock. Das Alte, Bewährte wurde gepflegt und liegt somit wieder neu im Trend. Heute nennt man das Bio, früher war das einfach die erworbene Tradition. Die Fleischmanns waren immer beständig in Angebot und vor allem Qualität. Die Gäste haben es gedankt mit stets gefüllter Gaststube. Der Matthias Fleischmann hat mit keinem Wort übertrieben, bleibt eher bescheiden. Ihn und sein Tun in die Bio-Ecke zu stellen, reicht nicht, das wäre die falsche Schublade, da wollen zu viele rein, weil es modern ist. Vielleicht gibt es eine mit der Aufschrift: Ehrlich und wahrhaftig, da wüder ich den Rebstock einordnen.
    Und ein netter Kerl ist der Matthias nebenbei auch noch!
    Dieter Helbig

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