Verflixte Ethik: Schlechtes Gewissen beim Investieren?
Verflixte Ethik: Schlechtes Gewissen beim Investieren?

„Ich verdiene mein Geld an der Börse.“ Spürst du die Energie, die mit diesem Satz mitschwingt? Für mich ist diese Aussage extrem emotional. Sie beschreibt das Ziel, auf das ich seit über zehn Jahren hinarbeite. Sie beschreibt die Freiheit, nicht von einem Arbeitgeber abhängig zu sein oder vom nächsten Auftrag oder von der nächsten staatlichen Förderung.

Dennoch: Wenn ich mit Freunden über dieses Ziel spreche, ernte ich öfter unverständliche Blicke. Ich wolle mich auf Kosten der Gesellschaft bereichern. Warum ich die Verbrecher unterstütze, welche die Welt nur Not und Leid zufügen? Ja, ich investiere auch in die Tabakindustrie und nehme in Kauf, dass dort ständig Verbraucher ihre Gesundheit aufs Spiel setzen.

Als Investor ist man ständig in der Defensive. Im Idealfall steht man nur als Geizhals da, weil ich mein Geld lieber spare als es für das neueste Smartphone zum Fenster hinaus zu schmeißen. Schlimmer wird es, wenn man beschimpft wird. Wenn es jemanden gibt, der für das Unglück auf dieser Welt verantwortlich gemacht werden kann, dann ist es der Investor.

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Ethischer Investor oder schrecklicher Kapitalist?

Kritik an der Finanzindustrie kommt meist aus ähnlichen Gründen: Profit steht hier über allem anderen. Ein Investment wird danach bewertet, ob es für den Investor einen Ertrag verspricht. Ist dieser im Verhältnis zum Verlustrisiko angemessen, dann wird die Investition getätigt.

Die Frage nach dem „Wozu?“ wird nicht gestellt. Das mag man einerseits unverantwortlich nennen, auf der anderen Seite ist es aber auch konsequent. Schließlich ist es nicht die Aufgabe des Investors über die Umsetzung zu sinnieren. Seine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass die Investition ertragreich ist.

An dieser Stelle kommt der schreckliche Kapitalist zum Zuge. Er hat diese Trennung in Perfektion verinnerlicht und findet strategisch die besten Renditen für sein verfügbares Kapital.

Andere Investoren hinterfragen den Zweck ihres Geldeinsatzes etwas genauer. Doch ist man ethisch, weil man den Zweck seiner Investition hinterfragt?

Die Hürde ist die weiche Komponente der Ethik, die gesellschaftlichen Normen unterliegt und sich ständig wandelt. Noch vor 100 Jahren hätte sich über Tabak kein Mensch aufgeregt. Die negativen Folgen waren nicht bekannt und es gab genug Menschen, die den Rauch ihrer Zigarre geliebt haben. Wie ist es heute? Ich bin Nichtraucher und investiere in die Tabakindustrie. Macht mich das zu einem schlechteren Menschen? Wie sieht das Bild aus, wenn ein überzeugter Raucher das gleiche Investment tätigt?

Schwieriger wird es bei Waffen. Allgemein sind Waffen als böses Investment verschrien. Regelmäßig fallen ihnen tausende Menschen zum Opfer. Waffen in den falschen Händen sind eine unvorstellbar schreckliche Investition. Doch wie ist es, wenn die Waffen für Freiheitskämpfer gedacht sind, die sich aus den Fängen ihrer Unterdrücker befreien wollen? Oder was ist mit den Waffen, die zur Jagd zum Einsatz kommen oder zu industriellen Tötung von Nutztieren?

Natürlich verachte ich Krieg und Unterdrückung und bin auch der Meinung, dass man dem entgegenwirken muss. Doch leider zeigen diese harten Beispiele schon die Komplexität eines ethischen Investments.

Spannend wird es auch bei alltäglichen Dingen dem iPhone. Jedem ist bekannt, dass die Smartphones unter schwierigen Bedingungen produziert werden. Die Fabrikarbeiter erhalten für ihre Arbeit nur wenig Geld und können kaum überleben. Textilwirtschaft in Bangladesch oder der Türkei ist ein ähnliches Kapitel.

Verantwortung übernehmen

Das ATTAC Netzwerk hat sich mit der Frage nach der Ethik beschäftigt und hat die Rolle von Großbanken in unserer Gesellschaft untersucht. Unter den Motto Bank wechseln und Politik verändern wurden positive und negative Kriterien von Banken herausgearbeitet (PDF). Negativ sind zum Beispiel:

  • Systemrelevant oder besonders gefährdet,
  • aktiv in Schattenfinanzplätzen,
  • Spekulation mit Nahrungsmitteln,
  • Investiert in Rüstungs- oder Atomindustrie,
  • besonders Lobby-aktiv.

Als positive Eigenschaften einer ethischen Bankenwelt bezeichnet ATTAC hingegen:

  • bevorzugt regionale Kreditnehmer,
  • demokratische Kontrolle möglich,
  • Transparente Geschäftspraxis,
  • klare Ausschlusskriterien für Investitionen.

Aus dieser Liste wird deutlich, dass auch die sogenannten „Globalisierungsgegner“ sich für mehr Verantwortung bei der Kreditvergabe/ Investition einsetzen. Die aktive Selektion von Kreditnehmern und die Definition von Kriterien für Investitionen erfordern, dass sich der Geldgeber mit dem Kreditnehmer beschäftigt und nicht nur auf den potentiellen Ertrag schaut.

Unter der Empfehlungsliste finden sich vier deutsche Banken: Die GLS Bank, die Umweltbank, die Triodos Bank und die Ethik Bank. Alle vier zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein transparentes Geschäftsmodell vorweisen und klare Ausschlusskriterien für Investitionen vorgeben.

Faires Geld bei einer Bank?

Beispielhaft habe ich mir die Ethik Bank näher herausgegriffen und einen genaueren Blick auf diese Faktoren geworfen.

Als offiziellen Slogan verspricht sie faires Geld für Privatkunden, Geschäftskunden und gemeinnützige Organisationen.

Anlagekriterien sind sofort zugänglich und in Negativ-Kriterien wie der Ausschluss von Unternehmen, die Militärwaffen herstellen oder mit Kinderarbeit zulassen unterschieden. Als Positiv-Kriterium führt die Bank zum Beispiel aktives Engagement gegen den Klimawandel oder den Dialog mit seinen Mitarbeitern und deren Förderung.

Aufschlussreich sind auch Informationen über Investitionen am Kapitalmarkt und die direkten Beteiligungen.

Der Ansatz der Ethik Bank ist reizvoll und spannend. Als Genossenschafter ist man schon für 100 Euro direkt an der Bank beteiligt und erhält ein Stimmrecht. Wer Anteile einer Aktiengesellschaft kauft, hat theoretisch auch Mitspracherecht, muss aber deutlich tiefer in die Tasche greifen, um sich Gehör zu verschaffen. Denn dort sind die Stimmrechte von den Anteilen abhängig, in der Genossenschaft hat jedes Mitglied das gleiche Gewicht.

Fazit

Ethisches Investieren ist keine einfache Geschichte. Ich bin mir nicht sicher, ob die Auswahl der Bank der notwendige erste Schritt sein muss. Wichtig ist am Ende doch nicht nur, wie man sein Geld verdient, sondern auch, was man damit anstellt. Viele gemeinnützige Stiftungen sind von den Kapitalerträgen abhängig, weil sie neben Spenden die einzige Einnahmequelle darstellen. Damit fließen die Gewinne der Unternehmen schrittweise wieder in die Gesellschaft zurück.

Wer zudem nur über ethisches Investieren diskutiert, beweist keinen weiten Blick. Investiert wird nur dort, wo ein Bedarf vermutet wird. Der Bedarf entsteht aber beim Konsum. Soziale Verantwortung gilt in beide Richtungen. Ein iPhone wird nicht nur hergestellt sondern auch von jemandem gekauft. Genauso wird niemand gezwungen zu rauchen oder Alkohol zu trinken.

In jedem Fall müssen wir uns über die Auswirkungen unseres Handelns Gedanken machen. Ethische Banken sind möglicherweise ein winziges Puzzleteilchen zu einer besseren Welt. Wer aber Investments in Rohstoffe verschmäht und dann mit dem SUV zum Bäcker fährt wird trotzdem nichts verbessern.