Was mache ich mit meinem alten Computer oder Monitor wenn ich mir einen neuen gekauft habe? Wie wäre es mit einer Spende um Bedürftigen den Zugang zum Internet ermöglichen? 

Im heutigen Interview verrät uns Marianna Rusche, die Vorsitzende von Digital Helpers e.V., was der Verein macht, wer Sie dabei unterstützt und wie jeder von uns seinen Beitrag leisten kann. Denn ca. 20% aller Haushalte in Deutschland haben keinen Computer – in den seltensten Fällen wird bewusst darauf verzichtet.

Wer steht hinter dem Namen Digital Helpers und wie kamt Ihr darauf, Digital Helpers zu gründen?

Marianna Rusche (links), die Vorsitzende und Alexandra Baumgart (rechts), die stellvertretende Vorsitzende von Digital Helpers e.V.

Marianna Rusche (links), die Vorsitzende und Alexandra Baumgart (rechts), die stellvertretende Vorsitzende von Digital Helpers e.V.

Marianna Rusche: Digital Helpers wurde 2012 von vier technologiebegeisterten Studenten in München gegründet. Sie hatten sich entschieden, ein soziales Projekt zu gründen und die Wahl fiel schnell auf die Bekämpfung der Digitalen Spaltung, da diese einerseits ein gewichtiges Problem in Deutschland darstellt, aber andererseits in der Gesellschaft kaum ein Problembewusstsein herrscht.

Die Mitgliederzahl ist seitdem immer weiter gestiegen und inzwischen engagieren sich bundesweit verteilt viele, überwiegend junge, Menschen – ein paar Mitglieder arbeiten sogar aus dem Ausland mit. Wir, Digital Helpers, träumen von einem Deutschland, in welchem jeder Mensch  – unabhängig von seinen wirtschaftlichen oder sozialen Umständen – uneingeschränkten Zugang zu internetfähigen Informations- & Kommunikationstechnologien hat. Gleichzeitig soll jeder Mensch über den verantwortlichen Umgang mit diesen Geräten Bescheid wissen.

Warum ist der Zugang zu digitalen Informations- und Kommunikationsmitteln so wichtig?

Marianna Rusche: Auch in Deutschland existiert eine Digitale Spaltung – Zugangschancen zu digitalen Technologien sind ungleich verteilt. Stellt euch vor, ihr hättet kein Smartphone, keinen Computer, kein Internet. Stellt euch vor, ihr könntet keine Mail schreiben, Google nicht nutzen, noch nicht einmal ein einfaches Textdokument schreiben! Es gibt Menschen, die keinen Computer besitzen und es gibt Menschen, die ihn nicht einmal bedienen können. Gerade letztere sind in sämtlichen Lebensbereichen klar benachteiligt, auch bei der Jobsuche. Zudem entstehen zunehmend viele Jobs im IT-Bereich oder verlangen wesentliche IT-Skills.

In Hinblick auf die Flüchtlingssituation sind internetfähige Computer eine wichtige Ressource. Menschen kommen in Deutschland an und wissen oft nicht, wo andere Familienmitglieder sind und ob sie noch leben. Dafür brauchen sie Internet. Insbesondere sind Computer und Internet für die Teilnahme an Online-Sprachkursen und weiteren onlinebasierten Bildungsmöglichkeiten unerlässlich. Diese können auch zur Entwicklung und Umsetzung von eigenen Berufsideen führen. Dies alles ist Grundlage unseres Mottos: Digital schafft Wissen!

Wer erhält die gespendeten Computer und Monitore?

Marianna Rusche: Die Gerätespenden sind für Menschen gedacht, welche meist aus finanziellen Gründen keinen Digitalen Zugang haben. Manchmal sind das Menschen, die noch nie in ihrem Leben einen Computer besaßen. Manchmal sind das Menschen, die zwar über IT-Skills verfügen, aber (z. B. aufgrund von Flucht) keinen Computer besitzen, obwohl sie ihn dringend brauchen. In vielen Fällen kooperieren wir mit anderen sozialen Organisationen in ganz Deutschland, um zu besprechen, wo eine Gerätespende am meisten bewirkt.

Anstelle von Spenden an Einzelpersonen nutzen wir die Computer bevorzugt z. B. zur Einrichtung von Computerräumen, weil so mehr Menschen davon profitieren. Generell erhalten wir zahlreiche Anfragen von Personen oder Organisationen, die teils wirklich dringenden Bedarf an Computern haben – wir haben definitiv keine Schwierigkeiten, einen Abnehmer zu finden. Dies zeigt wiederum, wie gewichtig das Problem der Digitalen Spaltung ist.

Wie sieht der typische Alltag von Euch bei Digital Helpers aus?

Marianna Rusche: Es gibt keinen typischen Alltag, da alle Mitglieder ehrenamtlich arbeiten, neben z. B. einem Studium. Die Arbeit bei Digital Helpers läuft überwiegend digital und absolut flexibel. Wir kommunizieren in unserer internen Facebook Gruppe, organisieren alle Dokumente in Google Drive und halten regelmäßig Videokonferenzen – so weiß jeder Bescheid, was für Aufgaben anstehen. Meist werden Deadlines für Aufgaben gesetzt und innerhalb dieses Zeitfensters kann jeder flexibel entscheiden, wann er daran arbeitet.

Manche externe Menschen haben das Bild, dass wir Mitglieder durch die digitale Kommunikation kaum Kontakt haben und isoliert arbeiten, aber das Gegenteil ist der Fall. Man könnte es so ausdrücken: Der typische Alltag bei Digital Helpers beinhaltet, oft Facebook zu checken, sich dort an Diskussionen zu beteiligen und zu lesen, was für neue Aufgaben anstehen, die dann alleine oder in Kooperation mit anderen Mitgliedern bearbeitet werden.

Was muss ich bei meiner Spende beachten?

Marianna Rusche: Da die Computer einige Jahre benutzbar sein sollten, nachdem wir sie aufbereitet haben, gibt es bestimmte Mindestanforderungen, welche die Spendengeräte erfüllen müssen. Diese Anforderung sind auch extra für alle zugänglich auf unserer Website gelistet:

Für Computer gilt: Prozessor mind. 2GHz, Festplatte mind. 2GB. Für Monitore gilt: mind. 17“ .

Eigentlich ist es wie bei Kleiderspenden. Als Spender muss ich mich fragen: Wenn ich dieses Gerät aufbereitet gespendet bekommen würde, könnte ich damit noch arbeiten?

Wie ist der Ablauf bei einer Spende? Was passiert, wenn ich mich dazu entscheide einen Computer zu spenden?

Marianna Rusche: Grundlegend für Digital Helpers ist die regelmäßige Generierung neuer Spenden. Wir sammeln also Computer entweder von Unternehmen oder von Privatpersonen und bereiten sie so modern wie möglich auf. Dafür erhalten wir auf der einen Seite direkte Angebote von Privatpersonen und auf der anderen Seite kontaktieren wir per Mail oder Telefon größere Unternehmen etc. Wenn wir eine Zusage erhalten, besprechen wir mit dem Unternehmen die Handhabung der Datenlöschung (Wir können das durchführen, doch die meisten Unternehmen machen das lieber selbst).

Im Anschluss klären wir, dass die Computer vom Unternehmen sicher für die Lieferung verpackt werden – dabei helfen wir auch gerne. Wenn nötig, benachrichtigen wir zeitgleich unseren Logistikpartner Fiege, dass wir eine neue Spende erhalten haben und besprechen, wann sie Zeit haben, die Computer beim Unternehmen mit einem LKW abzuholen. Wo die Computer dann hingefahren werden, hängt davon ab, ob und welchen Spendenabnehmer wir in der Zwischenzeit organisiert haben. Analog, nur low scale, läuft es auch bei Privatspenden. Wir klären die Frage der Datenlöschung und machen dann einen Termin zur Übergabe und Abholung.

Bei der Entscheidung, wer die Spende letztlich erhält, hilft uns unsere Liste mit allen Kooperationspartnern, die uns nach Computern gefragt haben. Darauf ist vermerkt, welche Art (Laptop/ PC etc.) und welche Anzahl sie jeweils benötigen. Wir prüfen, zu wem die Liste am besten passt und wo die Dringlichkeit am höchsten ist. Die Spendengeräte werden also entweder direkt zum Abnehmer gefahren oder, wenn der Abnehmer noch nicht genau geklärt ist, zu einem Mitglied privat. Dort werden die Geräte dann unter Anleitung unserer IT-Experten wiederaufbereitet, bevor sie weitergegeben werden. Wenn die Computer direkt an den Abnehmer geliefert werden, geschieht die Aufbereitung vor Ort. Wenn die Computer ihren Zielort erreicht haben, geben wir den Empfängern bei Bedarf eine Einführung in die Bedienung des Computers.

Kann ich auch meinen Beitrag leisten, ohne einen Computer zu spenden?

Marianna Rusche: Na am besten gleich Mitglied werden! (;  Wir können überall in Deutschland Hilfe gebrauchen. Wer keine Zeit dafür hat, kann genauso helfen, indem er Freunden und Unternehmen von uns erzählt und sie zum Mitmachen oder Spenden motiviert. Eine weitere große Hilfe ist, Medienkontakte zu nutzen und Zeitungen oder Radiosender zu überzeugen, über Digital Helpers zu berichten. Damit haben wir schon sehr gute Erfahrungen gemacht!

Mit wem arbeitet Ihr zusammen? Wer sind eure Partner und Unterstützer?

Marianna Rusche: Wir haben ganz verschiedene Partner und Unterstützer, was unter anderem daran liegt, dass wir bei vielen Spendenaktionen mit neuen Unternehmen und neuen sozialen Organisationen in Kontakt kommen.

Ein paar Beispiele für soziale Organisationen sind Amnesty International, Die Tafeln und startsocial. Als Supporter lassen sich beispielsweise das Elitenetzwerk Bayern, Erdinger Weissbräu und CLAAS nennen.

Das Logistikunternehmen Fiege hilft uns beim Transport größerer Spenden, die durch Deutschland gefahren werden müssen. Bei technischen Fragen wenden wir uns an den Chaos Computer Club.

Fazit: Die Digitale Spaltung existiert auch in Deutschland. Wir alle haben die Möglichkeit Organisationen, wie Digital Helpers e.V., mit Gerätespenden zu unterstützen. Aber auch ohne zu spendende Geräte kann jeder seinen Beitrag leisten, indem er Organisationen, wie Digital Helpers e.V., bei seinem Arbeitgeber und Freunden ins Gespräch bringt und Mundpropaganda betreibt.

Vielen Dank an Marianna für das aufschlussreiche Interview und die Hinweise, wie wir helfen können der Digitalen Spaltung entgegenzuwirken.