In Frankfurt entsteht das weltweit erste Krankenhaus im Passivhaus-Standard. Begleitet wird das Projekt im Vorfeld und auch während der Bauphase vom Passivhaus Institut Dr. Wolfgang Feist in Darmstadt. Der Passivhaus-Standard ist ein Baukonzept, das sich besonders durch Energieeffizienz bei hohem Komfort auszeichnet. Krankenhäuser haben naturgemäß einen hohen Energieverbrauch. Wie wird nun aus einem Krankenhaus ein Passivhaus-Krankenhaus? Ich habe nachgefragt und möchte Euch dieses spannende Projekt vorstellen.
Erstes Passivhaus-Krankenhaus der Welt entsteht in Frankfurt. Klick um zu Tweeten
“Die Grundidee des Passivhaus-Konzeptes ist es, den Bedarf an Energie bei verbessertem Komfort zu reduzieren”, beschreibt Oliver Kah vom Passivhaus Institut den Ansatz, “das ist bei einem Krankenhaus besonders lohnenswert.” Denn die Kliniken in unserem Land gehören zu den Spitzenverbrauchern, es werden mittlere Heizenergieverbrauchswerte von rund 250 kWh/m²a angegeben. Mit Effizienztechnologien ist hier also ein großes Einsparpotential vorhanden. Der Heizwärmebedarf des neuen Klinikums Frankfurt Höchst soll noch 15 kWh/m²a betragen. Wie bei einem Wohnhaus geht es ebenfalls darum, die Gebäudehülle mittels Dämmung und hochwertigen Fenstern gut auszustatten, damit wenig Wärme nach draußen verloren geht. Im Krankenhaus werden allerdings besondere Anforderungen an Wärme, Hygiene und Komfort gestellt, die weit über ein normalen Wohnstandard hinausgehen.
Im Vorfeld untersuchte das Passivhaus-Insitut im Auftrag des Landes Hessen wie die Passivbauweise in Krankenhäusern umgesetzt werden kann. Die Untersuchung zeigt, dass die Ausstattung der Klinik wesentlichen Einfluss auf den Energiebedarf hat. Denn neben Heizen, Kühlen, Trinkwasser und Beleuchtung kommen hier noch die medizinischen Geräte hinzu. “Wird die Gebäudeausstattung nicht betrachtet, entgeht den Planern rund die Hälfte des gesamten Energiebedarfs”, so Oliver Kah, Mitwirkender der Studie. Es geht also um weit mehr, als nur den Heizwärmebedarf zu reduzieren. Wird der Energiebedarf aller verwendeten Techniken reduziert, besteht ein großes Einsparpotential. Hier liegt auch der Unterschied zu konventionellen Energiebilanzverfahren, die beispielsweise den Energiebedarf für die Funktion von medizinischen Geräten nicht berücksichtigt. Zu Beginn wurde eine Analyse der vielfältigen Energieaufwendungen für Heizen/Kühlen, Beleuchtung, Trinkwasser, medizinische Geräte bis hin zur EDV durchgeführt, um Großverbraucher zu ermitteln. Dabei sparen effizientere Geräte und Anwendungen nicht nur direkt Energie, sondern auch indirekt, in dem sich der Kühlbedarf minimiert. Dadurch kann auf konventionelle Klimatechnik verzichtet und auf passive Kühlmaßnahmen gesetzt werden.
Das System Krankenhaus ist sehr komplex und die Anforderungen sind wesentlich spezieller als bei anderen Nicht-Wohngebäuden. In Krankenzimmern wird eine höhere Raumtemperatur von rund 23 Grad als angenehm empfunden. Da Patienten im Bett liegen, geschwächt sowie wenig aktiv sind und deshalb weniger eigene Wärme produzieren, sollte die Raumtemperatur dies ausgleichen. In OP- und Untersuchungsräumen gelten erhöhte Anforderungen an die Luftfilterung, um eine Verbreitung von Krankheitserregern zu verhindern. Besondere Vorkehrungen müssen beispielsweise auch bei den Lampen getroffen werden. Diese werden mit Abdeckungen eingesetzt, da sie leichter zu reinigen sind und die Grundhygiene damit verbessert wird. Das ist aus energetischer Sicht wiederum relevant, weil durch die Abdeckungen der Lichtstrom verringert wird und dadurch höhere Beleuchtungsleistungen eingesetzt werden müssen. Zudem herrscht im Krankenhaus ein Dauerbetrieb von 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr.
Beste Voraussetzungen für die Umsetzung des Passivhaus-Konzepts, so das Ergebnis der Studie des Passivhaus-Instituts. Aufgrund des durchgängigen Betriebs und des erhöhten Wärmebedarfs sind Wärmeschutzmaßnahmen äußert lohnend. Außerdem führt der Wunsch nach kurzen Wegen in der Planung oftmals zu kompakten Gebäudeentwürfen, die wiederum die Wärmeverlustflächen minimieren. Lüftungsanlagen werden in den meisten Kliniken eingesetzt, der Schritt zur kontrollierten Lüftung mit Wärmerückgewinnung sei da nur noch ein kleiner Schritt.
Passivhaus-Konzept eignet sich bestens für Krankenhäuser. Klick um zu TweetenDoch lohnen sich Effizienzverbesserungen, die zu einer Reduzierung des Wärmebedarfs von Krankenhäusern führen, wenn dort unvermeidlich anfallende Abwärme in großen Mengen genutzt werden könnte? Die Studie des Passivhaus-Instituts findet darauf eine klare Antwort: Die Optimierung des Gerätes, das die Abwärme produziert, sollte immer Vorrang haben. Denn die technische Entwicklung geht immer weiter und die Abwärmequelle könnte in Zukunft durch optimierte Prozesse sogar versiegen. Als Beispiel wird die gewerbliche Spülmaschine genannt, bei der die Abwärme heute unmittelbar im Gerät genutzt wird. Die Raumluftbelastung wird dadurch gegenüber älteren Modellen verringert. Zudem erzeugen die Lösungen zur Abwärmenutzung in der Regel Sekundärprozesse wie einen zustätzlichen Abwärmebedarf, die den primärenergetischen Vorteil der Abwärmenutzung laut Studie auf einen Bruchteil verringern können.
Wie sieht der Energieverbrauch in einem energieeffizienten Krankenhaus aus? Welches sind die Primärenergie-Fresser? Die größten Verbraucher liegen mit 18 Prozent bei der Beleuchtung, 15 Prozent Lüftung und 12 Prozent Trinwarmwasserbereitung. Die Heizung liegt mit 7 Prozent fast gleich mit der Kühlung (6 Prozent) hinter den Bereichen EDV (8 Prozent) und Verpflegungsküche (9 Prozent). Einen ähnlich großen Teil nimmt die Magnetresonanztomographie (MRT) mit 7 Prozent ein und die Sterilgutversorgung fällt mit 4 Prozent ins Gewicht. Übrig bleiben 14 Prozent für sonstige Anwendungen.
Das Klinikum Frankfurt Höchst wird diesen Energiebedarf über eine kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung decken und darüberhinaus an das öffentliche Gas-Netz angeschlossen sein. Aufgrund der vorhandenen Grundlast für Trinkwarmwasser und Strom kommt die Studie des Passivhaus-Instituts zu dem Schluss, dass hier die Kraftwärmekopplung eine interessante Lösung darstellt. Für Frankfurt ist dies noch nicht abschließend geklärt. Insgesamt hat die Stadt Frankfurt 240 Milionen Euro für den Neubau des Klinikums veranschlagt. Das Land Hessen beteiligt sich mit 46 Millionen. “Wir statten einen hoch komplexen Bau mit Sondernutzung durch modernste Technologien aus und tragen damit unserer Zielvorgabe Rechnung, 2050 eine klimaneutrale Stadt zu sein”, so Frankfurts Umwelt- und Sozialdezernentin Rosemarie Heilig. Frankfurt, nachhaltigste Stadt der Welt, setzt mit dem Bau des Klinikums erneut Zeichen.
Wer den Stand der Bauarbeiten nach Baubeginn im Juni live anschauen möchte, kann sich das mit der Webcam anschauen.
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