Reha-Dreirad im Schneckentempo

Morgen ist es soweit: H bekommt sein Therapie-Dreirad, Typ Momo. Das Foto für diesen Beitrag entstand an dem Tag, als unser Reha-Anbieter mit einem Muster-Dreirad hier war. H hat es mit viel Freude und Eifer ausprobiert. Sinngemäß ging mir durch den Kopf: „Super – dann können wir H zur Sommersaison auf Momo durch die Gegend kutschieren“. Das war vor zehn Monaten – am 19. Januar 2017.

Hilfsmittel und wie schnell sie wirklich helfen

Einige Hilfsmittel haben wir ohne jede Hürde erhalten: Orthesen beispielsweise, H’s Brille oder den neuen Talker. Dieses Therapie-Dreirad jedoch ist bislang ein absolutes Montagsprojekt.

Ein kurzer Abriss (ohne Anspruch auf emotionale Neutralität oder Vollständigkeit):

  • Januar 2017
    Probefahrt und Auftrag an den Reha-Anbieter, sich um die Beantragung des Therapie-Dreirads bei der Kasse zu kümmern
  • März 2017
    Anruf beim Reha-Anbieter: Kasse wolle ein gebrauchtes Therapie-Rad einsetzen (Wiedereinsatz). Dafür warte man beim Reha-Anbieter seit längerem auf die Zustellung des entsprechenden Rads aus dem Krankenkassen-Fundus. Erst danach könne man einen Kostenvoranschlag erstellen.
  • April 2017
    Anruf beim Reha-Anbieter: Das gebrauchte Rad sei just eingetroffen. Ab jetzt brauche man Pi mal Daumen zwei Wochen, um die Kosten für die Umrüstung auf H’s Bedarfe zusammenzutragen.
  • Mai 2017
    Anruf bei der Krankenkasse: Da fehlt ja das Rezept. Auf die Idee, mich deshalb mal anzurufen, ist von deren Seite vorsichthalber niemand gekommen. Der Reha-Anbieter hat interessanterweise auch nicht an das Rezept gedacht.
  • Juni 2017
    Anruf bei der Krankenkasse: Die ganze Chose liegt beim Medizinischen Dienst. Die sind zurzeit etwas im Hintertreffen.
    Das dauert noch!
  • Juli 2017
    Anruf vom Reha-Anbieter: Die Krankenkasse hat eine Ablehnung geschickt (uns übrigens nicht). Jetzt will man die Kosten für eine Neuversorgung – also für den Einsatz eines fabrikneuen Rads – wissen.
  • August 2017
    Anruf vom Reha-Anbieter: Die Kasse versucht Kosten zu drücken – man befürchtet, dass auch die Neuversorgung abgelehnt wird.
    Dementsprechend: Hin- und Her-Telefonierei mit einer sehr unfreundlichen Sachbearbeiterin bei der Kasse, dem Reha-Anbieter, dem hiesigen Sozialpädiatrischen Zentrum, das ein ärztliches Gutachten nachliefern soll. Ich mache ordentlich Druck – und stehe auch unter demselbigen.
  • September 2017
    Die Neuversorgung wird bewilligt. Allerdings ohne die Kupplung, mit der man Momo an eines unserer Räder andocken kann. Ohne die können wir H schön hin- und herschieben – alltagstauglich ist Momo dann nicht. Unser Eigenanteil für Momo und Kupplung beläuft sich auf rund 850 Euro.
    Und das, obschon das Rad vielleicht bald schon zu klein sein wird – zumal jetzt erst Mal Winter ist. Bei der Januar-Probefahrt wurde für H ein 16er-Rad ausgewählt. Auf meine Nachfrage beim Reha-Anbieter im Oktober, ob das nicht – fast ein Jahr später – vielleicht zu klein sei, beruhigte man mich. Das würde auf jeden Fall reichen. Aus meiner Erfahrung mit M und ihren Rädern zweifle ich an dieser Aussage.
  • Oktober 2017
    Nein, die Geschichte ist noch nicht zu Ende: Vier Wochen höre ich nichts vom Reha-Anbieter. Auf Nachfrage kündigt man mir die KW 43 als Liefertermin an. Ende der KW 44 kommt dann der Anruf mit dem Terminvorschlag für morgen – KW 46.

Ihr könnt mir glauben: Ich habe meine Zweifel, was morgen angeht. Tatsächlich kann ich nicht glauben, dass es ab jetzt rund läuft zwischen Momo und uns.
Aber wie heißt es in der literarischen Vorlage, der H‘s Dreirad sicher seinen Namen verdankt? Da sagt Beppo Straßenkehrer: „Man darf nie an die ganze Straße denken, verstehst du? (…) Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich.“
Das versuche ich jetzt umgekehrt für die Rückschau auf das Projekt ‚Momo‘. Ich versuche mich, zugegebenermaßen nach einem sehr, sehr tiefen Atemzug, auf das zu konzentrieren, was ist: Momo kommt morgen – zumindest hoffe ich es …

 

Eine Antwort auf „Reha-Dreirad im Schneckentempo“

  1. Wie so oft staune ich:
    Über eure Geduld, die Fähigkeit hartnäckig am Ball zu bleiben und darüber hinaus noch wissentlich akzeptieren zu können, dass die (teuren) Entscheidungen eines Versicherers wahrscheinlich schon jetzt das nächste kostenintensive Antragsproblem heraufbeschwören.
    Leider – wie ich in meiner täglichen Arbeit immer wieder erfahre – für viele Menschen mit Assistenzbedarf Alltag in unserem reichen Land…
    Da kann man nur mit dem Kopf schütteln.

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