Kaizen 2 go 077 : Führungskultur


 

Inhalt der Episode

  • Wie entsteht Führungskultur?
  • Was macht gute Führungskultur aus?
  • Was sind die entscheidenden Faktoren für gute Führungskultur?
  • Welche Rolle spielen Unternehmensleitung, Führungskräfte und Mitarbeiter bei der Entwicklung von Führungskultur?
  • Was unterscheidet die Führungskultur im Mittelstand von der in anderen Organisationen?
  • Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand e.V.

Notizen zur Episode

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(Teil)automatisiertes Transkript

Götz Müller: Episode 77 – Führungskultur

Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Heute habe ich Michael Kohlhaas bei mir im Gespräch. Michael Kohlhaas ist der Vorstand der Manufaktur für Führungskultur, ein eingetragener Verein und wie es der Titel schon sagt, wir unterhalten uns heute über Führungskultur im Mittelstand.

Hallo Michael.

Michael Kohlhaas: Ja, grüß Dich, Götz, hallo.

Götz Müller: Schön, dass du heute dabei bist. Ich habe schon ein kurzes Stichwort zu dir gesagt, aber sag noch paar weitere Sätze, damit die Zuhörer dich einordnen können.

Michael Kohlhaas: Ja, prima Stichwort. Du hast jetzt ganz hinten angefangen. So die letzten zwei Jahre bin ich in der Tat Vorstand in dieser Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand.

Ja, was soll ich zu mir sagen? 59 Jahre mittlerweile alt. Ich war 30 Jahre Führungskraft, in unterschiedlichen Bereichen. Direkt nach dem Abitur war ich 14 Jahre bei der Bundeswehr. Hab' da die Offiziersausbildung durchlaufen. Da kommt man natürlich mit dem Thema Führung sehr sehr früh und sehr intensiv in Kontakt.

Und dann war ich von 1990 bis 2008 Führungskraft in verschiedensten Funktionen in der Papierindustrie, davon rund 6 Jahre als kaufmännischer Geschäftsführer einer Papierfabrik in der Nähe von Dortmund mit einer Produktionseinheit mit rund 1000 Mitarbeitern. Und danach habe ich mich selbstständig gemacht. Ich bin Ende 2008 ausgeschieden aus dem Konzern. So war das nicht ganz freiwillig, Finanzkrise. Es würde jetzt zu weit führen, da in die Details zu gehen. Und seit 2009 bin ich in dem Bereich Führungskräfteentwicklung, Führungsstrukturentwicklung, selbständig hier im Bereich Tübingen, Reutlingen, Rottenburg, Umkreis von 50 bis 100 km.

Von der Ausbildung her vielleicht noch. Ich hab' im Rahmen der Offizier-Ausbildung BWL studiert, also bin Diplom-Kaufmann, und habe vor mittlerweile auch schon wieder 6/7 Jahren noch mal, Arbeits- und Organisationspsychologie als Master da draufgesetzt an der Fernuni Hagen. Ja und mit einigen Kollegen habe ich, wie gesagt, vor zweieinhalb Jahren ca., knapp zweieinhalb Jahren die Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand gegründet und seitdem sind wir dabei, in die Richtung zu arbeiten, in einem Netzwerk.

Götz Müller: Da werden wir nachher sicher noch mal drauf kommen. Jetzt möchte ich zum Einstieg einfach mal den Begriff an sich Führungskultur diskutieren. Wie entsteht sowas? Und was sind die Randbedingungen. Verhalten, Kommunikation, da gibt's so Sprüche – bezüglich Verhalten, den kenn ich von dir, den hast du mal erwähnt – man kann nicht keines haben. Also zum Einstieg eben die Frage: Wie entsteht Führungskultur?

Michael Kohlhaas: Ja, der ist leider auch nicht originär von mir. Ich hab' aber dir gegenüber mal erwähnt, das ist richtig. Er stammt ja von Watzlawick. Man kann sich nicht nicht verhalten und Führungskultur ist im Grunde die Summe von Führungsverhalten in Unternehmen. Und von daher gilt auch, dass man nicht keine Führungskultur haben kann. Die entsteht so oder so.
Und manchmal hört man in Unternehmen: bei uns läuft das so oder so. Oder so machen wir das hier. Und das beschreibt das eigentlich sehr gut. Das ist so meistens ungeschriebene Regeln, was in dem Unternehmen akzeptiert wird an Verhalten und was nicht. Und wenn man das jetzt nicht im Sinne von steuert oder im Sinne von Werten fixiert, dann führt der Götz Müller so wie es am besten kann und gelernt hat. Der Michael Kohlhaas macht's anders und der Peter Schmitz, die dritte Führungskraft für den Mittelstand wieder anders. Und dann ist das halt so.
Aber gute Unternehmen, die wissen natürlich, dass Führungskultur durchaus erfolgskritisch ist und die sorgen dafür, dass so geführt wird, wie es eben Sinn macht.

Götz Müller: Ja und Kultur vom begrifflichen Hintergrund her, habe ich jetzt mal vor kurzem wieder, kam so wieder in den Sinn. Ist ein lateinischer Begriff v”on Menschen gemacht”

Michael Kohlhaas: Genau.

Götz Müller: Was würdest Du sagen, Du hast ja vorhin schon sehr breites Spektrum deiner Historie angedeutet. Was macht eine gute Führungskultur aus?

Michael Kohlhaas: Na gut, wie lange haben wir denn Zeit jetzt für das Interview? Ne Stunde? Das ist natürlich sehr komplex.

Ich versuch's, ähnlich wie Malik, relativ einfach zu halten.

Und wenn man mal vom Zweck von Führung ausgeht. Da geht's immer darum in Organisationen bestimmte Resultate zu erzielen. Das ist so in Wirtschaftsunternehmen. Natürlich klar, ich muss einfach wirtschaftlich erfolgreich sein. Aber es geht nicht nur um Shareholder Value. Es geht um Kundenorientierung. Es geht um Mitarbeiterzufriedenheit also ein Vielzahl von Dingen.

Und von diesem Zweck her muss eine gute Führungskultur schlicht ergreifend Resultate erzielen, Ergebnisse, Balanced Scorecard. Also nicht nur eindimensional, sondern mehrdimensional.

Und eine gute Führungskultur zeichnet sich eben dadurch aus, dass Mitarbeiter so beeinflusst werden, dass sie eben im Sinne dieser komplexen Organisationsziele, die dann auch schlicht ergreifend erreichen und sich gerne einbringen. Also ihr Potenzial einbringen in die Organisation. Und wenn das eben gelingt, dann sind die Ergebnisse auch eben sehr gut. Also die Unternehmensergebnisse.

Götz Müller: Jetzt bin ich mir vorstellen, also wenn wir den klassischen Begriff Kultur von der Herkunft her nimmt, geht's auch z.b. so aus Landwirtschaft. Das heißt da macht ja Sinn, seinen Acker jetzt im Frühjahr zu pflügen und zu säen und nicht im Winter oder im Herbst. Was würdest Du sagen, was sind eben entscheidende Faktoren, damit eine gute Führungskultur entsteht und halt nicht eine schlechte, wo ich dann wenn es wieder auf das Feld übertragen, nichts ernten kann.

Michael Kohlhaas: Das ist ein ganz gutes Beispiel. Also ich kann da auch nicht nur einmal im Jahrzehnt umgraben oder um in der Landwirtschaft zu bleiben. Sondern das ist im Grunde eine permanente Aufgabe, die sich natürlich irgendwo wiederholt im Zyklus der Jahreszeiten. Aber z.b. Vertrauen, Respekt, Wertschätzun,g also diese diese Begriffe. Die müssen natürlich ständig gepflegt werden und Vertrauen, das wissen wir alle, das entsteht nicht auf Knopfdruck, sondern das muss man sich durch konsistentes Verhalten erwerben und dann auch konsistent beibehalten.

Wie schnell Vertrauen aber verspielt werden kann, ist jetzt z.b. auch der Diskussion, ohne das jetzt zu vertiefen, bei der Frau von der Leyen und dem Thema Bundeswehr schön zu besichtigen.

Und dann genügt gern mal ein falsches Wort, vielleicht war das gar nicht so gemeint diese pauschale Verurteilung mit dem Haltungs- und Werteproblem. Und ruckzuck steht man also in ganz kurzen Gras und dann hat man wieder mehrere Monate Arbeit, um dieses verloren gegangene Vertrauen wieder zu kippen, sage ich jetzt mal. Also entscheidende Faktoren ist einfach Konsistenz im wertschätzenden Verhalten und natürlich Zweck der Führung auch in der Konsistenz in der Leistungseinforderung. Das gehört immer zusammen.

Götz Müller: Mir kommt jetzt grad so dieser Spruch in den Sinn, weil wir schon irgendwo bei der Landwirtschaft bei dem Thema wären. Wenn ich also an der falschen Stelle umpflüge, funktioniert nimmer und ich kann es, glaube ich, eben auch nicht beschleunigen, im Sinne von, Gras wächst nicht schneller, wenn man dran zieht.

Jetzt haben wir da ein paar Mitspieler, Du hattest es zum Teil schon angedeutet. Wir haben so etwas wie eine Unternehmensleitung, vielleicht relativ abstrakt. Dann haben wir Führungskräfte, das sind dann schon wieder einzelne Personen, dann die Mitarbeiter in der Masse. Was würdest Du sagen, was sind die Rollen dieser Mitspieler, wenn es um die Entwicklung von Führungskultur geht.

Michael Kohlhaas: Ja also jeder hat natürlich da sein Päckchen, wobei ich denke Unternehmensleitung, Führungskräfte haben natürlich aufgrund dieser Machtkonzentration und des Machtgefälles – das mag man mögen oder nicht, aber ich glaube, es ist da – schon eine herausragende Rolle und ich meine, ich werde nicht zum ersten Mal in der Richtung gefragt und da gibt's einen wunderbaren Spruch von dem Karl Valentin, der bayerische Komiker, Du magst ihn noch kennen, jüngeren vielleicht weniger. Aber der hat mal so schön gesagt: “Erziehung ist zwecklos. Die Kinder machen den Erwachsenen sowieso alles nach” Und so ist das auch mit den mit den Vorgesetzten. Hier geht's nicht um Erziehung von Mitarbeitern aber das ist dieses führen durch Vorbild oder Vorbild sein. Das spielt schon eine große Rolle und ich glaube, jeder von uns weiß, dass Mitarbeitern einen ganz ganz fein Draht haben. Nach dem Motto die da oben, die predigen Wasser und saufen Wein. Das kommt unheimlich schlecht. Also auch hier ist Konsistenz, hat dann auch wieder mit Vertrauen zu tun, gefragt, dass man eben, das was man sagt, auch tut und umgekehrt. Also das ist ganz wichtig. Insofern sind Führungskräfte da sicherlich vorbildlich und prägen diese Führungskultur. Und logischerweise die Mitarbeiter orientieren sich daran und folgen halt auf bestimmte Regeln. Das würde ich dann eher mit Unternehmenskultur bezeichnen. Dann ist das Verhaltensspektrum dann weiter. Der Mitarbeiter führt ja eher nicht, sondern wird geführt, aber wie sagt, die Führungkräfte und Unternehmensleitung, insbesondere die haben ganz sicherlich die Schlüsselrolle.

Götz Müller: Und es gibt ja auch diesen schönen Spruch, wie du es angedeutet hast, die Mitarbeiter machen ja nicht das, was man sagt, sondern sie machen das nach, was ich vormache.

Michael Kohlhaas: Ja das ist klar so. Alles das was eben gesehen wird als Verhalten. Also wenn ich einer Person glaube, fällt mir das viel, viel einfache,r wenn ich Verhalten beobachte, also wenn ich nur das höre, was die sagt. Also das gesprochene Wort ist natürlich nicht unwichtig aber im Zweifel schaue ich auf das Verhalten, das ist wesentlich dichter an der Wahrheit, als das, was jemand sagt.

Götz Müller: Jetzt hast du es eingangs bei deiner Vorstellung schon angedeutet, ich möchte es noch ein bisschen vertiefen. Du hast einen ganz unterschiedlichen Hintergrund, ihr nennt euch jetzt Manufaktur für Führungskultur im Mittelstand, Du kennst die Bundeswehr, also sprich eine große Behörde, eine sehr große Behörde mit einer ganz speziellen, nennen wir es mal Ausrichtung, Du kennst Großbetriebe, Du kennst den Mittelstand. Was würdest Du sagen, wie unterscheidet sich da die Führungskultur? Kann man da sagen, die Führungskultur entscheidet sich, unterscheidet sich anhand dieser dieser Größe oder sind dann vielleicht doch ganz andere Dinge?

Michael Kohlhaas: Ja, Größe spielt natürlich schon eine Rolle ist aber von den Grundsätzen und Definitionen, die ich eingangs auch mal gesagt hatte, was der Zweck der Führung, was sind so die Basics,
die sind, glaube ich, identisch. Da sehe ich keine großen Unterschiede, aber es sind natürlich dann Werte und Inhalte, die anders sind.

Ich sag mal, ein kleines Beispiel: Eigeninitiative und Kreativität bei einem Startup, glaube ich, ist das ein Muss. Das geht nicht anders. Also da muss jeder eben mal zulangen, darf nicht auf Anweisung warten. Bei Behörden, ob das jetzt eine Armee ist oder das Finanzamt oder so weiter, da gibt's halt doch sehr, sehr fixe Regeln. Es gibt schlicht ergreifend Gesetze, die angewendet werden müssen. Da ist z.b. Eigeninitiative, ja kann ich schon mal einfordern, aber Kreativität ist da jetzt nicht so der Brüller. Ich muss einfach Gesetze anwenden. Eine Steuererklärung, wenn Tatbestände erfüllt sind, muss ich anwenden. Natürlich habe ich das Spielräume, Ermessensspielräume. Aber das ist so der wesentliche Unterschied. Der Kontext und dann natürlich auch, wie du angedeutet hast, die Größe und die Arbeitsteilung, die ein 340.00 oder 500.000 Mann Unternehmen, wie Daimler Benz, ich habe da meine Zweifel, das wie ein Startup geführt werden kann. Also dann müssen Abläufe funktionieren. Du kommst aus dem Bereich Lean und TQM, wenn ich da zu viel, Freiräume lasse, jeder macht das, was er am besten kann, weiß ich nicht, ob dann auch wirklich gute Ergebnisse rauskommen. Also ich glaube, auch die Größe und der Grad der Arbeitsteilung spielt eine Riesenrolle.

Götz Müller: Ich glaube, das ist dann durchaus ein Thema wo grad so in dem großen weiten Umfeld Digitalisierung, Industrie 4.0, wie auch immer man das jetzt im Detail nennen mag, wo sich dieGroßen
Hosen eben schwer tun, weil vielleicht so die Kreativität bisher da nicht in dem Maß gefragt war, wie Du es völlig richtig für ein Startup genannt hast.

Michael Kohlhaas: Ja, also die Diskussion ist ja jetzt also auch im Kundenkreis bei mir hier Stichwort Holokratie oder diese agilen Strukturen. Also ich glaube, es ist gut, dass Unternehmen jetzt den Mitarbeitern mehr zutrauen, ich sag mal, müssen. Früher hat man vielleicht viel, viel stärker mit Informationsvorbehalte, mit Wissensmacht geführt. Das ist vorbei, also spätestens seit Wikipedia, Internet und so weiter. Sas Wissen auf dem Planeten ist im Prinzip weltweit verfügbar und im Zweifel weiß der Mitarbeiter dann ohnehin mehr und dann muss ich als Führungskraft, glaub' ich, viel stärker loslassen können als das früher der Fall war. Es war früher auch richtig aber heute, glaube ich, es ist schlichte Notwendigkeit.

Götz Müller: Jetzt hast Du auch das Stichwort Unternehmenskultur genannt. Was würdest Du sagen, wie grenzt sich das gegenüber Führungskultur ab oder ist Führungskultur ein Teil der Unternehmenskultur?

Michael Kohlhaas: Also ich würde sagen, ist ein Teil davon. Unternehmenskultur ist vielleicht weiter, weil es eben auch das Verhalten der Mitarbeiter z.b. umfasst. Also Führung würde ich mal, das aber jetzt meine Definition, Führungskultur ist die Summe akzeptierten Führungsverhaltens, das betrifft qua Definition mehr die Führungskräfte von Gruppenleiter bis hoch zum Vorstand. Während Unternehmenskultur ist insgesamt das Verhalten von allen Mitarbeitern. Also da gehören vielleicht, ich will es nicht darauf beschränken aber man lässt es oder man kann es erläutern, so kleine Sekundärtugenden oder Verhaltensdinge wie Pünktlichkeit oder so. Dür mich war es schon irgendwo ein Kulturschock, also ich von der Bundeswehr dann in mein erstes Unternehmen kam. Große Sitzung, auch beim Vorstand 14 Uhr, wenn man dann um 14 Uhr da war – Du kennst den Spruch fünf Minuten vor der Zeit ist des Soldaten Pünktlichkeit – das ist eben Kultur und wenn man da um 2 Uhr war bei einer Besprechung, wo der Vorstand dabei war, war man dann der Erste. Da war dann eher das studentische und akademische Viertel angesagt. Das war schon eine Sache Frage der Verbindlichkeit, dieser Dinge, und wie gesagt, das war dann kein Problem, wenn Mitarbeiter dann paar Minuten zu spät kam, da war das so. Da hat man um Viertel nach angefangen.

Ich fand nicht schön. Das war dann in meinem Bereich auch nicht so. Aber das war gang und gäbe. Oder hält man Termine ein, Abgabe bis zum, weiß man heute genau wem man hinterherrennen muss. Das sind Dinge, die eine Organisation auch prägen. Kann ich mir auf den verlassen, ist der pünktlich, ist der zuverlässig, ist die Qualität der Arbeit, mit der ich dann in einem Prozess weiter arbeiten muss. Ist dann erstmal zehn Minuten noch Nacharbeit angesagt oder ist das Vorprodukt, was ich bekomme, egal ob als wirkliches Produkt oder als Vordienstleistung, ist das toll. Nach dem Motto genau so stelle ich mir das vor und das kann ich direkt weiterverwenden. Also das ist deutlich weiter zu fassen, dieses Thema der Kultur.

Götz Müller: Okay, jetzt das noch etwas vertiefen den Aspekt eben Mittelstand. Du hast es bisschen schon angedeutet, was so zwischendrin hängt. Jetzt kann ein Startup vielleicht irgendwann sich zu einem Mittelständler hinentwickeln, manche Unternehmen, die es rein formal natürlich zu den Großbetrieben gehören, also weit über 1.000 Mitarbeiter, vielleicht schon im mehrstelligen Bereich und nennen sich trotzdem noch Mittelständler. Was unterscheidet Mittelständler und dessen Führungskultur von anderen?

Michael Kohlhaas: Also Mittelstand machen wir auch nicht. Da gibt's ja diese KMU-Regelungen, die sich in der Regel an ein, zwei, drei Größen Umsatz, Ertrag, Mitarbeiterzahl usw. orientiert. Die auch mal ran gezogen wird, wenn es um Fördergelder oder sowas geht. Aa brauche ich ein formales Kriterium. Das ist jetzt nicht so unser Ding. Ich oder wir sind insgesamt nicht so aufgestellt, dass wir jemanden belehren müssen, ob du Konzern bist oder Mittelstand. Wenn sich z.b. so inhaber- oder familiengeführte Unternehmen, jetzt letztens hatten wir mal bei einer Veranstaltung die Firma Schmalz GmbH aus Glatten. Die hat 1.200 Mitarbeiter, wenn ich denen sage, ihr seid aber ziemlich konzernmäßig drauf, fliege ich raus. Die verstehen sich als inhabergeführtes, bodenständiges Unternehmen, bekennen sich zu diesem Standort Glatten, ein kleines Dorf in der Nähe von Freudenstadt und dann ist das für mich ein Mittelständler, Punkt.

Also das ist so geringe persönliche Nähe, die einen Konzern eher auszeichnet. Während die eben sehr verbunden sind. Das ist der eine Aspekt. Der andere Aspekt, warum wir uns um den Mittelstand kümmern, ist schlicht und ergreifend in dem anderen Aspekt zu sehen, Stichwort Demographie. Ich glaube, dass wir da noch das meiste vor uns haben, wenn nicht die Digitalisierung da stark entgegenläufig wirkt. Und weil die Fach und Führungskräfte knapper werden, glaube ich, ist der Kampf, War for Talents, der kommt ja erst noch. Der ist zwar schon seit 20 Jahren gepredigt, aber jetzt findet er statt und da glaube ich, dass der Mittelstand eben mit dem Thema Führungskultur richtig, richtig punkten kann. Also ist ein Pfund, mit dem er wuchern kann. Im Zweifel wird ein Mittelständler den finanziellen Kampf gegen Bosch oder Daimler, HP und wie sie alle hier in der Gegend heiße,n nicht gewinnen können. Die legen im Zweifel 500 oder 1.000 € im Monat drauf und dann ist der Drops gelutscht. Da kann ein Mittelständler und will der wahrscheinlich auch gar nicht mithalten.

Also muss er anderes bringen, um einem jungen Ingenieur zu sagen, komm doch zu mir irgendwo in die Eifel oder hier Nordschwarzwald oder auf die Schwäbische Alb. Und das ist schon Pfund, mit dem man dann wuchern kann. Nämlich flache Hierarchien, ich hab' früh Verantwortu,ng ich kann mitgestalten, ich kann mitwirken. Und solche Dinge da sollte sich der Mittelstand intensiv mitauseinandersetzen. Das ist so unsere unsere Botschaft.

Götz Müller: Wobei mir gerade in den Sinn kommt, ich hatte vor paar Tagen eine Unterhaltung mit jemand vom Daimler. Wir haben uns da über ein Projekt unterhalten, was er gerade macht und auf einmal spricht er vom Dieter und ich denke Dieter? Und erst im zweiten Nachdenken ist es mir gekommen, ok er meint den Vorstandsvorsitzenden Dieter Zetsche. Also ich habe da so ein bisschen das Gefühl gehabt, da ändert sich auch schon bissle.

Michael Kohlhaas: Ja, muss man sehen. Kann sein. Also jetzt beim Führungssymposium im Herbst haben wir auch dann den Herrn Ködel da, der macht ja, betreut Leadership 2020 bei Daimler. Da freuen wir uns ganz arg drauf. Ich glaube schon, dass die ernsthaft drüber nachdenken und keine Ahnung wie das im Detail gemacht wird aber, ob es dann ausreicht mal die Krawatte abzulegen und ich sag jetzt du und dann zieh ich Turnschuhe an, weiß ich auch nicht, ob das jetzt allein funktioniert.

Ich hatte eben gesagt, ich war bei storaenso da kommen auch die Schweden und die Finnen und so weiter. Die kennen ja das Sie und Du in der Form, wie wir das in Deutschland kultivieren, kennen das gar nicht. Aber man darf da sich nicht drüber hinwegtäuschen, dass da diese Machtpositionen durchaus auch da sind, auch wenn die du sagen. Also wenn der Vorstand da relativ freundschaftliches Du, dann hat das ähnliche oder hat man da ähnlich wenig Spielräume als wenn das der Herr Vorstand sagt. Also da darf man sich auch keinen Illusionen hingeben.

Götz Müller: Ja, ich glaube, das ist dann auch wieder der Punkt, wo eben die Mitarbeiter dann in der Führungskultur bzw. in der Veränderung doch die Rolle spielen, so im Sinne von, die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube – dass ich jetzt da von oben runter was plötzlich über Nacht gedreht hat.

Michael Kohlhaas: Also ganz sicher wird Daimler da und all die anderen Großen, wir reden da jetzt stellvertretend darüber, das wird sich verändern und verändern müssen. Also und man sieht ja, dass die jungen Leute da anders aufgestellt sind. Das ist ein richtiger Kampf um Ingenieure, insbesondere die MINT-Berufe. Und da muss ich mich anders aufstellen und das ist ein äußeres Zeichen aber das kann, wird und darf sich nicht in solchen, ja so Oberflächlichkeiten erschöpfen. Das wird sich auch nicht. Also ich glaube schon, dass wir da auch in Konzernen ziemlich tiefgreifende Änderungen sehen werden.

Götz Müller: So, jetzt möchte ich so bisle zum Ende hin, aber durchaus noch ein paar Minuten, Du hast es eingangs schon erwähnt, die Manufaktur für Führungskultur. Was sind so typische Mitglieder, was ist eure Zielgruppe, was habt ihr für Ziele, was habt ihr euch auf die Fahne geschrieben.

Michael Kohlhaas: Ja, so typische zielgruppe sind schon eher kleinere Unternehmen. Also wir freuen uns auch über ein 1000-Mann-Unternehmen, aber wir haben da, da sind Unternehmen drin, das Größte ist, so glaube ich, 350-400, also durchaus aber auch Unternehmen mit 20-30 Mitarbeiter, aus unterschiedlichen Branchen, das ist Bau, das ist Papier, Handel, das sind zwei, drei kleinere IT-Unternehmen et cetera pp. Also der typische mittelständische Unternehmen, von dem wir sagen oder den wir rütteln wollen. Nach dem Motto kümmert euch um Führungskultur aus den eben genannten Gründen, ist das kritisch und das ist auch der Zweck unseres Vereins, nämlich eine attraktive Führungskultur in mittelständischen Unternehmen zu fördern, aus den zwei Gründen.

Einmal, gut geführte Unternehmen sind schlicht ergreifend wirtschaftlich besser, weil sie die Potenziale der Mitarbeiter besser nutzen. Und sie sind auch für Mitarbeiter attraktiver Stichwort Arbeitgeberattraktivität im Kampf eben um Fach- und Führungskräfte, da können die dann auch punkten. Also es macht ganz viel Sinn, sich mit den Themen auseinanderzusetzen.

Ja und was machen wir dafür? Wir machen, eben schon gesagt, so Netzwerkveranstaltung da haben wir mit dem Weltethosinstitut hier in Tübingen einen wunderbaren Partner, wo auch Herr Schmalz vor 4 Wochen ungefähr da war. Wir haben einmal im Jahr, wie gesagt am 14.11., hatte ich eben schon kurz angedeutet, Herrn Ködel zu Gast, unter anderem bei unserem jährlichen Führungssymposium, das veranstalten wir jetzt zum vierten Mal. Also 2013 haben wir es zum ersten Mal gemacht. Wir haben eine kleine Vereinszeitschrift nennt sich Rubikon, die erscheint vierteljährlich und widmet sich auch Themen der Führungskultur und last but not least, im Rahmen dieses Führungssymposiums haben auch einen Wettbewerb ausgelobt, BMM-Award für bestes Management im Mittelstand. Nach dem Motto tue Gutes und rede darüber. Das die Themen, die wir da bewegen wollen in der Manufaktur.

Götz Müller: Mit dem BMM-Award, so zum Abschluss, ist das jetzt eine interne Sache also nur für Vereinsmitglieder oder wer ist grundsätzlich da die Zielgruppe, wer kann teilnehmen?

Michael Kohlhaas: Nee, also ist keine interne Sache, sondern jeder kann teilnehmen, der sagt, jawohl ich will das systematisch angehen. Das ist unsere Botschaft und ich hatte ja gesagt, dass ich eigentlich aus der BWL-Geschichte komme, Controlling. Und da gibt's ja auch so Glaubenssätze nimmt man da mit. So “if you can't measure it you can't manage it”. Das ist ein so ein Ding und ich glaube, das man eben, Du hattest eben danach gefragt, was ist eine gute Führungskultur.

Ich glaube, dass man das wirklich operationalisieren kann und muss und von daher, also im Sinne von messbar machen und ich glaube, das funktioniert. Wir haben Instrumente dafür entwickelt und die bilden die Basis dafür und eins davon, nur mal Beispiel, ist ein Führungsbarometer, also eine Mitarbeiterbefragung, die da zum Einsatz kommt und die auch Führungsverhalten hinterfragt. Also Führung ohne die Perspektive des Mitarbeiters halte ich für eine Lachnummer. Also aus mehreren hundert Führungsfeedbacks, die ich mittlerweile moderiert habe, ich habe noch keinen Führungskraft erlebt, der gesagt hat, ich bin relativ schlecht oder mein Führungsverhalten ist nicht so toll, sondern die haben im Grunde alle gesagt, ich mache das eigentlich gut bis sehr gut oder zumindestens sehr ordentlich. Und wenn man dann die Mitarbeiter fragt, dann kommt doch ein Ergebnis raus, dass da deutlich verschieden ist. Also von daher ist das für uns auch im Rahmen des BMM-Awards ein Muss, dass Mitarbeiter einbezogen werden.

Götz Müller: Und ich glaube dann, das ist ja eben eine Chance, wenn man ehrlich zu sich selber ist eben und dieses Feedback von Mitarbeiter haben möchte, Von dem ich dann glaube, das man es selber direkt gar nicht bekommen kann. Dann ist es eine wunderbare Chance es auf eine neutrale Art und Weise zu bekommen. Und diesen persönlichen vielleicht auch mal blinden Fleck, den ich da habe, im Sinne von, ich glaube, dass ich der Größte bin, mal durch ein andere Paar Augen zu sehen.

Michael Kohlhaas: Tja also vielleicht dann noch eine Bemerkung, der Reinhard Sprenger, der hat, vor 100 Jahren gefühlt, dieses Buch geschrieben “Mythos Motivation”. Und da war ein Satz drin, der mir der mir sehr gut erinnerlich ist. Er sagte so, der Mitarbeiter hat immer die Wahl. Also natürlich reagiert der auf gutes und schlechtes Führungsverhalten und zwar unabhängig davon, dass er das jetzt in einem Feedback sagst oder dann nicht. Er wird Leistung bringen oder Leistung zurückhalten.

Und von daher sage ich, wenn das offen gestaltet wird, offene feedbackprozesse, kann ich dadurch nur gewinnen. Wenn der Mitarbeiter mir dann sagt, was eben nicht so gut ist, dann habe ich die Chance, das zu ändern, sonst eher nicht. Und das setzt aber genau diesen, wie Du angesprochen hast, diese Offenheit voraus und der Wille sich auch mal Dinge anzuhören, die vielleicht nicht ganz so angenehm sind. Aber das ist eine tolle Chance, ohne dieses Wissen komme ich nicht voran

Götz Müller: Und eben im Sinne der Verbesserung und es gibt ja außer diese Aussage: Ein Mitarbeiter, der geht, der das Unternehmen verlässt, verlässt ja im Grunde nicht das Unternehmen, sondern viel öfter verlässt er eben die Führungskraft.

Michael Kohlhaas: Ja klar.

Götz Müller: Wenn er seine Kündigung eingereicht hat, dann lässt sich die Sache in Regel nicht mehr drehen.

Michael Kohlhaas: Dann ist der Drops gelutscht, wie man hier so sagt. Ja genau, dann ist es vorbei. Und dann wird es wieder teuer, dann muss ich einen suchen und die werden immer knapper, Demografien. Jetzt schon beim Thema, also Fluktuation verringern, den Motivation verhindern, das sind so Kernelemente.

Götz Müller: Fand ich jetzt wieder – das ist schon fast mein Standardspruch zum Schluss aber es gibt trifft immer wieder zu – fand ich eine spannende Unterhaltung im Thema Lean gehört für mich Führung dazu und von daher war das prima, dass du Zeit gefunden hast dafür danke ich dir noch mal.

Michael Kohlhaas: Ja, gerne habe ich teilgenommen und vielen Dank auch für die Gelegenheit dann im Rahmen deines Podcasts uns zu präsentieren vielen Dank auch Dir, lieber Götz.

Götz Müller: Das war die heutige Episode über Führungskultur im Gespräch mit Michael Kohlhaas.

Weitere Informationen und Links finden Sie in den Notizen zu Episode unter dem Stichwort 077.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse.
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.