Kaizen 2 go 081 : Veränderungsprozesse


 

Inhalt der Episode

  • Was sind eigentlich Veränderungen bzw. was kann sich alles verändern?
  • Wie sehen typische Reaktionen auf Veränderung aus?
  • Warum entsteht Widerstand gegen Veränderung?
  • Wie kann man mit Widerstand umgehen? Was funktioniert, was funktioniert nicht?
  • Warum dauert Veränderung manchmal so lange? Warum geht es manchmal schnell?
  • Wie kann man Menschen bei Veränderungen begleiten?

Notizen zur Episode

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(Teil)automatisiertes Transkript

Götz Müller: Episode 81 – Veränderungsprozesse

Heute habe ich Bernd Karlovitz bei mir im Podcast-Gespräch. Bernd Karlovits ist systemischer Coach aus Leidenschaft.

Hallo Bernd.

Bernd Karlovits: Hallo, grüß Gott.

Götz Müller: Schön, dass du heute dabei bist. Sag' noch ein zwei Sätze mehr, wie sich die Leidenschaft des Coachings für dich ausdrückt.

Bernd Karlovits: Wenn es mir gelingt, mit den Menschen in einen sehr intensiven Kontakt zu kommen und Vertrauen entsteht, dann werden Veränderungen möglich, die mir regelmäßig wirklich Gänsehaut zaubern.

Weil es einfach toll ist zu sehen, wenn jemand Fahrt aufnimmt in die Richtung, in die er eigentlich will.

Götz Müller: Das war definitiv schon ein gutes Stichwort, denn darum geht's jetzt in unserem Gespräch. Es geht um Veränderungsprozesse.

Deshalb jetzt auch zum Start einfach mal, was ist denn Veränderung, was kann sich alles verändern?

Bernd Karlovits: Na ja, Veränderung ist eine Geschichte wie alles hat zwei Seiten der Medaille mit zwei Seiten. Veränderung ist eigentlich unsere Kernkompetenz. Unsere Fähigkeit, die Anpassungsfähigkeit hat uns als Spezies dahin gebracht, wo wir heute sind.

Auf der anderen Seite ist es aber auch der Teil, der eigentlich am meisten geschaut wird. Menschen mögen keine Veränderungen. Das hat damit zu tun, dass unser Gehirn im Laufe unsere Evolution drauf quasi optimiert wurde, Energie zu sparen. Das Hirn verbraucht irre viel Power. Wobei ist es nur 2 % Körpergewicht ausmacht, aber 20 % Energie und dann ist es logisch, dass es versucht ökonomisch zu arbeiten. Veränderung ist immer Risiko. Veränderung ist neue Situation, das heißt diese Muster, diese alltäglichen Reaktionsmuster und Methoden, die ich entwickelt habe, die greifen nicht mehr und ich muss neu entwickeln und ich habe das Risiko zu scheitern.

Kann mich nicht drauf verlassen, dass das was ich kann, alles schon funktioniert und das macht Angst.

Götz Müller: Du hast es schon angedeutet, ich möchte das aber zum Start noch vertiefen. Was sind denn so typische Reaktionen, was erlebst du in deinem täglichen Business als Reaktion auf Veränderung.

Bernd Karlovits: Einer der häufigsten Punkte ist, dass Menschen quasi soweit mitgehen in einer Wahrnehmung, wie es ihr System erträgt und dann scheren die zur Seite aus, machen sich ein Bild, das in den Kram passt und brechen die Kommunikation ab. weil das was noch gesehen werden könnte, einfach momentan zu viel ist.

Beispiel, ich habe irgendeinen Chef, der sein Team entwickeln will und der schert immer wieder in der Wahrnehmung an einem speziellen Punkt aus, wo er nicht mehr mitkann und gibt es aber nicht zu.

Und dann hast Du das Problem, dann muss Du gucken, wie kriegst Duden wieder mit ins Boot, dass man noch ein Schritt weitermachen kann, weitergehen kann und noch zusätzliche Perspektiven aufmachen kann. Weil im Hintergrund steht eigentlich bei allen immer die Motivation, eine Lösung zu finden, auch wenn es von außen jetzt erstmal nicht danach aussieht. Aber im Grunde ist das die Kernmotivation eines jeden. Und das geht halt zu erkennen, warum schert der wann, wo, wie aus und das hat immer ein Hintergrund.

Götz Müller: Ja genau, vielleicht kann man es anhand von dem Beispiel ein bisschen vertiefen. Du hast mit der körperlichen Funktion schon angedeutet, warum der Widerstand gegen Veränderung entsteht, weil er Ressourcen verbraucht.

Kann man das so weiter abstrahieren oder vielleicht mal noch anhand von einem Beispiel konkreter machen, vielleicht grad diese eine Person.

Bernd Karlovits: Was mir immer wieder begegnet, ist so – ich habe ja eine systemische Ausbildung und habe mich auch mit NLP auseinandergesetzt – und es gibt immer wieder, mache ich die Erfahrung, dass es so eine Schulen … so ne Schulen-Verliebtheit hat und man nicht mehr rausguckt, außerhalb dessen, was da jetzt quasi als Geist dieser Schule gelebt wird. Und dabei wird vergessen, wir sind Säugetiere, wir sind Raubtiere, wenn man's genau nimmt und wir haben elend lange Entwicklungsgeschichte und all das ist tief in unser komplettes Sein quasi eingebrannt. U,nd wenn es um Veränderung geht dann geht's immer auch um Gleichgewicht bzw Gleichgewichtsverlust. Und Du hast es gerade schon angesprochen, Ressourcen also die Energiepegel, In den verschiedensten Bereichen, die ich habe und Veränderungsprozesse verbrauchen Ressourcen und wir haben im Hinterkopf immer auch – das sieht man z.b. auf dem Schulhof – einen Grundtrieb drin, uns Energie anzueignen. Und das weiß jeder, das steckt ganz tief in unseren Knochen und daher kommt auch diese Angst. Das heißt, wir gucken immer sehr genau, kann ich noch Kontrolle behalten, habe ich noch den Überblick, verstehe ich noch was da passiert und wenn mir das nicht klar ist, dann wird es mir eng. Dann zeige ich Nerven und das passiert sehr oft, wenn z.b. Veränderungsprozesse in Unternehmen initiiert werden und dann nicht drauf geachtet wird, dass man auch tatsächlich abfragt, verstehen alle was gerade passiert und welche Informationen braucht eine individuelle Person, damit sie mitgehen kann. Und diese Urangst, das eigene Gleichgewicht zu schützen vor Zugriff anderer, das ist etwas, das ist tief in uns drin und das muss gar nicht bewusst werden, das wirkt einfach.

Götz Müller: Das ist ja eine Form von Selbsterhaltungstrieb, die Ressourcen zu schützen und wie du es gerade angedeutet hast, zusätzlich Resourcen zu gewinnen. … der Spruch Jäger und Sammler. Das ist den Dinge, die mir in den Betrieben begegnen, im physischen Bereich, aber natürlich eben auch in diesen einen biologischen Bereich.

Bernd Karlovits: Ganz genau. Und ein Problem ist halt, wir haben, also jeder von uns – die systemische Sichtweise betrachtet den Menschen als ein hochkomplexes lebendes System – und ein starres Gleichgewicht gibt's nicht, sondern das immer wieder ein Pendeln in einem grünen Bereich, der uns ja die Anpassung, die Flexibilität überhaupt erst ermöglicht. Und wenn ich jetzt eine Situation habe, wo eine Veränderung ansteht, die ich nicht einschätzen kann, dann passiert mir leichter, dass ich sehr viel weiter aus diesen grünen Bereich raus schwenke. Und je weiter ich rauskomme, desto mehr Energie brauche ich, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen und das weiß jeder. Das weiß jeder vielleicht nicht bewusst aber unbewusst ist sich da jeder gewiss und reagiert auch entsprechend drauf

Götz Müller: Mit eben dem Widerstand und das sind ja die Dinge, wenn man irgendwo mal auf einer bewussten Ebene oder vielleicht ein Stück weit als Außenstehender gesagt hat, Veränderung an der Stelle ist jetzt notwendig, das heißt, ich muss mit dem Widerstand umgehen, ich kann ihn nicht ignorieren. Was ist deine typische Vorgehensweise

Bernd Karlovits: Wenn ich Widerstand merk'… Also, ich denke grundsätzlich, das wichtigste ist erstmal anerkennen, dass er da ist. Und dann vor allen Dingen klar machen, dass es so sein darf und das ist etwas, das verstehen viele am Anfang nicht, wenn ich damit anfange. Die denken, was schwätzt er da. Und ich lenke den Fokus darauf, dass jedes System eigentlich nix dysfunktionales macht, sondern mit seinen Bordmitteln versucht, das eigene Gleichgewicht aufrechtzuerhalten und das ist ein völlig legitimer Vorgang, eine ganz natürliche Reaktion, eben Schutz des eigenen Systems und dient dem individuellen Gleichgewicht.

So und das ist der erste Punkt, dass ich versuch zu sensibilisieren, dass es nicht damit zu tun hat, dass das Gegenüber was verkehrt macht und komisch oder seltsam, sondern dass er es anders macht. Und aus seiner Warte ist es vollkommen logisch, schlüssig. Und von außen kann aber durchaus ein total anderes Bild entstehen. Aber das ist schon klassisches Missverständnis aufgrund fehlender information. Und der zweite Aspekt, der wichtig ist, ich weise drauf hin, dass jedes Verhalten egal, wie seltsam das jetzt anmuten mag, zunächst einn konkreten positiven Nutzen hat.

Götz Müller: Zumindest für die Person, die handelt. Das ist ein Punkt, den hatte ich mir gerade beim Erzählen von dir aufgeschrieben, eine NLP-Vorannahme, die Intentionen jedes Verhalten ist positiv. Ist natürlich immer eine Beurteilungsfrage, also jedem Blickwinkel mag das anders aussehen. Aber für denjenigen, der sich verhält, für den ist das halt positiv.

Bernd Karlovits: Genau und ein großes Thema dabei, also es ist eine sehr große Herausforderung, das erkennen zu können und vor allen Dingen auch als Coach oder Berater, weil … und es ist was, mit dem hadere ich immer wieder und es nervt mich auch an Kollegen, wenn die so daherkommen als ob die jetzt eine komplett erleuchtete Wahrnehmung hätten.

Wir alle haben Vorurteile, wir alle müssen verkürzen in der Wahrnehmung, um überhaupt mit dem Alltag klarzukommen. Das heißt, ich werde immer wieder selber Fehlschlüsse haben und muss mich immer wieder quasi selber auf Null stell,en um wahrnehmen zu können, hey was passiert denn da drüben gerade. Und diese Haltung, ich wüsste was für einen anderen gut ist, ist Käse. Das funktioniert einfach nett und trotzdem passiert es immer wieder.

Götz Müller: Weil ich werde ja auch Teil des Systems. Als wir vorhin sagten, der Mensch ist ein System, ja natürlich hochkomplex aber die Systemgrenze und je nachBlickpunkt wieder, manchmal hat die Umwelt immer gehört die Umwelt mit zum System und früher oder später werde ich auch als Coach Teil des Systems. Ich kann mich praktisch nicht entziehen.

Bernd Karlovits: Das ist auch z.b. ein Grund, warum der asiatische Kulturkreis so viel Energie darauf verwendet, sich wieder aus dem System rauszunehmen, um eine ganz andere Wahrnehmung zu ermöglichen.

Z.B. Japan, wenn du da einen Meister hast. Dieser Meister hat eine sehr lange Erfahrung, meinetwegen töpfert er irgendwas, eine Teekanne. Und lässt sich sinnlich auf eine Auseinandersetzung mit sich selber und seiner Wahrnehmung ein und stellt sich dabei quasi immer wieder in Frage, um letztendlich zu einer Kunstform zu kommen, zu einer handwerklichen Perfektion, die sonst nicht möglich wär.

Hier bei uns beißt sich das damit, dass wir immer denken, dieses hierarchischen Denken, der der weiter hoch kommt, ist der bessere. Wenn ich in Asien guck, da ist es eigentlich eher Wurst auf welcher Stufe ich, sondern ich muss meinen Platz finden, damit ich meine maximale Wirksamkeit entfalten kann. Das hat ganz arg, damit zu tun, dass ich mich immer wieder rausnehmen kann und die haben da wirklich eine breite Kultur Zen oder Taoismus beschäftigt sich sehr damit. Buddhismus macht ähnliches und da hat man Bewusstsein dafür, was vor eine – wie soll man sagen – Verlockung Wahrnehmung darstellt, die einen auf den falschen Weg bringen kann. Und das haben wir alle.

Götz Müller: Auch mit steigender Erfahrung wird die Falle größer und unter Umständen auch tiefer.

Bernd Karlovits: Ja, weil es immer schwerer zu entdecken ist. Und Du guckst, so ein buddhistischer Mönch, wenn wenn der wirklich in Sphären kommt, wo seine Wahrnehmung sich gravierend ändert, dann hat er oft schon 80.000 Stunden auf dem Buckel, die der meditiert hat. Das heißt, der hat sich da sehr genau damit auseinandergesetzt und was auffällt, ist eine sehr große Demut dem Prozess gegenüber. Die hatte dabei entwickelt und das fehlt uns. Wir denken immer, oh ja hier Kognition, zack ich weiß, wie es geht, Urteil, aus die Maus. Und dann kippt so einen Veränderungsprozess vor allen Dingen in Teams weil die Anschlussfähigkeit des Einzelnen einfach korrumpiert wird. Die wollen aber sie können dann nicht mehr. Das ist, was ich oft erlebe.

Götz Müller: Jetzt hat natürlich Veränderung – Du hast so ein bisschen den kleinen Zeitfaktor reingebracht, zumindest hast du die 80.000 Stunden gerade genannt – eine Veränderung kann manchmal unheimlich lange dauern, manchmal geht's nicht schnell da gibt's diesen unsäglichen Spruch von den 21 Tagen – was ist deine Schlussfolgerung, warum dauern manche Dinge so lange, warum gehen manche Dinge ganz schnell. Unabhängig und stückweit zumindest von der Art dessen, was sich da verändern soll.

Bernd Karlovits: Ja, ich denke, es gibt ja Dinge, die lassen sich leichter verändern an einem selber hat man selber erfahren und manche Dinge die sind schwer. Und man fragt sich, warum eigentlich, das muss doch auch leichter gehen? Von der hirnorganischen Seite her gesehen, kann man sagen, dass die einfach in anderen Bereichen angesiedelt sind, dass die eine andere Dringlichkeit haben und z.b. so Sachen, die in Richtung Angst gehen, Schockerlebnisse, Vernachlässigung in der Kindheit, Missbrauch. Das ist einfach in ganz anderen Regionen eingegraben und das lässt sich nicht so mal hoppla hopp verändern. Wenn sich etwas schnell verändert, dann mal entweder eine weniger wichtige Geschichte oder es ist im Vorfeld schon ganz arg viel passiert und dir begegnet einfach jemand, der jetzt sich quasi nur den letzten Funken holt. Im Grunde stößt man da nur schon zusätzlich was an, was schon lief. Ich bin auch nicht der Meinung, dass ist möglich ist andere Systeme wirklich tiefgreifend zu beeinflussen oder gar zu steuern. Das ist Quatsch. Sondern ist es immer diese Kommunikation. Und im Grunde holen sich die Systeme das, was für sich funktioniert. Und was man ändern kann, ist eben die Rahmenbedingungen günstiger gestalten, damit das System größere oder mehr Handlungsfreiheit kriegt mehr, Optionen, mehr Wahlmöglichkeiten. Und es ist ein bissel Hybris, wenn man denkt, man würde da immer irgendwas machen können. Das sehe ich nicht.

Götz Müller: Ja ich hatte gerade so das Bild vor Augen und auch schon gehört – persönlich Erfahrung damit habe ich jetzt nicht – das Rauchen aufgeben heißt es immer wieder, es gibt Menschen, das ist offensichtlich, die probieren es immer wieder, funktioniert nicht und dann wird doch aber immer wieder für mich auch einigermaßen glaubhaft von Situationen berichtet, wo so mit einem Schnipp und es war jetzt wirklich die Letzte.

Bernd Karlovits: Genau, war bei mir auch so. Diesen Sommer werden es jetzt 11 Jahre. Am 24 September – werde ich nicht vergessen, ich merke mir alles mögliche nicht, aber das habe ich mir gesagt – und ich war ein sehr starker Raucher. Ich habe drei Bigpacks am Tag wegschnauft ohne was und habe, ich weiß nicht, Jahrzehnte lang versucht aufzuhören und immer wieder mit viel Willenskraft. So nach drei Wochen vier Wochen bin ich dann durchdreht und hab' wieder geraucht und im Grunde hat eine Begegnung – eigentlich zwei Begegnungen – haben meine Fokus verändert. Also auch da sind wir dann wieder im NLP, meinen Glaubenssatz, mir erstmal aufgefallen, dass ich glaubte dieses Rauchen würde mir irgendwas geben, nämlich Lebensqualität und so'n Zeug und Genuss, stimmte in keiner Weise. Und das andere war eine Begegnung mit einer jungen Frau, die beim von mir bei einer Gerichtsverhandlung, da habe ich jemanden hin begleitet, eine Zeugin und die war 17 oder so und hat mich immer angeschnort um Zigaretten und hat mir nichts ausgemacht. Ich habe ihr welche gegeben. Aber das war so ein blutjunges Mädel und kam dann immer so sehr dicht ran und atmete mich an und die stankt wie zehn nasse Aschenbecher aus ihrer Lunge. Und ich dachte, so ein junger, toller Körper ut sich das an und dann ist mir klar geworden, was ich mir eigentlich antue. Und dann hat's nimmer lang gedauert und auf einmal war es nicht mehr … es konnte mir nichts mehr geben. Also ich habe dann einfach aufgehört. Weil ich keine Lust mehr hatte, zur Tanke zu gehen, Fluppen zu holen und mich nerven zu lassen. Und der Witz war, ich habe dann aufgehört und nicht einmal irgendwie eine Sucht empfunden, sondern das ist einfach von mir abgefallen. Total verrückt, aber und deswegen da bin ich wieder dabei, das war intern ein sehr langer Prozess, wo ich gehadert habe, wo es in mir gearbeitet hat. Und das war nur der letzte Funken, wenn jetzt jemand kommt und sagt, ja Bernd mach's mal so und ich reagiere dann höre das Rauchen auf. Dann ist es häufig so, dass die Leute das auf ihre Leistung beziehen und das hat in meiner Wahrnehmung fast nie.

Das heißt nicht, dass wir nicht Einfluss nehmen können auf andere. Das schon, aber ich denke, da ist der springende Punkt, die Kommunikation und die Qualität der Kommunikation, die Qualität des Kontakts.

Götz Müller: Ja und was mir gerade auffällt, da denke ich auch immer wieder drüber nach und und führe Gespräche. Ich persönlich bin der Meinung ohne irgendeinen äußeren Anstoß kann es auch keine Veränderung geben. Und bei dir war das ja auch diese äußere Anstoß, die junge Frau, die du da erlebt hast.

Bernd Karlovits: Genau und der Punkt ist halt, wir sind – das nennt man Fließgleichgewicht, auf der einen Seite kommt was rein, dann wird's in der Mitte verstoffwechselt und dann auf der anderen Seite geht's raus – und Systemen geht's immer dann gut, wenn dieser Durchfluss vollkommen ungehindert ist, wenn der frei ist.

Wenn der vorne verengt ist, kannst du noch so einen tollen Stoffwechsel haben und noch so einen tolle Ausscheidung, du verhungerst. Bist du hinten verstopft, brauchst nur drei Tage Verstopfung haben dann geht's dir schon immer gut. Oder der Stoffwechsel klappt nicht, also quasi der Mechanismus, der die Energien raus zieht aus dem, was du dann durchsetzt, dann verhungerst du quasi intern.

Der entscheidende Faktor dabei ist, das ein System die Möglichkeit haben muss, diese Engstellungen immer wieder selber zu weiten und da sie wir oft vom Rahmen abhängig, also von dem was uns im Außen begegnet und dieses Reinnehmen, verstoffwechseln und ausscheiden, das findet nicht nur auf körperlicher Ebene statt, sondern auch mental, seelisch und es ist immer ein Austausch mit der Umwelt. Deswegen brauche ich Input von außen, damit bei mir was anstoßen wird. Aber es ist halt nicht ,so dass jemand gezielt sagen kann, so jetzt gebe ich dem das und dann passiert da drin das. Das funktioniert eben nicht.

Götz Müller: Jetzt möchte ich den Punkt noch etwas vertiefen, nämlich diesen Begleitungaspekt. Wie kann man also Menschen bei Veränderung, in der Veränderung begleiten?

Bernd Karlovits: Na ja, im Grunde ist es immer dasselbe. Es ist eine Binsenweisheit, Menschen, die eine coole, entspannte Kindheit hatten, die haben später auch sehr viel leichter. Menschen, die sehr schwer hatten, die haben etwas aufzuarbeiten, das ist dann oft nicht leicht. Und damit gerade die, den nicht ganz so leicht fällt aber es betrifft auch wirklich alle, da gibt es eigentlich keinen Unterschied bei den Menschen. Egal wie toll die Kindheit war, das wichtigste ist, sie wahrzunehmen und sie so anzunehmen, wie sie jetzt gerade sind. Der Punkt ist ja, wenn ich in Veränderung reinkomm, dann habe ich grundsätzlich immer eine Bedrohungslage, also Veränderung ist perse erstmal eine Bedrohung.

Wenn ich viel positive Erfahrung mit Veränderungen gemacht habe, dann kann ich auch eine grundsätzlich positive Einstellung dazu haben, das schon. Aber der erste Impuls, die erste Reaktionen im System ist erstmal Achtung. Und dann scheiden sich erstmal die Wege, dann gibt's die, die es etwas schwerer haben und die muss ich so annehmen, wie sie jetzt gerade sind. Das ist notwendig, damit die quasi über diese Bedrohungslage rauskommen können. Damit die sich angenommen, wahrgenommen, gesehen fühlen.

Und ich habe also auch sehr selbstbewusste Klienten, die sehr potent sind. Und wenn wir dann eine Weile arbeiten, stellt sich raus, na ja, da ist die Bedürfnislage ganz genau die gleiche. Da gibt's auch diese Unsicherheiten. Da gibt's auch diese Gefühle. Ich weiß jetzt nicht, wo das hinführt, ich fühl mich nicht gut. Die haben andere Werkzeuge entwickelt aber die Dynamik ist immer die gleiche dahinter. Und im Grunde wollen wir alle geliebt werden, weil es uns nicht so leicht fällt, uns selber zu lieben. Wenn jemand sich selber lieben kann, dann hat er wirklich Sechser im Lotto. Wenige können das tatsächlich.

Götz Müller: Jetzt noch mal ein Punkt. Du hast gesagt, Vergangenheit spielt auf eine Rolle. Aber die ist ja im Grunde nicht änderbar. Zeitmaschine und solche Spielereien haben wir noch nicht wirklich durchschaut, wie es funktioniert. Das heißt, ich packe da – zumindest habe ich so rausgehört, ich packe da jetzt einerseits was an, was ich nicht ändern kann und trotzdem ist es sinnvoll, dahin zu gucken, um Mechanismen, Reaktionen im Hier und Jetzt zu verstehen und dann vielleicht für die Zukunft zu verändern. Das möchte nur etwas vertiefen, wie man damit umgeht.

Bernd Karlovits: Also grundsätzlich ist alles veränderbar. Und wenn der Mensch sich an irgendwas anpasst und eine Situation, dann passt er ja nicht nur sein sein Verhalten an, sondern eben sein Nervensystem.
Denn das, was wir tun, schlägt sich unmittelbar nieder, in dem, wie unser Nervensystem gestaltet ist. Das ist ganz einfach lernen. Wir haben die Fähigkeit extrem gut und schnell zu lernen und zwar allm Menschen. Außer du hast wirklich organische Defizite oder solche Geschichten. Aber so der durchschnittliche Mensch ist extrem lernfähig. Und war bis ins höchste Alter. Diese Annahme, das Hirn hätte nur gewisse Zeitfenster, wo es lang kann, die stimmen so einfach nicht. Das heißt, es ist immer eine Anpassung aber wenn ich jetzt alte Strukturen habe, dann kann ich die nicht einfach durch eine neue ersetzen. So nach dem Mott,o ich möchte jetzt so haben und das alte streiche durch, weil das ich nicht. Weil das ist immer noch da. Ich muss quasi ein Gegengewicht aufbauen und das passiert über Wiederholung. Also wenn ich etwas sehr oft mache, dann hat das eine starke Verdrahtung als Niederschlag im Hirn. Oder wenn etwas emotional sehr intensiv ist, das hat diesen Hintergrund, unser Neokortex ist nicht in der Lage, so viel Informationen bewusst zu verarbeiten. Das Gesamtsystem nimmt extrem viel auf. Also jede Körperzelle nimmt ja was wahr und leitet es quasi ins Hirn weiter, über Nervenbahnen, Sensoren und schieß mich tot. Und das System nimmt es schon wahr, was da passiert so aber das ist nicht bewusst. Und es gibt Situationen, wo unser Neokortex mit der Realität im Außen nicht klar kommt und dafür gibt es das Gefühl, das ist wie eine Zip-Datei, wo quasi große Mengen an Informationen verpackt sind, die uns in der gewisse Handlung treiben. Gefühle ziehen uns immer irgendwohin, treiben uns Ihnen Verhalten rein und somit stellt quasi das Gesamtsystem via Zwischenschritt Gefühl sicher, dass wir doch eine Situation kommen, die wir kognitiv gar nicht überreißen können.

Das merken wir dann auch, wenn eine kritische Situation vorbei ist, dann dämmert uns oft erst hinterher, was da gerade passiert ist. So und deswegen, das ist der Grund, warum – im NLP spricht man davon, dass jemand sehr intensiv assoziiert ist mit etwas – das hat schnelle, tiefe Imprints im Hirn. Also eine hohe emotionale Ladung. Dann schlägt sich das deutlicher, in kurzer Zeit im Hirn nieder. Das heißt, wir haben einmal die Wiederholung, dann haben wir die Intensität der Gefühle und wir haben dann noch die Wiederholung mit intensiven Gefühlen.

Götz Müller: Und dieser dieser Aspekt es selber auch bewusst machen nur nur irgendwas unbewusst zu wiederholen. das sind Dinge, die ich irgendwo mal gelesen und gelernt habe, bewusstes Wiederholen macht auch noch mal einen weiteren Schritt nach oben.

Mir ging dann noch durch den Kopf, das mit der Vergangenheit. Ja, ich kann die Vergangenheit nicht ändern, was ich aber ändern kann, das ich meine Beurteilung, die ich heute über die Vergangenheit treffe.

Bernd Karlovits: Genau und dazu ist es notwendig, diese alternativen Pfade aufzubauen, weil die erlauben dir das eigentlich erst anders zu beurteilen. Aas ist ja auch der Grund, warum ein Mönch 80.000 Stunden da sitzt, weil er eine unserem Hirn quasi eingebrannte Grund Funktionsweise umprogrammiert und zwar doch Erfahrung. Der macht immer wieder die Erfahrung. Und es ist mühselig auf der Ebene, auf der erst macht, weil es so tief geht. Und genauso mühselig ist es, wenn du Dinge has,t die dich tief getroffen haben und die eben nicht einfach mal so mit ein paar Turnübungen aus der Welt zu schaffen sind. Und es ist wichtig, dass man es auch respektiert. Weil, wenn ich das nicht tu,e dann entsteht ganz schnell dieses Ding, ja du bist so. Das ist ein großes Thema. Viele Leute sagen, ich bin so und so und setzen ihr Verhalten mit ihrem Sein gleich und im Grunde konstruieren wir uns ja alle oder unser Sein generiert sich aus unseren Handlungen. Das sind uferlos viele Handlungen, Erlebnisse und unsere Reaktionen darauf.

Götz Müller: Oder diese Aussage, ich habe eine Depression. Ja wo denn, linke Tasche, rechte Tasche.

Ok, so zum Abschluss vielleicht ein Punkt, was wär aus deiner Sicht ein Tipp für jemand, der sagt, ,ja ich muss doch irgend eine Art von Veränderung durch, also das Bewusstsei,n dass sich da was verändern sollte, hat man manchmal schon vorher, bevor man es dann getan hat, der aber jetzt aus welchen Gründen auch immer vielleicht keinen Coach wie dich an der Seite hat, was können Menschen für sich selber tun. Wenn sie in der Veränderung drinstecken. Sei es gewollt, sei es ungewollt, sei es bewusst, sei es unbewusst. Wobei mit dem Unbewussten wird sicher schwierig.

Bernd Karlovits: Na ja, ich denke, also ich weise gern drauf hin und das hilft oft, nicht immer aber oft. Wenn jemand eine Bewegung nicht mitmachen kann, ich nehme was wahr, spiegele dea ihm rüber, könnte man nicht dieses oder jenes und merkt, das geht nicht. Dann spreche ich jetzt an und weise daraufhin, sie können sich innerlich offensichtlich noch kein Go geben und jeder Mensch, den ich kenne, mit dem ich gearbeitet habe, kennt Situationen aus dem eigenen Leben, wo er sich ein Go geben konnte und zwar hat es ganz bewusst wahrgenommen und auf einmal wurde es leicht wird. Das kennt jeder, mit irgendeiner Situation und darüber kann ich oft andocken. Und dann sage ich, wenn das so ist, wenn es offensichtlich so ist, dass sie sich das Go nicht geben können, dann gibt's jetzt gerade noch sehr gute Gründe, warum das nicht sein soll. Also da ist dann irgendetwas noch nicht zufrieden, noch nicht bearbeitet, hat noch nicht das gekriegt, was es braucht, um dieses Go zu erteilen. Und dann weise ich darauf hin, dass es sehr sehr wichtig ist sich in dem Punkt selber treu zu bleiben und darauf zu vertrauen, dass der eigene Autopilot ganz genau weiß, was er macht und Ausschau halten nach Rahmenbedingungen. Bewusst wahrnehmen, welche Rahmenbedingungen machen mich keiner, welche machen mich größer und in kleinen Schritten einfach gucken, dass ich meinen Raum zum Atmen ausdehne. Und das mache ich oft die Erfahrung, dass die dann anfangen aufzumachen, um zu arbeiten, weil sie über dieses sich nicht Go geben können, das kennen sie und sagen, ja stimmt. Und dann kommen die mit Dingen, die vorher so nicht ansprechbar waren.

Götz Müller: Ja, das stand der erste sprichwörtliche Schritt neben sich, um eben Dinge zu sehen, die man vorher von der Position aus, vorher nicht gesehen.

Bernd Karlovits: Jeder macht es in seinem Rhythmus mit seiner Methode und es ist genau das Richtige, nichts anderes ist richtig.

Götz Müller: Und jeder in seiner Geschwindigkeit eben.

Bernd Karlovits: Genau und hat sehr viel mit Respekt zu tun. Das ist klar sowieso der Dreh- und Angelpunkt von dem Ganzen.

Götz Müller: Das war jetzt ein prima Schlusswort. Ich denke, der Respekt für die Menschen, auch für sich selber, ist im Grunde die wichtigste Sache, weil ich glaube, ganz spontan, das ist auch ein Punkt, der uns eben von Tieren unterscheidet.

Bernd, Ich danke dir für deine Zeit, ich guck mal auf die Uhr, knapp 35 Minuten. Da waren spannende Elemente drin. Ich könnte mir vorstellen, dass der ein oder andere Zuhörer in ganz unterschiedlichen Veränderungssituation sich wieder gesehen hat und vielleicht noch den ein oder anderen Tipp bekommen hat, wie man damit noch umgehen kann.

Bernd Karlovits: Das würde mich freuen. Es hat mir Spaß gemacht, ich habe das noch nie gemacht, aber es macht Spaß. Vielen Dank, Götz, bis dahin.

Das war die heutige Episode im Gespräch mit Bernd Karlowitz über Veränderungsprozesse. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 081. Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei iTunes.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse.
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder zu lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

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