14. März 2011

Winterschlaf offiziell beendet

Waren das heute wirklich stolze 18 Grad (PLUS!) in Berlin?
Kaum zu glauben...
Aber kein Zweifel, der Frühling hält endlich Einzug und damit gilt es auch den Winterschlaf zu beenden, den Kameraakku zu laden und endlich einige Projekte umzusetzen.
Fünf Tage Urlaub liefern die Chance zu "Ruinenkriechen im März" und die entsprechende Literatur liefert die Vorlage.
Apropos Literatur: ein paar Einträge für die Rubrik "Erlesenens" stehen auch noch aus...
Da folgen ergo einige Einträge in Kürze...
Gute Nacht da draußen - was immer Du sein magst!  ^''^

3. Oktober 2010

Neues Layout

Es ist geschafft; das neue Layout ist fertig und der Blog sollte dem geneigten Leser nun keinen Augenkrebs mehr verschaffen... ;o)
Ich wische nun Blut, Schweiß und Tränen beiseite und konzentriere mich auf die ersten Bilder mit dem neuen IR-Filter (Simon Marsden lässt grüßen), die sicher einen neuen Blogeintrag wert sind.

Gute Nacht da draußen - was immer Du sein magst!  ^''^

24. September 2010

Stauffenbergs Grab (angeblich) entdeckt

inmitten des Waldes

Manchmal überrascht die Geschichte mit deutlicher Verzögerung.
Ich liebe den Südwestkirchhof Stahnsdorf. Schon diverse Male war ich dort und bin über das riesige Areal gewandert, vorbei an alten, teilweise überwucherten Gräbern. Die Liste der dort bestatteten Personen liest sich wie das who's who des Berlins des frühen 20. Jahrhunderts. Bisher ist es mir nicht gelungen, alle interessanten Gräber aufzuspüren, zu unübersichtlich ist das Gelände.
Auf einem Stadtplan entdeckte ich ganz in der Nähe einen weiteren Friedhof, der zumindest vom Namen her ähnlich vielversprechend klang: Der Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde. Er wurde im gleichen Jahr angelegt, wie das Stahnsdorfer Pandon, konnte es mit diesem jedoch niemals aufnehmen, obwohl der Friedhof laut Wikipedia "heute zu einem den schönsten Berlins zählt".
Ende März war ich dort. Wie Wikipedia zu diesem hochtrabenden Lob kommt, ist mir ein Rätsel. Vermutlich war der Verfasser der Beschreibung nie persönlich da. Schönheit sieht wahrlich anders aus.
Wer sich für Grabarchitektur interessiert, wird fürchterlich enttäuscht. Auf dem vorderen Friedhofsteil befinden sich die neuen Gräber, die - wie für Deutschland typisch - völlig fantasielos und einheitlich daherkommen: ein langweiliger Grabstein mit nichtssagender Inschrift, etwas Efeu, bestenfalls Geranien. Dahinter liegt der alte Friedhofsteil. Eine Kapelle (ebenfalls nicht als architektonisches Kleinod zu bezeichnen) und das einzige Mausoleum.
Der Südwestkirchhof Stahnsdorf konnte sich bis zum Mauerbau prächtig entwickeln. Immerhin hielt die eigens errichtete Friedhofsbahn fast direkt vor dem Haupteingang. Der Wilmersdorfer Waldfriedhof liegt hingegen fernab vom Schuss, wer ihn erreichen will, muss entweder gut zu Fuß sein oder ein geeignetes Transportmittel zur Verfügung haben (was in früheren Zeiten wohl kaum auf den Großteil der Bürger zutraf).
Nach dem Bau der Berliner Mauer war die Pflege der Gräber für Westberliner nur erschwert möglich.
Die Natur hat sich den alten Friedhofsteil längst zurück erobert. Nur hat sie hier richtig gute Arbeit geleistet. Während Wildwuchs und Verfall auf anderen Friedhöfen, wie dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof, dem Jüdischen Friedhof Weißensee oder den Friedhöfen am Friedrichshain eine wunderschöne Symbiose eingehen, herrscht in Güterfelde blanke Zerstörung. Inmitten des Waldes, wie es scheint, lassen sich Grabsteinfragmente und verwitterte Kreuzreste ausmachen. Allerdings völlig unspektakulär. Einzig interessant erschien mir der Obelisk auf dem Sowjetischen Ehrenfriedhof.
Im August erhielt ich eine E-Mail von der Mitarbeiterin eines schwedischen Geschichtsmagazins, die wissen wollte, ob ich die Bilder auf dem Güterfelder Friedhof oder im angrenzenden Wald aufgenommen hatte. Sie begründete ihre Anfrage mit dem Hinweis, dass das Grab Stauffenbergs in besagtem Wald vermutet werde. Während unserer Korrespondenz schickte sie mir den Link zu einem Artikel der Daily Mail.
Nun ja... Daily Mail zählt zu den middle-market newspaper, auch wenn der Artikel eher an die Berichterstattung der gutter press erinnern mag. Die Behauptung, dass Stauffenberg hierzulande als Held verehrt wird, ist doch reichlich übertrieben. Und dass die Mitverschwörer (nicht Tausende sondern etwa 200) mittels Klaviersaiten erhängt wurden, stimmt so auch nicht.
Im September erschien ein Artikel in dem Schwedischen Geschichtsmagazin Allt om Historia. Der Artikel äußert sich ähnlich, wie der Beitrag der Daily Mail, unterlässt jedoch die falschen Ausschmückungen.
Eine Suche über Google brachte mich auf zwei Artikel der Märkischen Allgemeinen (Artikel 1, Artikel 2), die sich schon ganz anders lesen.
Alles also eine bloße Zeitungsente?
Gut vorstellbar, dass SS-Schergen in Güterfelde nach besagter Grabstelle für zehn bis zwölf Personen gefragt haben. Aber: von Stauffenberg, von Haeften, von Quirnheim, Beck und Olbricht sind laut meiner Mathematik fünft Personen, wozu sollten diese in einem so großen Grab beigesetzt werden? Wäre es nicht durchaus denkbar, dass dieses Gemeinschaftsgrab für weitere Personen gedacht war, die nach dem Umsturzversuch ermordet wurden? Vielleicht gab es sogar Überlegungen oder Pläne, weitere Personen standrechtlich zu erschießen, ehe die Naziführung auf die Idee kam, die Mitverschwörer (oder als solche bezeichnete) wesentlich perfider vom Leben zum Tode zu befördern.
Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass die Hauptverschwörer nach der Exhumierung ihrer Körper in Güterfelde beigesetzt worden. Hitler wurde bereits um die Rache an den lebenden "Verrätern" gebracht.
Wer sich mit den Biografien der Mitverschwörer (z.B. auf den Seiten der GDW) befasst, dem kann eigentlich nur speiübel werden. Zu grausam sind die Details ihrer Hinrichtung. Hängen hieß hier nicht Genickbruch durch long drop, sondern qualvolles Ersticken. Während des langsamen Todeskampfes liefen die Kameras, um das Sterben, wie auch die Demütigungen, die die Delinquenten bis zum letzten Augenblick zu erdulden hatten, peinlich genau zu dokumentieren.
Anderes Beispiel: Henning von Tresckow. Dieser hatte in weiser Voraussicht den Freitod gewählt, ehe die Nazis seine Mitwirkung am Umsturzversuch begriffen. Als der Groschen fiel, wurde sein Leichnam exhumiert, vom Gut Warteberg nach Sachsenhausen verbracht und verbrannt.
Und ausgerechnet Stauffenberg sollte ein halbwegs anständiges, wenn auch geheimes Grab erhalten haben?
Das ist nicht nur fragwürdig, sondern haltlos.

Gute Nacht da draußen - was immer Du sein magst!  ^''^

23. September 2010

Fontane-Apotheke

Der Zauber steckt immer im Detail.
Theodor Fontane

Fontanes Apotheke / Fontane's pharmacy

Es soll dort spuken, im alten Bethanien. Sarah Khan widmet Bethanien ein ganzes Kapitel in Die Gespenster von Berlin (siehe hier).
Friedlich und pittoresk wirkt das alte Diakonissenkrankenhaus. Eine kleine Eisdiele, ein Restaurant, ein paar Ateliers und inzwischen auch einige Firmen befinden sich dort, wo bis vor wenigen Jahren noch Künstler das Haus besetzt hielten und ehedem Kranke gepflegt wurden.
In der äußerstersten Ecke des Ostflügels befindet sich die Fontane-Apotheke. Hier arbeitete der Schriftsteller, Poet und Wanderer Theodor Fontane in den Revolutionsjahren 1848/1849 und bildete Diakonissen im Beruf des Apothekers aus. Über seine Zeit in Bethanien hat Fontane in der Autobiografie Von Zwanzig bis Dreißig geschrieben (und dabei auch seine kleine Geisterbegegnung in Bethanien wiedergegeben).
Die Apotheke sieht ganz so aus als hätte sie die Zeit, in der Fontane hier tätig war, überdauert. Die Regale und Medizinschränke sind voll mit Fläschchen, auf deren Etiketten in altdeutscher Handschrift der Inhalt vermerkt ist.
Leider kam ich ein paar Minuten zu spät zu der Geschichtsexkursion, auf die eine Mitarbeiterin der Kreuzberg-Museums die interessierten Besucher mitnahm. Mein Aufenthaltsort während ihrer sehr interessanten Ausführungen war denkbar unbequem. Mit (noch vom Vortag) müden Füßen, bepackt mit Tasche, Kameratasche und Stativ, lehnte ich unterhalb des Fensters an der Heizung. Zu gerne hätte ich mein Gepäck beiseite gelegt, mich im Schneidersitz auf den Boden gesetzt und die Museumsmitarbeiterin wie früher die Märchen erzählende Kindergärtnerin gespannt angeblickt.
Die Reise durch die Geschichte begann bei der Errichtung Bethaniens zwischen 1845 und 1847. Es wurde von der ersten Oberin berichtet, der selbstbewussten Marianne von Rantzau. Von dem Kampf um Anerkennung als Krankenpflegeanstalt bei den skeptischen Berlinern, welche die Betschwestern nicht für voll nahmen. Erschwerend für die Entwicklung Bethaniens und den Leumund der Diakonissen waren nicht wenige Todesfälle. Die Schwestern pflegten benutztes Verbandmaterial im Luisenstädtischen Kanal zu waschen. Als daraufhin die ersten Todesfälle in Bethanien zu beklagen waren, wurden die Verbände noch gründlicher ausgewaschen, ehe sie den Patienten auf die Wunden gelegt wurden. Das Ergebnis war fatal.
Es wurde von Fontane und seiner Ausbildung der Diakonissen zu Apothekerinnen erzählt und dabei auch die Anekdote von Fontanes Geburtstagsbesäufnis wiedergegeben (die schließlich in der Geistersichtung endete).
Die Geschichtsreise ging weiter und erzählte von der Zeit des Nationalsozialismus. Von dem Pfarrer mit jüdischen Vorfahren, der in letzter Minute seiner Deportation entging und nach England entfloh. Von mutigen Diakonissen, die jüdischen Bürgern das Leben retteten, in dem sie sie wie jeden anderen Patienten auch ins Krankenbett legten. Jude oder Christ - in Bethanien galten alle nur als Patienten.
Bethanien schloss 1970. Kein Jahr später kamen die Hausbesetzer. Das ehemalige Diakonissen-Wohnhaus Martha-Maria wurde ihr Domizil und erhielt den Namen Georg-von-Rauch-Haus. Die Museumsmitarbeiterin schilderte sehr nachvollziehbar, wie damals politisch interessierte Studenten überlegten, ob sie in den Untergrund gehen sollten oder nicht. Bethanien nunmehr das Tor zu terroristischen Strukturen à la RAF? Nun ja, Hausbesetzer, Aktivisten, Kommunarden, Stadt-Guerillas - Teufel ist tot und die anderen wirken auch nicht mehr taufrisch.
In der Gegenwart beschäftigt Bethanien anderweitig. Neue Nutzungskonzepte, Privatisierung, Bürgerbegehren, die kurzzeitige Unterbringung (oder gar Besetzung?) einiger Romas. Bethanien schreibt noch immer Geschichte.
Ein Geist wollte sich mir übrigens nicht zeigen. Es sei denn, der Mann, der reichlich unkoordiniert über die Flure schlich, war gar kein Künstler, der zu viel Lack eingeatmet oder schlichtweg ordentlich gekifft hatte, sondern etwas ganz anderes...
Gute Nacht da draußen - was immer Du sein magst!  ^''^

22. September 2010

Luftschutzstollenmusteranlage

Rost / Rust
Tag 2 des offenen Denkmals.
Wäre das Erkunden des Berliner Untergrunds nur mit Abenteuerlust und Geschichtsinteresse verbunden, könnte ich mir eine ehrenamtliche Mitarbeit beim Verein Berliner Unterwelten e.V. durchaus vorstellen. Doch leider vermiesen so einige Dinge die ich so rein gar nicht mag (wie z.B. Spinnen, Gestank, enge Räume) den Spaß. Pech für mich. Aber dafür bieten die Berliner Unterweltler ja dann und wann Führungen an Orte an, die ziemlich aufgeräumt wirken.
Wie kaum eine andere Ecke Berlins umgibt die Kreuzberger Friesenstraße eine Aura von Preußentum und Militarismus. Beim Betrachten der Ziegelsteinfassaden der alten Kasernengebäude drängt sich der Gedanke auf: wenn diese Mauern sprechen könnten.
1895 begann die Errichtung der Anlagen für das Garde-Kürassier-Regiment und das Kaiserin-Augusta-Garde-Grenadier-Regiment. Bis zum heutigen Tage zeugen viele Spuren von dieser preußischen Militäreinrichtung.
Seit den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist die Polizei in der alten Kaserne untergebracht. Nach der Machtübergreifung der Nationalsozialisten annektierten die Reichsanstalt für Luftschutz, die Reichsluftschutzschule und die Luftpolizeischule  die Anlage. Die alte Militärarrestanstalt auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Columbiadamms erlangte traurige Berühmtheit als (wildes) KZ Columbiahaus.
Nach dem Krieg kamen die amerikanischen Alliierten, übergaben die alte Kaserne aber alsbald zurück an die Polizei. Heute hat die Direktion 5 in der Friesenstraße ihren Standort.
Zwischen 1936 und 1938 wurde von acht Firmen im Kasernenhof  der Luftschutzmusterstollen errichtet. Acht hintereinander liegende Stollen unterschiedlicher Bauart hatten das Ziel, Kommunalvertretern, Firmeninhabern, aber auch (entsprechend gut betuchten) Privatpersonen scheinbare Sicherheit zu verhökern.
Seit Kriegsende dienten die Stollen der Polizei als Schießstand und Lagerräume, ehe sie in Vergessenheit gerieten.
Im Jahre 2000 wurden die Stollen wiederentdeckt und werden seither von dem Verein Berliner Unterwelten e.V. betreut.
Kühl ist es dort unten und die Luft ist feucht. Doch es fehlen die muffigen Gerüche und das klaustrophobische Gefühl, obwohl wesentlich mehr Personen als ursprünglich angemeldet zur Führung in den Untergrund gingen.
Beeindruckend fand ich die Dokumentation mittels Bildmaterial. Auf einer Fotografie war dargestellt, wie sich die Machthaber denn ihr Sicherheitskonzept vorgestellt hatten: akkurat in Reih und Glied saßen sie da, die Muttis mit ihrer herrenvölkischen Nachzucht, Gepäck und Kinderwagen ordentlich zusammengestellt, die Gesichter entspannt und zu einem Lächeln verzogen. Ein eindeutiges Indiz, dass dieses Foto gestellt war; beim echten Bombenalarm war es mit dem blöden Grinsen vorbei, herrschte die nackte Angst.
Wie sinnlos die Errichtung der meisten vorgestellten Anlagen war, verdeutlicht die Tatsache, dass diese Luftschutzräume Typ Serienanfertigung nur wenige Zentimeter unter der Erde verbuddelt wurden.
Trotzdem blieb bei mir die Frage, wie sich das angefühlt haben muss, in einem solchen Luftschutzstollen während der Bombardierung Berlins. Zitterte die Erde, wie viel war von der Bombardierung zu hören? Unwissenheit ist manchmal ein Segen.
Ein Gefühl der Sicherheit erweckten diese Stollen - egal welchen Bautyps - sicher nicht.
LS-Stollen

Gute Nacht da draußen - was immer Du sein magst!  ^''^