Game Changers., Generation Y.

THÄ NIU SKUHL

Mänsch, hätte mir mal einer so etwas während der Schulzeit gesagt – ich hätte vielleicht wirklich etwas fürs Leben gelernt. Aber nein, bei mir standen Physik, Chemie, Kunst und gefühlte tausend andere Fächer auf dem Stundenplan, die so gar nichts mehr mit meinem heutigen Leben zu tun haben. Eine Berliner Privatschule hat sich nun „Lern doch, was du willst“ groß auf die hauseigene Fahne geschrieben. Klingt gut, soll aber wohl sehr anstrengend sein – sagen die Prollkinder. Wen wundert’s…

Mach doch was du willst

Die neue Schule in Berlin hat es mit dem Namen auch hier sehr kreativ gehalten und bezeichnet sich seit der Gründung vor einigen Monaten nun als „New School“. Während die Noten, Klassen sowie auch Fachstunden mal eben locker über Bord geworfen wurden, hält auch die neue Schule an einem Rahmenlehrplan fest. Müssen sie wahrscheinlich auch, denn sonst wäre es ja keine anerkannte Ersatzschule geworden. Statt einer Klasse existieren also sogenannte Projektgruppen, die anstelle eines Lehrers von einem Coach/Mentor unterstützt werden. Statt Noten können die Eltern mithilfe einer speziellen App über die Kompetenzentwicklung ihrer Kinder auf dem Laufenden gehalten werden. Ich hoffe, dass dieses System angenommen wird und die wohlhabenden und Outcome-orientierten Eltern nicht das Kompetenzprofil von Jean-Luc-Wilhelm mit dem von Amelie-Apple-Ivy vergleichen und feststellen, dass JLW zwei Kompetenzpfeile mehr in Geduld hat als AAI. Wie prügelt man eigentlich Geduld ein?

 

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Hipstercharme in umgebauten Industriehallen

Die umgebaute Industriehalle direkt am Spreeufer in Charlottenburg nimmt pro Jahr 10 bis 12 Schülerinnen und Schüler auf. Die kleinen Gruppen sollen eine optimale Lernumgebung ermöglichen. Eine gewisse Freiheit im Lernen zu haben, kann eine unheimliche Kreativität hervorrufen, wer es jedoch nicht gelernt hat, ist schlichtweg einfach überfordert. Die Schule hat hier ihre eigene Zeitwährung. Pro verbrachtem Jahr an einer normalen Schule benötigen die Schüler einen Monat mehr, um sich an der neuen Schulform mit der Freiheit abzufinden oder besser anzufreunden. Anders als bei anderen Schulformen – so mag ich mal behaupten – stehen hier nicht die Defizite im Vordergrund, sondern die Stärken. Klingt eigentlich schön.

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Talent meets Rahmenlehrplan

Damit auch alles mit dem Rahmenlehrplan hinhaut, müssen die Betreuer die Wünsche der jungen Talents in Lernsprache übersetzen. So wird schnell mal jedes Projekt bis in das kleinste Detail auseinandergenommen. Der SPIEGEL schrieb hierzu neulich einen Artikel und fügte als Beispiel das Projekt Henna-Haarfarbe an: „Im Projekt Henna-Haarfarbe steckt demnach 35 Prozent Chemie (Gemische, Trennverfahren, Pigmente), 30 Prozent Kunst (Malen, Zeichnen, Schablonen), 20 Prozent Biologie (Haut, Pflanzen), 10 Prozent Deutsch (Dokumentation, Präsentation) und 5 Prozent Physik (Farben, Licht).“ (SPIEGEL ONLINE 25.03.2016) Wo das Wissen der Experten nicht mehr ausreicht, werden externe Profis dazu geholt. Auf Honorarbasis natürlich.

Money Money Money

Der Spaß kostet übrigens auch seinen Preis – wobei dieser mit 10 % des Bruttogehalts der Eltern sehr unterschiedlich ausfallen kann. Klingt jetzt erstmal viel, aber wenn im Jahresgehalt nicht mehr als 30.000 Euro rumkommen, beläuft sich der monatliche Beitrag auch „nur“ auf 100 Euro. Damit ist die New School sogar noch verhältnismäßig günstig. Gefördert wird die Schule zudem von dem Berliner Start-up-Campus The Factory, welcher wiederum von Google bezuschusst wird. Aufgenommen werden übrigens nur „Talents“ (man ersetze für das A ein langes Ä). Es ist der Schule also auch wichtig, dass das Kind ähm Talent einen kreativen Kopf hat und zur Schule passt.

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S.H.I.T. vs. New School

Das alles erinnert mich doch sehr an einen Film von 2006 mit Justin Long in der Hauptrolle. Nach unendlich vielen gescheiterten Bewerbungen an Colleges beschließt Bartleby Gaines zusammen mit seinen Freunden Handy, Rory, Glen und dem seltsamen Sherman ein fiktives College zu gründen. Schnell wird eine Internetseite gegründet und ein Aufnahmeschreiben erstellt. Die Eltern sind glücklich und die Jungs stehen nicht als Loser vor ihren Freunden da. Damit es noch ein bisschen realer wirkt, pachten sie für das sogenannte South Harmon Institute of Technology (kurz: S.H.I.T.) eine alte Psychiatrie. Die sehr real wirkende Website sorgt jedoch dafür, dass sich immer mehr Menschen anmelden und die Jungs sich letztendlich gezwungen fühlen, in einer sehr freiwilligen und eigenwilligen Art den Collegebetrieb aufzunehmen. Was dabei an Rahmenlehrplan rumkommt, erinnert sehr an die New School. Festgehalten auf einer riesigen Wand konnten alle kreativen Ideen und Wünsche geäußert werden. Einige kreative Köpfe bieten ihre Kenntnisse als Kurs an, andere schrieben sich direkt darunter ein. Eine Lernplattform, auf welche jeder alles lernen könnte, unter dem Vorbehalt, dass es zeitlich passt. Um an der New School übrigens als „Coach“ anzufangen, geht es genau darum, die eigenen Fähigkeiten und Interessen festzuhalten. Wer sich bewerben möchte, kann sein Glück gerne hier probieren.

Lernen New School

Heute mal etwas gelernt..

Ich weiß ja nicht, wie es euch „damals“ erging, aber in meiner Pubertät gingen mir diese „Du musst“-Befehle ja sowas von auf den Keks. Schule war doof, lernen aber eigentlich nicht – sofern es nicht für den Feind (die Schule) war. Wenn ich die Chance gehabt hätte, nur das zu lernen, was mich interessiert, weiß ich jedoch ehrlich gesagt nicht, was ich gelernt hätte und wie ich meine Hochschulzugangsberechtigung bekommen hätte. Der Grundgedanke, einfach das zu lernen, was einen interessiert, begleitet mich seit dem S.H.I.T.-Film jedoch verstärkt. Ich begrüße eine ähnliche Schulform wie die dortige sehr. Wenngleich wir uns heute alles via Internet aneignen können, so kommen doch die besten Erkenntnisse im Dialog mit anders- oder ähnlichdenkenden Menschen. Vielleicht sollte sich einfach jede Schulform eine kleine Ecke der New School abschneiden und verinnerlichen. Vielleicht sollte es auch lockere Rahmenlehrpläne geben. Was meinst du dazu? Wie war deine Schulzeit? Was hättest du geändert?

 

 

Quellen:

Bild 1: www.pexels.com | unsplash.com / CC0-Lizenz

Bild 2: www.pexels.com | splitshire.com / CC0-Lizenz

Bild 3: www.pexels.com | skitterphoto.com / CC0-Lizenz

Bild 4: www.pexels.com | startupstockphotos.com / C0-Lizenz

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