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Streit um das Arbeitszeugnis
27
Apr
2017

Wenn das Arbeitszeugnis reine Provokation ist (#Urteil)

Justitia hinter Gittern

Autorin: Claudia Kilian

Stellt der Arbeitgeber kein Arbeitszeugnis aus, riskiert er die Festsetzung von Zwangsgeld oder Zwangshaft. Das gilt aber auch, wenn ein Zeugnis formell und inhaltlich nicht in Ordnung ist. 

Manchmal endet ein Arbeitsverhältnis einfach im Streit. Dennoch will man ja als Arbeitnehmer noch ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis haben. Oftmals wird das in einem gerichtlichen Vergleich mit ausgehandelt. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, kann man ein Zwangsvollstreckungsverfahren einleiten. Ein aktueller Fall vor dem LAG Köln zeigt gut, dass manche Arbeitgeber darauf etwas unrühmlich reagieren.

Auch hier hatte der Arbeitgeber einer ehemaligen Mitarbeiterin per Vergleich ein „wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis“ zugesichert, dieses jedoch nicht ausgestellt. Das Arbeitsgericht legte gegen ihn auf Antrag der Arbeitnehmerin ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro und ersatzweise Zwangshaft fest. Der Arbeitgeber legte Beschwerde ein, angeblich sei das Zeugnis nicht zustellbar gewesen.

Androhung von Zwangsgeld zeigte Wirkung

Die Androhung von Zwangsgeld und Zwangshaft hat offenbar etwas gebracht. Während des Beschwerdeverfahrens erhielt die ehemalige Mitarbeiterin ein Arbeitszeugnis. Sowohl inhaltlich als auch formell ließ dies jedoch zu wünschen übrig. Doch sehen Sie selbst:

„Aktenzeichen 7 Ca 2005/16 oder 413/15T der Kanzlei L
Zeugnis
Fr. N H war bei uns als Gebäudereinigungskraft, speziell im Objekt A Arkaden, eingesetzt. Geschlechter bezogen war Frau H sehr beliebt. Ihre Aufgaben hat Frau H nach Anweisungen sehr bemüht erledigt. Die Anstrengungen Ihrer Tätigkeit hat Fr. H sehr regelmäßig mit Schöpferpausen bedacht und Ihre Arbeitszeiten nach Ihren Anforderungen ausgeführt.

Wir wünschen Fr. H für die Zukunft alles Gute.“

Arbeitszeugnis reine Provokation

Nicht nur, dass sich ein Aktenzeichen und der Hinweis auf eine Rechtsanwaltskanzlei in einem Zeugnis verbieten, das ganze Arbeitszeugnis ist eine reine Provokation. Dies empfanden auch die Richter des Arbeitsgerichtes so. Der Fall wurde zur endgültigen Entscheidung dem Landesarbeitsgericht Köln vorgelegt. Die Richter wiesen die Beschwerde des Arbeitgebers zurück. Der Festlegung des Zwangsgeld sei rechtmäßig gewesen, da der Arbeitgeber seiner Pflicht, ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen, nicht nachgekommen sei.

Polemisches Zeugnis erfüllt nicht den Zeugnisanspruch

Ein derart polemisch verfasstes Arbeitszeugnis, das in einem grob unsachlichen und ironischen Stil verfasst sei, erfülle nicht die Mindestanforderungen an ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Würde die Mitarbeiterin das Zeugnis in einem Bewerbungsverfahren vorlegen, würde sie sich lächerlich machen. So sei sie in der gleichen Situation, als wenn sie kein Zeugnis vorlegen könnte. Allein die Überschrift, der Name und die Tätigkeitsbeschreibung der Mitarbeiterin hätten nichts mit einem wohlwollenden Arbeitszeugnis gemein. Darüber hinaus diskreditierten die verwendeten Formulierungen – wie etwa der Hinweis auf die Schöpferpausen – die Arbeitnehmerin und verletzten sie in ihrem Persönlichkeitsrecht. Die zahlreichen Rechtschreibfehler im Arbeitszeugnis tun ihr Übriges.

LAG Köln, Beschluss vom 14.02.2017, Az.:12 Ta 17/17


Und wie können wir Sie unterstützen?

Was macht ein „gutes Zeugnis“ aus? Allein das „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ ist es nicht, das steht steht schon einmal fest. Wenn Sie Bedenken haben, ob Ihr Arbeitszeugnis tatsächlich so gut ist, wie es sich anhört, dann lassen Sie es überprüfen. Wir machen für Sie den Zeugnis-Check. Bei Bedarf können Sie uns auch mit einer Zeugnis-Überarbeitung oder einer Zeugnis-Erstellung beauftragen.

Bildquelle: icedmocha/Fotolia

Autorin: Claudia Kilian
Zeugnis-Expertin, Volljuristin, Fachbuchautorin mehrerer Bücher über Arbeitszeugnisse, langjährige Lektorin.
Seit 2008 der Kopf hinter „Mein-Arbeitzeugnis.com“

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