Happy Single – stimmt das?

Happy Single

Der Kongress von Kara mit ihrem Thema Happy Single hat mich mal wieder auf die Ambivalenz, die in diesem Thema steckt aufmerksam gemacht. 

Viele Frauen (und ein paar Männer) in meinem Freundeskreis sind schon seit Jahren ein mehr oder weniger Happy Single, denn sie genießen ihr Leben wirklich in vollen Zügen. Sie sind mittlerweile finanziell unabhängig und haben auch emotional dafür gesorgt, dass sie gut versorgt sind. Das bedeutet meistens, dass sie sehr gute Freunde und Freundinnen haben, mit denen sie über alles reden können und gemeinsam ihre Freizeit gestalten.

Wenn ich dann aber doch mal genauer nachfrage ist das Bedürfnis nach der besonderen Nähe einer Partnerschaft immer noch vorhanden. Sie trauen sich einerseits diesen Wunsch kaum laut auszusprechen und andererseits sind sie sich selbst nicht sicher, ob sie sich wirklich noch einmal auf einen Partner einlassen wollen. Das Leben ist schön so wie es ist und sie fühlen sich meistens sehr wohl.

Mit diesem Anliegen kam erst letzte Woche eine sehr attraktive Frau mittleren Alters ins Aufstellungsseminar. Sie war eindeutig ambivalent in ihrem Bedürfnis nach einer Partnerschaft.

Genauso ist es auch oft in meinen Skype Beratungen, viele Frauen kommen zu mir, weil sie schon sehr lange Single sind. Außerdem erleben sie mit den meisten Männern, die sie kennen lernen immer wieder emotionale Katastrophen oder die Männer sind heimlich vergeben. Diese Frauen wollen dann endlich wissen, was dahinter steckt! Es kann doch nicht normal sein, dass sie sich als Single glücklich und wohl fühlen und dass sie sich trotzdem nach einem Partner sehnen?!

Sie taucht immer wieder auf, diese Sehnsucht nach Zweisamkeit. Hinzu kommt der leise Verdacht, dass sie selbst dafür sorgen, dass sie immer die „falschen“ Männer kennen lernen. Aber sie wollen auf keinen Fall schon wieder verletzt werden. Wer geht freiwillig eine Beziehung ein, wenn klar ist, dass es irgendwann wieder sehr weh tut?!

Diese Ambivalenz ist weit verbreitet und sie findet sich bei Männern genauso wie bei Frauen, nur meistens sind es die Frauen, die dann zu mir kommen und heraus finden wollen, woher diese Ambivalenz kommt.

Wir schauen dann zuerst auf das Herkunftssystem und häufig finden wir dort schon sehr vielfältige Ursachen, warum das Thema Partnerschaft belastet ist.

  • erlebte Gewalt und Traumatisierung im System (egal wer oder wann)
  • frühe Verluste von Familienmitgliedern
  • Ausgrenzung und Verleugnung einzelner Menschen, die zum System gehören

Mit Hilfe einer Aufstellung werden all diese möglichen systemischen Verstrickungen und Verletzungen sichtbar. Im besten Falle kann dadurch etwas heilen und sogar zurück gelassen werden. Dadurch kommt endlich das eigene Leben in den Blick und ein beherzter Schritt in diese Richtung wird möglich. Das heißt jedoch nicht, dass sich das Beziehungsglück jetzt sofort und problemlos einstellt.

Meist stelle ich dann noch den Traumpartner oder sogar den männlichen Archetypus auf und bitte die Klientin auf ihn zu zu gehen. Wenn es ein Mann ist natürlich den weiblichen Archetypus, aber wie gesagt, die Männer sind leider noch in der Unterzahl bei den systemischen Beratungen. Deshalb fordere ich euch hier einmal von ganzem Herzen auf, euch ebenfalls auf diesen Weg zu machen. Es lohnt sich!

Wenn der Archtypus mit aufgestellt wird, wird vor allem endlich auch die Angst sichtbar, die vorherrscht und die ursächlich für die Ambivalenz ist. Die Sehnsucht und der Wunsch nach Nähe sind spürbar und die ganze Gruppe fiebert mit und wünscht sich nichts sehnlicher als dass beide endlich vereint sind. Vorsichtig zitternd geht dann die Klientin auf den möglichen Partner zu, es dauert meist sehr lange bis sie schließlich ankommt. Viele Tränen fließen auf dem Weg zueinander. Es folgt immer ein tiefer Seufzer der Erleichterung und eine lange Pause, bevor sich die beiden wieder voneinander lösen.

Nach einer Pause bitte ich die Klientin noch einmal sehr eindeutig zu beschreiben, wie sie sich fühlt. Ich bitte sie, dieses Gefühl in Worte zu fassen und schriftlich festzuhalten oder mit ihrem Handy aufnehmen. Denn es geht darum sicher zu wissen, wonach sie sich sehnt! Als Hausaufgabe soll sie dann einen idealen Tag mit dem Traumpartner beschreiben.

  • wie ist das Gefühl morgens beim Aufstehen
  • was machen die beiden zusammen
  • was machen sie NICHT zusammen
  • wie ist das Gefühl am Abend

Alle diese Details verfestigen das Bild von dem Partner, nach dem sie sich tief in ihrem inneren sehnt.

Und dann bitte ich sie noch einmal den Vergleich zu ihrem jetzigen Single Dasein herzustellen und zu spüren, ob sie wirklich ein Happy Single sind und dieses Dasein vielleicht sogar bevorzugt.

Die Frau aus dem Seminar schaute mich nach der Aufstellung an und sagte „ DANKE, jetzt weiß ich dass ich wirklich aus ganzem Herzen und ein echter Happy Single bin und bleiben möchte und ich kann alle Paare in meiner Umgebung voller Wohlwollen und ganz ohne Neid genießen“. Ein wundervolles Ergebnis einer Aufstellung.

Eine andere Klientin war so verliebt in das Bild, das sie von ihrem Traummann hatte, dass sie sich kaum traute in den Kontakt zu echten Männern zu gehen. Erst in einer nächsten Sitzung gingen wir das Thema an und wir erarbeiteten eine Strategie, wo und wie sie einen Mann kennen lernen könne. Sie entschied sich für eine Online Dating Agentur und tatsächlich erhielt ich nach ca. 1,5 Jahren eine Karte von ihr aus dem Urlaub mit einem Mann. Auf der Karte stand nur, DAS IST ER. Genau wegen solch einer Postkarte liebe ich meinen Beruf.