Freitag, 20. Januar 2017

Graystorm elektrisiert

Wer die letzten Tage auf den Sportseiten in der Türkei das Tagesgeschehen verfolgte, fand neben diversen Fußball Transfergeschichten auch immer wieder den Namen Graystorm. Am Donnerstag wurde Graystorm sogar Top Trend bei türkischen Twitter-Usern. Hinter dem Hype steht die Teilnahme des türkischen Rennpferdes Graystorm am Weltcup in Dubai.

Bei Pferdesport denken nur Eingeweihte auch an die Türkei. Dabei ist der Pferdesport nicht nur einer der ältesten Sportarten des Landes, sondern auch einer der populärsten. Der türkische Jockey-Klub (TJK) veranstaltet fast täglich mehrere Rennen auf Rennbahnen im ganzen Land. Der Sport hat im Land eine lange Tradition und wurde schon lange vor Fußball betrieben. Schon im 17. Jahrhundert haben in der Stadt Edirne und in Istanbul Rennen stattgefunden.  Die Popularität ist bis heute ungebrochen. Dafür wird auch die Hoffnung auf schnelle Gewinne beigetragen haben. Denn auch Pferdewetten haben in der Türkei Tradition. Dazu kommt das Wetten auf Sportereignisse in der Türkei staatlich lizensiert werden. Es gibt nur einen Anbieter für Fußball und Basketball Wetten, wer dann keine Lust auf die Quoten des staatlich lizensierten Betreibers hat, dem bleibt nur die Alternative: Pferdewetten. Private Wettanbieter sind in der Türkei nicht zugelassen. 


Logo des türkische Jockey Klubs (TJK)


Im Stil von Männercafés



In der Türkei lässt sich nicht nur an Rennbahnen auf Sieger und Einlauf wetten. Im ganzen Land gibt es unzählige Wettbüros. Man erkennt sie an dem Logo des TJK, dessen schwarz rotes old school Design sofort ins Auge fällt.  Doch passt das Logo zum Ambiente dieser Wettbüros, in denen keine anderen Wetten, als die auf des Jockey Klubs möglich sind. Kein Fußball, kein Basketball, kein Big Brother. Von außen sehen die Büros aus wie Cafes, wie Männercafes. Und die meisten Türkei-Besucher werden sie auch für ein weiteres dieser Männercafes halten, für die die Türkei so bekannt ist. Doch hier geht es nicht um Tavla, das türkische Backgommen, bei einem Tee. Hier geht es um das große Geld. Mit Glück lassen sich hier Millionen ergattern. Und so treffen sich hier ausschließlich die vermeintlichen Pferdekenner. Den Soundtrack dazu liefern die Liveaufnahmen des TJK eigenen TV Senders von den Rennbahnen des Landes.

Ausgestattet sind die Wettcafes schlicht. Ein zumeist abgenutzter Tresen, ein paar zusammen gewürfelte Tische und Stühle plus Neonlicht. Erst auf den zweiten Blick fallen neben dem Logo des TJK, die Fachzeitungen des Genres auf, die überall im Wettcafe herumliegen. Die Ausgaben werden zumeist auch noch Seite für Seite an die Wände des Cafes geklebt. Ein Service des Wettbüroinhabers an seine Kunden. Denn die Fachzeiten informieren über Ergebnisse und Gerüchte und bieten einen ausführlichen Statistikteil. Dabei passen die einfach layouteten zweifarbigen Din-A4 Fachblätter zum Ambiente. Das Format und Layout erinnern an die Anfänge gedruckter Exxel-Tabellen der 90er und wirken wie ein Bote aus einer anderen Zeit.

Wie Bungeejumping


Seit dem umfangreichen Rauchverbot innerhalb von öffentlich zugänglichen Räumen in der Türkei, fallen die Cafes zumeist um die Mittagszeit auch durch plötzliche Rudelbildungen auf der Strasse auf. Vor und nach den einzelnen Rennen versuchen sich die Pferdewetter bei einer Zigarette zu beruhigen. Denn Pferdewetten sind ein kurzer Kick. Ein Bungeejump für Moneysüchtige. Die kurzen Rennen bringen Adrenalin und puschen auf. Da ist die gemeinschaftliche Zigarette davor und danach eine Form von Selbsttherapie. Und aus einer werden dann schnell mehrere, denn an den meisten Tagen lassen sich auf mehrere Rennen in Folge wetten. Außerdem sind auch ausländische Rennen im Angebot des TJK Wettprogramms.

Erstmals in Dubai


Zurück zu Graystorm.  Der bald vierjährige Vollblüter hat mit seinem Jockey Ahmet Celik 2016 Zwei der Drei wichtigsten Rennen in der Türkei gewonnen. Das gelang seit 15 Jahren niemandem mehr. Seit Dezember sind Graystorm und Celik in Dubai und bereiten sich auf den dortigen Weltcup vor. Beim prestigeträchtigen und mit 250.000 Dollar höchstdotierten Cup der Welt ist mit Graystorm/Celik erstmals ein türkischer Jockey dabei. Dementsprechend die hohe Aufmerksamkeit. Und auch wenn Graystorm/Celik beim gestrigen Lauf nur als Siebter ins Ziel ging. Ein ganzes Land war elektrisiert. Die Kommentare sind dann auch trotz dem Abschneiden im ersten Lauf fast durch weg positiv. Schon die Teilnahme am Weltcup in Dubai wird als Erfolg gefeiert.




Apropo Pferderennen: Von einem Besuch bei einem Barbier in der Türkei, während eines Rennens, - davon kann ich nur abraten, aber das ist dann eine andere Geschichte.


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