Montag, 13. Oktober 2008

Was ist eine Trigeminusneuralgie?

Die Trigeminusneuralgie ist als blitzartig einschießender, extrem heftiger, elektrisierender und stechender Schmerz im Versorgungsgebiet eines oder mehrerer Trigeminusäste definiert. Die Attacken halten typischerweise Sekunden, selten auch länger (< 2 Minuten) an und treten sowohl spontan als auch durch Reize wie Berührung im Nervus-trigeminus-Versorgungsgebiet, Kauen, Sprechen, Schlucken oder Zähneputzen getriggert auf. Zwischen den Attacken besteht Beschwerdefreiheit. Multiple Attacken können täglich über Wochen bis Monate auftreten und in Anfangsstadien spontan über Wochen bis Monate sistieren. In der Regel ist der Verlauf progredient. 29% der Patienten haben nur eine Episode in ihrem Leben, 28% dagegen 3 oder mehr Episoden. In den ersten 5 Jahren treten jährlich bei 21% der Patienten erneute Attacken auf (Katusic et al. 1991). Nach der aktuellen Klassifikation der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (IHS) unterscheidet man zwischen der klassischen (früher idiopathischen) Trigeminusneuralgie und der symptomatischen Trigeminusneuralgie. Letztere führt zu Schmerzparoxysmen wie oben beschrieben, doch können Zeichen einer Sensibilitätsstörung im Versorgungsbereich des betroffenen Trigeminusastes vorhanden sein und es wird keine Schmerzfreiheit zwischen den Attacken gefordert. Bei der idiopathischen Trigeminusneuralgie besteht zwischen den Paroxysmen in der Regel Beschwerdefreiheit. Bei längeren Krankheitsverläufen kann ein dumpfer Hintergrundschmerz persistieren. Bei der klassischen Trigeminusneuralgie wird je nach Untersuchung intraoperativ bei 70-100% der Patienten ein pathologischer Gefäß-Nerven-Kontakt nachgewiesen (Barker et al. 1996, Delitala et al. 2001, Zorman u. Wilson 1984). Der kernspintomographische Nachweis einer vaskulären Kompression hängt auch von der angewandten MR-Technik ab. Es kann eine Sensitivität von bis zu 88,5% erreicht werden, doch liegt die Spezifität bei nur 50%, da auch bei ca. einem Viertel der Kontrollpersonen pathologische Gefäß-Nerven-Kontakte nachgewiesen werden können (Boecher-Schwarz et al. 1998, Hutchins et al. 1990). Die Nervenkompression beruht am häufigsten auf einem Kontakt mit der A. cerebelli superior (ca. 80%), seltener und in absteigender Häufigkeit mit pontinen Venen, der A. cerebelli inferior anterior oder anderen kleineren Gefäßen (Barker et al. 1996). Die Pulsationen führen zu segmentalen Demyelinisierungen der Nervenwurzel (Love u. Coakham 2001). Dies begünstigt die ephaptische Übertragung von elektrischen Entladungen nicht nozizeptiver Afferenzen auf nozizeptive Afferenzen. Alternativ können die Paroxysmen zu einer funktionellen Störung im Trigeminuskerngebiet an sog. wide dynamic range Neuronen führen, an denen nozizeptive und nichtnozizeptive Neuronen zusammenlaufen. Aktuelle elektrophysiologische Untersuchungen zeigen Störungen im nozizeptiven afferenten System, nicht nur bei Patienten mit symptomatischer, sondern auch bei etwa der Hälfte der Patienten mit klassischer Trigeminusneuralgie (Cruccu et al. 2001).

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Donnerstag, 18. September 2008

Trigeminusneuralgie

Trigeminusneuralgie

Pathogense
Die idiopathische Trigeminusneuralgie (TN) entsteht nach heutiger Vorstellung durch eine mikrovaskuläre chronische Irritation der Trigeminuswurzel im Übergangsbereich zwischen zentralem und peripherem Myelin einige mm vor ihrem Eintritt in den Hirnstamm. Sowohl periphere wie zentrale Mechanismen sind bei der Entstehung und Auslösung der pathologischen Erregung beteiligt.

Therapie
Medikamentöse Therapie
= primäre Therapie

Carbamazepin(Tegretol®) 3x200-400mg/d;
Retard-Zubereitung (Tegretol® 400mg ret tbl) bis 1-0-2 tbl
einschleichende Dosierung beginnen mit 200mg 2 x ½/d
Erhaltungsdosis nach Spiegel: 4-8ng/ml
Phenytoin(Epilan®D)
alternativ bei Unverträglichkeit oder mangelnder Wirkung von Carbamazepin
Phenytoin 3 x 10mg/d (bis 400mg/d)
Clonazepam(Rivotril®) 3 x 1mg
Wirkungsverlust nach einiger Zeit gegeben
Baclofen (Lioresal®)
3 x 5mg bis 50mg/d
einschleichende Dosierung
in einigen Studien als Monosubstanz und in Kombination mit Carbamazepin wirksam
adjuvant: Haloperidol (Haldol®) ca. 3x10gtt/d

Neurochirurgische Therapie

Thermokoagulation des Ganglion Gasseri
Die Thermokoagulation des Ganglion Gasseri nach Sweet ist als risikoarm du wenig belastende Operation bei idiopathischer TN weithin anerkannt. Der Eingriff erfolgt in Lokalanästhesie, ist somit auch geschwächten Patienten noch zumutbar. Die Erfolge sind in der Regel günstig (Spontanerfolg 80%), Hauptproblem sind die Rezidive nach einigen Monaten bis zu einem Jahr sowie die Gefahr der Anaesthesia dolorosa, insbesondere nach wiederholten Thermokoagulationen. Bei einem Befall des 1. Astes besteht zusätzlich das Risiko einer Keratitis neuroparalytica durch Deafferentierung der Cornea. Die Thermokoagulation wird v.a. empfohlen, wenn das Risiko eines Eingriffs nach Janetta (s. unten) nicht eingegangen werden kann (Alter, Narkoserisiko etc.).

Sweet-Operation
Eine hauptsächlich in Skandinavien durchgeführte Variante der Sweet-Operation ist die retroganglionäre Injektion von reinem Glycerol, was zu einer neurolytischen Blockade und partiellen Denervierung des Ganglions führt. Es besteht das Risiko eines Abtropfens der toxischen Substanz aus der Duraduplikatur in die Ventrikel, sodaß u.U. schwerwiegende neurologische Ausfälle eintreten können. Die Methode ist nur unter Röntgensicht und in de Hand des sehr erfahrenen Arztes zu empfehlen. Die Erfolge werden als gut bezeichnet.

Operation nach Janetta
Als Alternative bietet sich die mikrovaskuläre Dekompression der Trigeminuswurzel nach Janetta an. Die Operation erfordert eine subokzipitale Kraniotomie und Darstellung der Wurzel bis zu ihrem Eintritt in den Hirnstamm. Unter dem Operationsmikroskop wird sie von Mikrogefäßen befreit, die sich in fast allen Fällen als Ausdruck von Gefäßanomalien finden. Sie werden mit einem Muskelstück oder Kunststoffschwämmchen permanent verlagert, wodurch die Trigeminuswurzel geschont und die chronische mechanische Irritation beseitigt wird. Die Erfolgsraten liegen bei mehr als 85%,. Rezidive sind selten (in der Regel durch Dislokation der Gewebs- oder Kunststoffstücke). Die Operationsmorbidität bezüglich irreversibler Komplikationen liegt bei 3%, die Mortalität bei 1%.

Sonstige Eingriff
werden heute nicht mehr angewandt:


Dandy-Operation
Spiller-Frazier
Sjöquist
Exhairese nach Kirschner


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