Fallstricke in der Erfolgsrechnung beim Firmenverkauf

Beim Unternehmensverkauf spielt die Erfolgsrechnung eine erhebliche Rolle. Allerdings stellt sie für den Verkäufer meist nur die Grundlage der Steuerfestsetzung für das Geschäftsjahr dar. Für den Käufer dagegen hat die Entwicklung der Erträge – also die jeweiligen Ergebnisse der historischen Erfolgsrechnungen – eine ganz zentrale Funktion bei seiner Kaufentscheidung. Die ausgewiesenen historischen Erträge sprechen für ihn idealerweise eine klare Sprache des Wachstums und der Stabilität und zeichnen damit auch die Möglichkeiten vor, seinen zukünftigen Kapitaldienst für den entrichteten Kaufpreis zu leisten. Somit stellt der Käufer höchste Anforderungen an die Genauigkeit, die Vollständigkeit und den ordentlichen Periodenausweis der Erträge. Der Verkäufer hingegen betrachtet die Erfolgsrechnung in der Regel als notwendiges Übel und geht davon aus, dass sein Steuerberater schon alle Gesetze und Vorschriften bei der Verbuchung berücksichtigen wird. Aber der Steuerberater kann nur nach Kenntnisstand verbuchen – und häufig ergibt sich genau an dieser Schnittstelle ein Problem. In diesem Fachbeitrag gehen wir auf einige häufige, vermeidbare Fehler in den meisten Erfolgsrechnungen ein, die im Rahmen oder in der Folge eines Unternehmensverkaufs zu einem massiven rechtlichen Problem werden können.

Garantie über die Richtigkeit der Erfolgsrechnung

Jeder Käufer wird im Kaufvertrag eine Garantie für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Erfolgsrechnung verlangen. In diesem Zusammenhang muss der Verkäufer dann häufig garantieren, dass alle einschlägigen Richtlinien, Gesetze und Vorgaben des Handelsgesetzbuchs und einer ordnungsgemäßen Buchführung unter Wahrung der Bilanzierungskontinuität eingehalten wurden. Allerdings können die wenigsten Verkäufer diese Garantie in ihrer Tragweite und Dimension überblicken. Doch eine fehlerhafte Erfolgsrechnung kann drei Worst-Case-Szenarien nach sich ziehen:

  1. Als Geschäftsführer einer GmbH sind Sie verpflichtet, eine periodengerechte Erfolgsrechnung zu erstellen. Diese Pflicht trifft Sie u. a. als Privatperson in Ihrer Rolle als Geschäftsführer. Bei einer nachträglichen Fehlerfeststellung droht im schlimmsten Fall eine zivile Anzeige wegen Bilanzfälschung.
  2. Der Ausweis eines zu niedrigen Gewinns durch den Aufbau von stillen Reserven kann unter anderem zu einer Steuernachzahlung inklusive 6 % Strafzins führen.
  3. Sie verletzen die oben beschriebene Garantie im Unternehmenskaufvertrag zur Erfolgsrechnung und der Käufer beanstandet einen Schaden, der dadurch für ihn entstanden ist, oder eine falsche Informationsgewährung, die zu seiner Kaufentscheidung geführt hat. Nehmen wir zum Beispiel an, Sie hätten im Rahmen der Verhandlungen mittels der Erfolgsrechnungen ein kontinuierliches Wachstum über fünf Jahre präsentiert. Nun würde sich herausstellen, dass im Veräußerungsjahr die Gewinne zu hoch angesetzt waren und eigentlich in das Vorjahr hätten gebucht werden müssen. In diesem Fall wird der Käufer eventuell seine gesamte Kaufscheidung infrage stellen und im schlimmsten Fall auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrags bestehen, da seine Kaufentscheidung auf falschen Tatsachen beruht habe.

Natürlich haben wir die Sache in diesen drei Szenarien etwas überspitzt dargestellt und jeweils den Worst Case skizziert. Es geht uns aber nicht etwa um Angstmacherei, sondern darum, dass sich jeder Verkäufer der Wichtigkeit einer richtigen und vollständigen Erfolgsrechnung bewusst sein sollte.

Häufige Fehler in der Erfolgsrechnung

Der wohl häufigste Fehler ist eine falsche periodengerechte Abgrenzung. Um den Sachverhalt etwas zu verdeutlichen, betrachten wir drei Beispiele:

Beispiel 1: Rechnungen im Dezember und Jahresrechnungen

Eine Firma hat viele städtische Kunden. Diese möchten im Dezember noch schnell ihre Jahresbestellung loswerden, damit die entsprechenden Kosten auch im nächsten Jahr budgetiert und genehmigt werden. Der Inhaber denkt sich nichts dabei und verbucht diese Aufwendungen im Dezember, obwohl die Leistungserbringung erst im nächsten Geschäftsjahr (Annahme: Kalenderjahr als Geschäftsjahr) erfolgt. Somit wird ein höherer Gewinn ausgewiesen und der Forderungsbestand ist überbewertet. Ein Käufer könnte in diesem Fall eventuell einen Schaden beklagen, da er einen zu hohen Gewinn gezeigt bekommen hat und den übernommenen Forderungsbestand leistungstechnisch erst noch erbringen muss.

Beispiel 2: Gezielte Verschiebung der Rechnungsstellung

Viele Unternehmen im Projektgeschäft können über die halb fertigen Arbeiten ein wenig die Rechnungsstellung beeinflussen. Nun kommt der eine oder andere auf die Idee, bereits geleistete Arbeiten nicht mehr im Dezember abzurechnen, sondern schreibt die Rechnung erst im Januar. An sich ist das immer nur eine Verschiebung und Steuerstundung, allerdings verletzt es die im Unternehmenskaufvertrag abzugebende Garantie für eine periodengerechte Erfolgsrechnung. Im schlimmsten Fall werden die Gewinne gezielt verschoben und somit ein höheres oder kontinuierliches Wachstum vorgegaukelt, obwohl es sich letztendlich nur um eine geschickte Verbuchung der Erträge oder Aufwendungen handelt.

Beispiel 3: Bildung von stillen Reserven über die Erfolgsrechnung

Bei Unternehmen mit einem Warenlager gibt es häufig einige Instrumente, um stille Reserven zu bilden. So werden teilweise Warenaufwendungen sofort in den Aufwand gebucht, bei der Inventurzählung jedoch nicht mit erfasst. Das drückt die Gewinne und die Bilanzsumme. Beim Unternehmensverkauf können diese stillen Reserven im Veräußerungsjahr dann durch höhere Gewinne aufgelöst und realisiert werden, indem einfach das abgeschriebene Warenlager abverkauft wird. So muss der Inhaber keine neue Ware kaufen und die Aufwendungen in der Erfolgsrechnung gehen nach unten. Ein Käufer könnte hier eine Margensteigerung durch Kunden- oder Produktoptimierung vermuten, obwohl die höhere Marge nur von der Auflösung der stillen Reserven herrührt.

Manchmal werden solche stillen Reserven ohne Kenntnis des Verkäufers gebildet. So kann es vorkommen, dass die Aufwendungen für Waren sofort in den Aufwand gebucht werden, während in der Inventur nur erfasst wird, was bei der Zählung gerade auf Lager ist. Die Ware im Transit, die sich noch beim Lieferanten oder auf dem Schiff oder Lkw befindet, wird versehentlich nicht mit erfasst. Auch das ist eine fehlerhafte Darstellung der periodengerechten Erträge und des Warenlagers.

Fazit: Fallstricke in der Erfolgsrechnung beim Firmenverkauf

Für die meisten Inhaber ist die Erfolgsrechnung nur ein Instrument des Staates, um Steuern einzutreiben. Ihre Erstellung wird als notwendiges Übel empfunden, bei dessen Erfüllung man sich auf den langjährigen, vertrauten Steuerberater verlässt. Doch der kann nur gemäß den vorhandenen Informationen verbuchen, die er vom Inhaber erhalten hat. Häufig verhindern das fordernde Tagesgeschäft und das fehlende Verständnis des Steuerberaters für das Geschäft eine schnelle Aufdeckung solcher Missstände in der Finanzbuchhaltung. Beim Unternehmenskauf verlässt sich der Käufer bei seiner Kaufentscheidung auf die Aussagekraft der historischen Erfolgsrechnungen. Das sichert er über eine entsprechende Garantie zur Richtigkeit und Vollständigkeit der Erfolgsrechnung und zur Einhaltung der allgemeinen Buchhaltungsregeln und -vorgaben ab. Stellt sich nun nach einem Unternehmensverkauf heraus, dass die Erfolgsrechnung die historische Ertragskraft nicht periodengerecht dargestellt hat, dann kann das massive rechtliche Folgen für den Verkäufer und den Verkauf nach sich ziehen, die von Steuernachzahlungen und Strafzinsen über eine Anzeige wegen Bilanzfälschung bis zur vollständigen Rückabwicklung einer Transaktion aufgrund falscher Tatsachendarstellung oder sogar vorsätzlicher Täuschung reichen können. Dabei lassen fast alle Inhaber nicht etwa bewusst falsche oder fehlerhafte Erfolgsrechnungen erstellen; oft passiert so etwas aus reiner Unkenntnis. Drehen Sie den Spieß um und sorgen Sie von Anfang an für eine periodengerechte Verbuchung. So vermeiden Sie dieses Risiko und ersparen sich unter Umständen völlig unnötige langwierige rechtliche Auseinandersetzungen um eine fehlerhafte Erfolgsrechnung.