Lugana – Mehr als nur Hype – Teil 2

Der Gardasee in weiter Ferne

Teil 1 nicht gelesen? Dann aber los!

Vor Kurzem sprach ich mit meinem lokalen Weinhändler auch über das Thema Lugana. „Ach, alles nur Hype. Da steckt doch nichts dahinter.“, so die Aussage des Händlers. Und mit dieser Aussage steht er durchaus nicht allein. Aber steckt wirklich nichts dahinter?

Nun, wir haben ein recht kleines Anbaugebiet, welches quasi auf einen einzigen Wein fokussiert ist. Wenn ich das Lugana-Gebiet mit dem Valpolicella vergleiche, fast schon eine Monokultur. Klar ist, der Lugana ist in letzter Zeit sehr beliebt und bei einer begrenzten Produktionsmenge (zur Zeit rund 9 Mio. Flaschen) regelt der Markt das schnell über den Preis. So geht mit Sicherheit der ein oder andere Lugana über die Theke, dessen Qualität nicht dem gezahlten Preis entspricht.

Aber reicht das alles, einen Wein als Hype abzutun? Meine Meinung lautet ganz klar nein!

Obwohl zu 90% nur eine Traube verarbeitet wird, besticht der Lugana gerade durch seine Vielseitigkeit. Über die Breite der produzierten Lugana findet man Aromen wie z.B. Aprikose, Birne, Apfel, Marillen, Mandeln, Mandarinen, Zitrusfrüchte, Vanille, Mandeln, Kräuter u.v.m in unterschiedlichsten Kombinationen und Ausprägungen. Durch die verschiedenen Terroir-Gebiete und die drei wesentlichen Ausbaumethoden (DOC, Superiore, Riserva) ergeben sich teils drastische Unterschiede an Extrakten, Fruchtsäuren und auch an Tanninen. Dies alles ergibt eine ungeheure geschmackliche Vielfalt.

Einen kleinen Ausschnitt dieser Vielfalt möchte ich hier anhand von drei Beispielen vorstellen.


Den Anfang macht einer der ältesten und renommiertesten Winzer im Gebiet: Ottella

Ottella Le Creete LuganaDas Weingut Ottella existiert seit dem 19. Jahrhundert, ist seit dieser Zeit im Besitz der Familie Montresor und wird mittlerweile von Francesco Montresor betrieben. Wie bei vielen anderen Winzern in Norditalien hat der letzte Generationswechsel auch Ottella sehr gut getan. Moderne Produktionsanlagen, weg von der Menge hin zu extensiver Bewirtschaftung der Böden. Ottella ist im Besitz einiger der besten Lagen im Cru-Gebiet San Benedetto (ein Vorort von Peschiera), wo sich auch die Kellerei und die Verwaltung des Gutes befinden. Die Reben werden ausschließlich im Guyot-System erzogen, auf Kunstdünger wird vollständig verzichtet und Pflanzenschutz erfolgt möglichst ebenfalls ohne Chemie. Seit dem Generationswechsel haben die Weine von Ottella erheblich an Qualität gewonnen und stehen heute fast beispielhaft für den Lugana.

http://www.ottella.it

Der Le Creete wird auf der gleichnamigen Einzellage in San Benedetto gewonnen. Die schotterreichen, von Ton durchzogenen Böden dort ermöglichen einen recht mineralischen Lugana. Die Ernte der Trebbiano-Trauben für den Le Creete erfolgt per Hand von Ende September bis in den Oktober hinein. Nach einer weichen Mahlung und kalter Mazeration mit nur kurzem Schalenkontakt gärt der Lugana anschließend in Stahltanks. Nach Abschluß der Gärung darf der Le Creete noch 6-8 Monate in Holzfässern reifen.

Der von mir vor Ort und @home verkostete Le Creete, Jahrgang 2015, weist eine hell strohgelbe Farbe im Glas auf. Düfte von Pfirsichen, Birnen und tropischen Früchten gepaart mit leicht mineralischen Aromen und Anklängen an Kräuter machen einem den Mund wässrig. Auf der Zunge finden sich diese Aromen wieder, ergänzt von einer angenehmen Säure. Im Abgang verbleibt neben den Fruchtaromen eine recht lang anhaltende mineralische Note.

Ein exzellent ausbalancierter Lugana mit Charakter. Die Weine von Ottella sind recht gut im Markt vertreten. Der Le Creete wird in der Regel zwischen 12 und 15,- € gehandelt, so z.B. bei http://www.dall-italia.de.

 


Corte Sermana: Lugana Cromalgo

Corte Sermana Cromalgo Lugana Das Weingut Corte Sermana liegt westlich von Peschiera del Garda auf halber Strecke nach Sirmione. Die Rebflächen von Corte Sermana liegen ebenfalls in San Benedetto und weisen eine Besonderheit auf: Die Flächen werden durchzogen von einem kleinem Fluß, dem Sermana. Dieser Fluß zusammen mit der unmittelbaren Nähe des Gardasee (solltet ihr bei einem Besuch niemanden antreffen, geht einfach die drei Minuten zum Ufer des Gardasee) sorgt für ein einzigartiges Mikroklima, welches selbst in sehr heißen Sommern für eine den Trauben wohltuende Mindestfeuchtigkeit sorgt. Die Ländereien befinden sich schon seit vielen Jahren in Familienbesitz und werden heute von Filippo Bottacini geführt, der zwar gelernter Maschinenbauingenieur ist, aber schon früh seine Leidenschaft für den Wein entdeckte.

Corte Sermana verwendet für seinen Lugana zu 100% nur Trebbiano Lugana Trauben. Ähnlich wie bei Ottella, stehen die Reben auf eiszeitlich erzeugten, von Ton durchzogenen, Schotterböden. Filippo setzt ausschließlich auf Gründüngung und verzichtet größtmöglich auf chemischen Pflanzenschutz.

http://www.cortesermana.it

Geerntet wird per Hand von Ende September bis in den Oktober hinein. Nach der sanften Pressung erfolgt die Gärung bei kontrollierter stabiler Temperatur in großen Stahltanks. Nach dem Hefeabstich und dem Stop der Gärung lagert der Cromalgo vor der Flaschenabfüllung noch für weitere sechs Monate in Stahltanks.

Der Cromalgo, ich habe (mehrfach in den letzten zwei Jahren) den 2013er Jahrgang verkostet, ist sehr hellgelb im Glas, fast schon transparent. Kommen einem noch die bekannten Luganaaromen nach Pfirsich, Birne und Apfel begleitet von leichten Vanille- und Mandelaromen in die Nase, ist man überrascht wenn man danach feine aber deutliche Säuren sowie eine ausgeprägte Mineralik schmeckt. Er hat deutlich mehr Charakter als man nach dem Riechen vermuten würde. Auch im Abgang verbleibt er ausgewogen, wenn auch nur kurz. Wie so viele kleine Winzer ist auch Corte Sermana nicht über den Online-Handel vertreten. Es gibt einige lokale Händler und Restaurants hier in Deutschland, die den Cromalgo führen. Vor Ort habe ich den Cormalgo für unter 10,- € erworben.


Fratelli Zeni – VigneAlte Lugana

Zeni Lugana DOC VigneAlteDas Weingut Fratelli Zeni ist seit Anfang des 19. Jahrhunderts im Besitz der Familie Zeni und ist in der Gemeinde Bardolino ansässig. Seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts geht das Weingut, angeführt von Patriarch Gaetano Zeni, einen strikten Weg Richtung Qualität. Standortoptimierung, Pachtung und Kauf von excellenten Flächen, moderne Produktionsmethoden, Traubenselektion, u.v.m.. Seit dem Tod des Vaters leiten die Kinder Fausto, Elena und Federica das Unternehmen und haben es mit geschickter Führung zu einem der Top-Weingüter in Venetien gemacht. Fratelli Zeni produziert heute die gesamte Bandbreite der Veroneser DOCs und darüber hinaus viele weitere IGTs mit einem Gesamtvolumen von rund 1,2 Mio. Flaschen per anno.

Ein weiterer kluger Schachzug der Geschwister war die Schaffung des Weinmuseums in Bardolino, dass jährlich große Touristenströme anzieht und so zahlenmäßig hohe Direktverkäufe ermöglicht.

http://www.zeni.it

Vor Ort erworben habe ich den Lugana DOC VigneAlte aus dem mittleren Preissegment. Zeni bietet jeweils noch einen Lugana darüber und darunter an. Der günstigere Lugana ist nicht der Rede wert und der teurere rechtfertigt nicht den deutlich höheren Preis.

Der VigneAlte Jahrgang 2015, zu 100% aus der Trebbiano Lugana gewonnen, leuchtet einen mit seiner strohgelben Farbe appetitlich an. Im Bouquet erwarten die Nase feine Düfte von Pfirsich, Birne, Mandarinen und Limonen. Auf der Zunge entfaltet sich dieses fruchtige Aroma weiter, kombiniert mit einer wirklich feinen Säure und leichten Kräuteraromen, unterlegt von einer sehr dezenten Mineralik. Der Abgang ist eigentlich kaum merklich, was mich aber in diesem Fall nur dazu animierte, schnell den nächsten Schluck zu nehmen.  😉 Das charakteristischste Merkmal ist die feine, fast prickelnde Säure, die aber nie überhand nimmt. In dem Sinne ein echt klassischer Lugana, aber einfach verdammt gut gemacht.

Wie auch Ottella ist Zeni bei zahlreichen (Online-)Händlern zu erwerben und der VigneAlte Lugana wird um die 10,- € gehandelt.


Meine drei vorgestellten Lugana sollen eigentlich nur verdeutlichen, dass es immer darauf ankommt WO, WER und WIE produziert wird. Das Terroir, die Qualitätsansprüche und Erfahrung des Winzers sowie die Lage der Trauben und der Ausbau im Keller führen zu sehr großen Qualitätsunterschieden. Einen Lugana einfach blind zu kaufen, weil er günstig ist oder weil der Händler der Wahl nur den einen im Angebot hat, ist bei kaum einem Wein so falsch wie beim Lugana.

Es ist also definitiv nicht nur Hype, aber der Hype sorgt für viele Lugana auf dem Markt, die es nicht wert sind, getrunken zu werden. Im Zuge meiner Recherche habe ich so manchen nichtssagenden flachen oder einfach nur heftig süßen Lugana getrunken, dass mir fast die Lust vergangen wäre. Aber wenn ich das nächste Mal am Gardasee bei 30° auf der Terrasse sitze, dann möchte ich nichts lieber trinken als einen guten Lugana.

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