Tödliches Schultheater: „The Gallows“

Die Hexe ist Schuld. Nicht an der Missernte oder an der Akne im Gesicht der Bürgermeistergattin, sondern an Filmen wie diesem. Seit „The Blair Witch Project“ kurz vor der Jahrtausendwende Kinobesucher in aller Welt fast wahnsinnig vor Angst hat werden lassen, sind die so genannten Found-Footage-Filme nicht mehr totzukriegen. In diesem Genre wird dem Zuschauer suggeriert, er würde amateurhaftes Aufnahmematerial von Verstorbenen oder Vermissten sehen, das zeigt, was mit diesen Menschen passiert ist.

The Gallows

Bloß nicht hängen lassen

Zu den beliebtesten Stilelementen von Found-Footage-Filmen gehören schemenhafte Gestalten am Bildrand, „hast du das gehört?“, heruntergefallene Kameras, die noch weiter filmen, Nachtsichtaufnahmen, schwache Batterien und Gewackel wie auf einem Schiff in Seenot. All das sehen wir auch in dem amerikanischen Low-Budget-Horrorfilm „The Gallows“ von 2015, der in Deutschland unter dem Titel „Gallows – Jede Schule hat ein Geheimnis“ erschien. Wer sich durch das Horrorangebot von Netflix und Amazon Prime arbeitet, weil ihm gerade danach ist, wird unweigerlich auf diese Produktion stoßen. Wenn man sich dann noch ein bisschen über den Film im Internet informiert, zeigt sich, dass doch tatsächlich eine Fortsetzung gedreht wurde. Das ist endlich der Moment, in dem sich der Zuschauer erschreckt.

The Gallows: Die Handlung

The Gallows

Offizielles Filmplakat

Am 29. Oktober 1993 kommt an der Beatrice High School der Schüler Charlie Grimille bei einer Aufführung des Theaterstücks „The Gallows“ durch einen tragischen Unfall ums Leben. 20 Jahre später erlaubt die Schule, dass das Stück wieder aufgeführt werden darf. Der Hauptdarsteller Reese (Reese Mishler) hofft, der Hauptdarstellerin Pfeifer (Pfeifer Brown) näher zu kommen, sein bester Freund Ryan (Ryan Shoos) hingegen, der alles mit seiner Kamera dokumentiert, überzeugt ihn davon, dass sie die Aufführung des Stückes verhindern müssen. Nicht, um Charlies Andenken zu ehren oder so, sondern weil Ryan aus irgendeinem Grund alles Scheiße findet und … wie auch immer. Bleiben wir professionell, zur Kritik kommen wir später. Gemeinsam mit Ryans Freundin Cassidy (Cassidy Spilker) dringen Reese und Ryan nachts in die Schule ein, um die Kulissen des Theaterstücks zu zerstören. Dabei werden sie von Pfeifer erwischt.

Als die vier Teenager versuchen, die Schule wieder zu verlassen, stellen sie fest, dass sie eingeschlossen sind und die Telefone nicht mehr funktionieren. Irgendwas oder irgendwer macht Jagd auf sie … Es ist Charlie. Ich vermeide es üblicherweise, in Filmreviews zu viel zu spoilern, aber es ahnt ohnehin schon jeder. Freilich gibt es noch einen Twist am Ende, den ich jetzt nicht verrate. Nur so viel: Er ist nicht besonders gut.

The Gallows: Die Kritik

„The Gallows“ hat mehr von einem Schultheaterstück, als beabsichtigt gewesen sein dürfte: Unbeholfene Inszenierung, laienhafte Darsteller, begrenzte Kulissen und immer jemand, der die ganze Chose filmt. Fangen wir mit dem letzten Punkt an. Found-Footage-Filme haben immer das Problem, dass sie dem Zuschauer einigermaßen plausibel erklären müssen, warum die handelnden Figuren partout nicht aufhören, zu filmen, egal was passiert. Manchmal gelingt das und manchmal eben nicht. Hier gelingt es überwiegend nicht. Es ist vor allem Ryan, der filmt, und die anderen lassen ihn gewähren, obwohl er dokumentiert, wie sie in ihre eigene Schule einbrechen und Schuleigentum zerstören. Man könnte dies als eine Kritik an der Sorglosigkeit der Social-Media-Jugend verstehen, die alles von sich auf Instagram und Co. preisgibt, nur wird damit zu viel in ein schwaches Drehbuch hinein interpretiert.

The GallowsDie vier Hauptfiguren Reese, Pfeifer, Cassidy und Ryan haben so viel Persönlichkeit wie der Plastikbaum, der aus irgendeinem Grund zur Kulisse des Theaterstücks gehört – neben dem Galgen, der das Hauptelement bildet und an dem Charlie wegen einer Fehlfunktion damals sterben musste. Reese ist ein seltsam undefinierter Charakter, der unglaubwürdig zwischen „Ich lasse mich von meinem besten Freund zu total dämlichen Dingen überreden“ und „Ich rette dich und wenn es das letzte ist, was ich tue“ schwankt. Sein Kumpel Ryan präsentiert sich von Anfang bis Ende als extrem unsympathischer Zeitgenosse, der einfach nur gegen alles und jeden ätzt, ohne Gründe dafür erkennen zu lassen, wobei er es nicht einmal schafft, witzig zu sein. Die angedeutete Romanze zwischen Reese und Pfeifer hat keinerlei Substanz. Sie besteht in erster Linie darin, dass Reese in Pfeifers Nähe einen Hundeblick aufsetzt.

Diese sehr geringen Sympathiewerte der handelnden Figuren, die das „Mitleiden“ der Zuschauer arg begrenzen, basieren einerseits auf dem Drehbuch und andererseits auf den mangelnden darstellerischen Fähigkeiten der Schauspieler. Wir sprechen hier von vier Charakteren, die gemeinsam durch eine dunkle Schule tapsen, in der sie aber immerhin jeden Tag verbringen, und es partout nicht schaffen, in den gefährlichen Situationen zusammen zu bleiben, was ab und an einfach nur lächerlich ist.

Die Versuche des Films, den Zuschauer zu erschrecken, sind nett gemeint, aber nicht effektiv, zumindest nicht bei Zuschauern, die des Öfteren Horrorfilme gucken. „The Gallows“ lässt frische Ideen vermissen, dafür wird viel Altbekanntes aus der Requisitenkiste geholt, das wir bereits besser in anderen Filmen gesehen haben. Die Idee mit dem Theaterstück, über den ein tragischer und unheimlicher Schatten liegt, ist an sich gar nicht schlecht, sie wird jedoch nur als Aufhänger für einen ziemlich simplen Horrorfilm genutzt, der vieles, aber eines sicher nicht gebraucht hätte: eine Fortsetzung.

The Gallows: Das Fazit

Am besten steht ein Zuschauer „The Gallows“ durch, wie er eine Schulveranstaltung durchsteht: nicht viel erwartend, mit mildem Interesse und die limitierten Möglichkeiten aller Beteiligten respektierend.

The Gallows: Die Daten

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