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Katholisches Entstehen

  Nach vielen Jahren der Abstinenz habe ich letzten Sonntag wieder einmal an einer Messe der katholischen Kirche teilgenommen. Nach fast zwei Stunden des Singens und Predigens kann ich erleichtert bekannt geben: Ich habe nichts verpasst. Offizielles Geboren, getauft, ausgewachsen  – so in etwa würde ich meinen Lebensweg in der katholischen Kirche beschreiben. Bei meiner Taufe und dem Eintritt war ich ein paar Monate alt. Gefragt wurde ich damals nicht. Am Land, wo ich herkomme, war es Usus, allen Neugeborenen ein paar Monate nach den ersten Atemzügen auf dieser Erde ein bisschen Wasser (angeblich heilig) über den Kopf zu gießen. Alles, damit ich ja nicht in die Hölle käme, falls mich Gott früher zu sich holen sollte, als geplant. Meine Mutter erzählt, ich habe die Taufe verschlafen. Auch im Nachhinein betrachtet, war das die beste Entscheidung diese Zeit zu verbringen. Der Rest meines katholischen Leidensweges war gezeichnet von Enttäuschungen und Ernüchterung. Die nächste große Stati
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Flüssige Gebräuche

  "Magst spontan auf einen Kaffee vorbeikommen?" schrieb mir meine Taufpatin letzte Woche Samstagnachmittag. Im Lokal sitzend, gab ich schließlich in gut österreichischer Manier meine Bestellung auf: "Einen weißen Spritzer bitte." Trinkgewohnheiten Im Buch der unausgesprochenen kulturellen Regeln steht neben vielen anderen Dingen ebenso drinnen, zu welchen verschiedenen Anlässen, welche Getränke gereicht und konsumiert werden. Weißer Spritzer ist sehr stark mit der Identität der Wiener:innen verbunden. Besonders seitdem dem ehemaligen Bürgermeister der Stadt der Spruch: Man bringe den Spritzwein, nachgesagt wird, der das Volk seit jeher erheitert und den man ganz dem Zeitgeist entsprechend auf Jutebeuteln bewundern kann.  Weißer Spritzer kommt gerne zum Handkuss beim Heurigen (eine der wenigen tollen Sachen aus Ostösterreich) oder wenn es warm ist oder wenn man einen billigen Rausch haben will. Am liebsten aber immer. Jede:r weiß, dass für dieses unschla

Freiheit

  Das Leben schreibt die schönsten Geschichten, besagt eines der unzähligen Sprichwörter, die in unserem Alltag herumschwirren. Generell zweifle ich solche Weisheiten an. Dieses jedoch besonders, vor allem beim Nachdenken an einige meiner Lieblingsbücher wie "100 Jahre Einsamkeit" oder "Kassandra". Was das Leben definitiv schafft, ist Geschichten zustandezubringen, wo die Menschheit immer wieder aufs Neue beweist: Wow, euch kann man nicht helfen. Wie ihr bereits wisst, ist in meiner Familie der Wegwerfwahn genetisch anerzogen bedingt. Ebenso verhält es sich mit einem weiteren Kuriosum: dem Verlassen eines Hauses bzw. eines Ortes ohne jeglichen Ballast. Klingt philosophischer als es ist. Für einige Mitglieder:innen (nicht alle, manche von ihnen verstehen diesen Drang absolut nicht) meiner Verwandten und auch für mich höchstpersönlich gibt es kaum ein befreierendes Gefühl, als das Haus oder einen Ort ohne Handy, Schlüssel, Geldbörsel oder sonstige Gegenstände (= der

Handarbeit

  In meiner Jugend und meinen zwanziger Jahren waren mir viele Dinge zu mühsam und aufwendig, zum Beispiel  "längere" Rezepte (= alles, wo man mehr macht, als Essen in den Ofen zu schieben und/oder Gemüse klein schneidet), putzen, existieren usw. In letzter Zeit verspüre ich einen großen Drang, mit meinen eigenen Händen Dinge zu erschaffen und diese auch zu Ende zu bringen. Mich haben solche Sachen lange nicht interessiert. Das Abmessen von Zutaten, das Einsetzen von Küchengeräten generell oder Topfpflanzen zählten für mich zum Spießertum. Das höchste der Gefühle, das ich besaß, war ein Pürierstab sowie eine einzige, einsame Pflanze. Ersteren hatte mir meine Oma mal geschenkt. Ansonsten hätte dieser ebenso wenig zu meinem Wohnungsinventar gezählt. Ich werde mich mein ganzes Leben teilweise ungesund ernähren, alle Pflanzen eingehen lassen und auch noch stolz darauf sein. Because I'm lovin it, malte ich mir Mitte 20 meine Zukunft rosig aus. Einer der Gründe, warum ich w

Feierliches Zurücknehmen

  Ostern, das zweitheiligste, kulturelle und religiöse Fest für manche Personen in diesem Land, stand wieder mal an. Und was hängt eng mit allen Feierlichkeiten zusammen? Genau, das Ertragen von anderen Familienmitgliedern und ihren Ansichten.  An sich mag ich Feiern sehr gerne. Ich mag das Zusammenkommen mit anderen Leuten und das Gefühl der Gemeinschaft. Es gibt nur wenige Menschen, mit denen ich tagein, tagaus am Sofa liegen könnte, ohne das Verlangen zu haben, ihnen den Hals umzudrehen.  An diesem feierlichen Tag war ich nun damit konfront mit etwa fünfzehn Personen auszuharren. Von einem klitzekleinen Nachteil war natürlich auch meine vorgefasste Meinung, dass sich früher oder später alle Personen gegenseitig am Arsch gehen.   Dieses Jahr hatten wir als Familie Strafverschärfung. Dadurch dass meine Schwester samt Anhang nicht in unserer Nähe wohnt, pilgerten wir alle artig zu ihr und reisten der Reihe nach an. Die Nichten (Verwandtschaftsgrad aus meiner Perspektive) fanden