Samstag, 20. April 2024

Mediatheken-Tipps (20. April 2024)

Duell am Missouri (Exzentrisches New-Hollywood-Western-Drama, 1976) Bonnie und Clyde-Regisseur Arthur Penn bringt das Westernkino und New Hollywood zusammen, ebenso wie Jack Nicholson und Marlon Brando. Das Ergebnis ist ein stolz-atonaler, trotzdem wie aus einem Guss wirkender Mix aus Abgesang auf Macker-Archetypen und die Vorstellung des sich selbst regulierenden, angeblich hehren Wilden Westens, Auftragskiller-Groteske und Liebesgeschichte zwischen einem Ganoven wider Willen und einer ihren Vater verachtenden Unternehmertochter, gespielt von Kathleen Lloyd. (Warnung für Tierfreund:innen: Beim Dreh wurde durch rücksichtslosen Umgang Pferde verletzt.) arte-Mediathek, abrufbar bis zum 6. Mai 2024

Zwei im falschen Film (Meta-Liebesdrama, 2017) Einer meiner Lieblingsfilme aus dem Jahr 2017: Regisseurin und Autorin Laura Lackmann demontiert und zelebriert die inszenatorischen sowie narrativen Zugeständnisse (nicht nur) des Romantikfilms, indem sie ein Paar (famos: Laura Tonke und Marc Hosemann) vollauf ungeschönt, langweilig, geradezu nervig zeigt. Nicht einmal, weil es so dermaßen dysfunktional ist, sondern einfach, weil Lackmann vorführt, wie unfilmisch so ein Liebesleben sein kann. Nach und nach wird das Paar angenehmer, der Film wiederum kitschig-klischeehafter. Brillantes "Man will halt immer das, was man nicht hat"-Kino! ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 12. Mai 2024

Der Tiger von Eschnapur (Abenteuerromantik, 1959) Erster Part des epischen Indien-Zweiteilers von Regielegende Fritz Lang: In Der Tiger von Eschnapur entbrennt ein nicht nur zwischenmenschliche Beziehungen gefährdendes Liebesdreieck zwischen einem deutschen Architekten, einem Maharadscha und einer Tänzerin. Lang arbeitete bereits in der Stummfilmära als Drehbuchautor an einer Version dieses Stoffes, die aber Richard Eichberg inszenierte. Nun übernahm er selbst die Regie. Das Ergebnis ist wahrlich keine akkurate Lehrstunde in indischer Kultur und Historie, wohl aber ein farbprächtiges Abenteuermärchen mit viel Herz und einem genüsslich-bizarren Humor. ZDF-Mediathek, abrufbar bis zum 14. Mai 2024 

Das indische Grabmal (Abenteuerfilm, 1959) Zweiter Part des epischen Indien-Zweiteilers von Regielegende Fritz Lang: Mehr Trubel und drohender Tod, aber auch mehr Herzschmerz und Sinnlichkeit. ZDF-Mediathek, abrufbar bis zum 14. Mai 2024 

Buster - Ein Gauner mit Herz (Krimikomödie, 1988) Phil Collins sitzt nicht an den Drums und singt auch nicht in mehreren Sprachen, sondern zeigt sich als Schauspieler: In David Greens gewitzter Krimikomödie mimt er einen kleinen Trickbetrüger, der ausnahmsweise an einem großen Ding mitwirkt. So wird er urplötzlich zum meistgesuchten Verbrecher des britischen Empires. Ein Status, dem er erstmal wachsen muss. arte-Mediathek, abrufbar bis zum 18. Mai 2024

Zwischen uns die Nacht (Liebesdrama, 2023) Kirmes- und Nachtschwärmerei-Romantik treffen auf eine junge inszenatorische Stimme in Form von Regie-Newcomerin Abini Gold und herzlich-zwischenmenschliche Dramatik: Laura Balzer gibt eine tolle Performance als junge Mutter in sozial prekärer Position, die mangels Alternativen auf der Sommerkirmes anheuert. Alsbald hat sie unverhofftes Liebesglück, aber auch unerwarteten, romantischen Stress. Gelungene Balance aus hoffnungsvoller Unbeschwertheit und auf Romantisierung verzichteten Blick in gesellschaftlich überbevorteilte Schichten - und das echt hübsch gefilmt! ZDF-Mediathek, abrufbar bis zum 4. August 2024

Warum Mediatheken-Tipps? Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind ein unablässig sprudelnder Quell an sehenswerten Produktionen. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Reportage, Konzertfilm, Serie, oder oder oder. Doch nicht nur, dass man da leicht den Überblick verlieren kann: Ich kenne einige Menschen, die den Mediatheken kaum oder gar keine Beachtung schenken. Mit dieser Artikelreihe möchte ich Orientierung bieten, ebenso wie Anreiz, sich vermehrt mit den Mediatheken zu befassen. Dazu gebe ich wöchentlich sechs Anschautipps.

Wieso sechs Tipps? Ich möchte, dass diese Artikelreihe händelbar bleibt. Für mich, damit ich sie neben meinen anderweitigen Verpflichtungen verfassen kann. Und für euch: Ich will euch nicht mit Anschautipps erschlagen. Sechs Tipps halte ich indes für umsetzbar: Selbst, wer alle Tipps ansprechend findet, kann sich täglich einen davon angucken, und hat dennoch bis zur nächsten Ausgabe der Reihe auch einen Tag "mediathekenfrei". 

Die Mediatheken-Tipps erheben selbstredend keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viel mehr zu sehen, als ich hier Woche für Woche nennen könnte.

Samstag, 13. April 2024

Mediatheken-Tipps (13. April 2024)

Jane B ...wie Birkin (Kaleidoskopisches Star-Porträt, 1988) In diesem bruchstückhaften Filmessay widmet sich Agnès Varda der Schauspielerin, Sängerin und Stilikone Jane Birkin: Als Birkin sich ihrem 40. Geburtstag näherte und davon eingeschüchtert war, wollte Varda sie durch dieses Projekt aufmuntern und ihr die Angst vorm Alter nehmen. Interviewschnipsel wechseln sich mit mimischen Vignetten ab, die Birkins Vielseitigkeit belegen. arte-Mediathek, abrufbar bis zum 16. April 2024

Lions Love (... and Lies) (Semifiktionale Tragikomödie , 1969) Nouvelle-Vague-Filmemacherin Agnès Varda, mal wieder metafiktional: Innerhalb weniger Wochen unter halbdokumentarischen Bedingungen gedreht, blickt dieser größtenteils improvisierte Film auf die Traumfabrik Hollywood, eine avantgardistische Theaterszene, Liebe, Ruhm, Sex und Luxus. Mit dabei: Warhol-Muse Susan Hoffman, die Hair-Schöpfer James Rado und Gerome Ragni sowie Undergroundregisseurin Shirley Clarke und Jim Morrison. Dabei herausgekommen ist eine voller Flair steckende Zeitkapsel, ein Liebeslied an eine Kulturrevolution und auch ein Stückchen Abgesang auf eine Ära, die an sich selbst erstickte. arte-Mediathek, abrufbar bis zum 16. April 2024

Straße der Versuchung (Film-noir-Klassiker, 1945) M-Regisseur Fritz Lang adaptiert das französische Theaterstück Die Hündin und schafft somit einen imposanten Klassiker des Film noir, dessen Atmosphäre im finalen Drittel fast schon in Richtung Grusel-Drama kippt: Kleinbürger-Spießertum knallt auf Künstler-Milieu, häusliche Gewalt und gewissenlosen Wohlstand. Mit von der Partie: Eine umwerfende Joan Bennett und eine derart verdichtete Erzählweise, dass der US-Zensur schwindlig wurde. arte-Mediathek, abrufbar bis zum 27. April 2024

Ein ganz und gar verwahrlostes Mädchen - Ein Tag im Leben der Rita Rischak (Semifiktionale Dokumentation, 1977) Die ZDF-Mediathek kramt seit einiger Zeit Klassiker der Redaktion Das kleine Fernsehspiel hervor, und hat im Zuge dessen auch diese Vermischung aus Dokumentation und Scripted Drama aus dem Jahr 1977 wieder zu Tage gefördert: Regisseurin Jutta Brückner folgt der alleinerziehenden Mutter Rita, die in Interviews über ihre (zumeist negativen) Lebenserfahrungen und ihre bescheidenen Hoffnungen spricht, und in (ihrem Alltag entliehenen) Spielszenen ihren Tagesablauf nachahmt.
Gezeigt wird ein ungewöhnlicher Tag, da Rita sich aufgrund eines Diebstahls nicht an ihren Arbeitsplatz traut, woraufhin sie über Prostitution und die Tätigkeit für ein unseriöses Kreditunternehmen nachdenkt. Geschildert wird dies (dem Titel zum Trotz) betont vorwurfsfrei, aber mit Respekt gegenüber Rita und einem unaufdringlichen Blick für den gesamtgesellschaftlichen Kontext ihrer Lage. So sieht Scripted Reality aus, wenn sie nicht geschmacklos kalkuliert und ohne jegliches Geschick zusammengeschustert wird, um haufenweise Programmlücken im Privatfernsehen zu schließen. ZDF-Mediathek, abrufbar bis zum 27. April 2024

Das Millionenspiel (Satire, 1970) Das womöglich stärkste, definitiv aber das am längsten nachhallende Werk von TV-Ausnahmeautor Wolfgang Menge: Die Gesellschafts- und Medien-Satire Das Millionenspiel präsentiert sich als Staffelfinale einer gewissenlosen TV-Show, in der die gesamte Nation einen Freiwilligen jagen und töten darf. Sollte er das Studio lebend erreichen und eine letzte Prüfung überstehen, ist ihm das Preisgeld von einer Millionen Mark sicher. Bitterböse, stark gespielt (insbesondere von Dieter Thomas Heck als Moderator) und finster-versiert inszeniert. Die Werbeunterbrechungen sind ebenfalls satirisch-urkomisch, haben aber noch nicht ganz den Biss, den etwa Paul Verhoeven mit der Werbung in RoboCop beweisen sollte. Dennoch: Eine deutsche TV-Sternstunde und ein Glanzmoment im Menschenjagd-Filmgenre.ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 8. Juli 2024

Die gefährlichsten Bahnstrecken der Welt (Reportageserie, seit 2019)
Elf Jahre liegt das Ende von Die schönsten Bahnstrecken Deutschlands nun schon zurück, vor fünf Jahren begann wiederum die Produktion einer Reportageserie, die trotz des Titels und des Themas "Eisenbahn" nichts weiter damit gemeinsam hat. Also lasst euch nicht abschrecken! In Die gefährlichsten Bahnstrecken der Welt geht es um heikle Zugstrecken, ihre gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Funktion und ihre teils schwindelerregende Historie. Eingefangen in starken, atmosphärischen Bildern und daher ebenso Augenschmaus wie lehrreicher Blick in andere Winkel der Welt. arte-Mediathek, abrufbar bis zum 20. Juni 2024

Warum Mediatheken-Tipps? Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind ein unablässig sprudelnder Quell an sehenswerten Produktionen. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Reportage, Konzertfilm, Serie, oder oder oder. Doch nicht nur, dass man da leicht den Überblick verlieren kann: Ich kenne einige Menschen, die den Mediatheken kaum oder gar keine Beachtung schenken. Mit dieser Artikelreihe möchte ich Orientierung bieten, ebenso wie Anreiz, sich vermehrt mit den Mediatheken zu befassen. Dazu gebe ich wöchentlich sechs Anschautipps.

Wieso sechs Tipps? Ich möchte, dass diese Artikelreihe händelbar bleibt. Für mich, damit ich sie neben meinen anderweitigen Verpflichtungen verfassen kann. Und für euch: Ich will euch nicht mit Anschautipps erschlagen. Sechs Tipps halte ich indes für umsetzbar: Selbst, wer alle Tipps ansprechend findet, kann sich täglich einen davon angucken, und hat dennoch bis zur nächsten Ausgabe der Reihe auch einen Tag "mediathekenfrei". 

Die Mediatheken-Tipps erheben selbstredend keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viel mehr zu sehen, als ich hier Woche für Woche nennen könnte.