Dienstag, 27. Januar 2015

Folgeschwangerschaft



Ja nun war ich wieder schwanger... Am Anfang hatte ich große Angst vor einer Eileiterschwangerschaft. Als definitiv eine Fruchthöhle in der Gebärmutter festgestellt wurde, hatte ich Angst vor einem Windei. Als meine Ärztin dann einen Dottersack mit Embryo und Herzaktivität gesehen hat, hatte ich Angst, dass der Herz aufhört zu schlagen, wie bei meiner ersten Schwangerschaft. Als wir dann die 12. Woche geschafft haben und der erste große Fehlbildungsultraschall anstand, hatte ich Angst, dass man jetzt schon wieder Auffälligkeiten am Skelett sehen kann.
Man kann also sagen ich habe immer wieder neue Sachen gefunden, die nicht simmen könnten und mich völlig verrückt gemacht. Meine Frauenärztin hat mich dann auch an eine Klinik überwiesen, wo ich eine begleitende Therapie begonnen hab. An Arbeiten war gar nicht zu denken. Immer wieder war ich krank geschrieben und bin mal wieder kurz arbeiten gegangen. Leider habe ich von meiner Ärztin kein Beschäftigungsverbot bekommen und so musste ich mich immer wieder mit Krankschreibungen über Wasser halten, was aber auch eine gewisse finanzielle Einschränkung bedeutet. Aber es ging nicht anders. Meine Ängste waren so groß, dass ich auf arbeit nur noch auf der Toilette war um zu kontrollieren, ob ich eventuell Blutungen habe. Abends hatte ich nur Bauchschmerzen und war völlig am Ende.
Zu Hause ging es einigermaßen… Lange Spaziergänge konnte ich nicht machen… Immer wieder hatte ich Angst, ich würde das Baby verlieren, was natürlich vollkommen Quatsch ist, aber die Angst hat meinen Alltag bestimmt.
Ich war auch ganz oft beim Arzt. Jede Woche wurde geguckt, ob alles im Rahmen ist und sich das Baby gut entwickelt. Bei der Nackenfaltenmessung, welche wir in der Uniklinik haben machen lassen, wurde schon gesagt, dass eine thanatophore Dysplasie zu 99,9% ausgeschlossen sei und wir sollten in der 17 Woche nochmal zum Ultraschall kommen um diese zu 100% auszuschließen. In der  17. Woche wurde dann wieder gesagt, dass alles super aussehe und wir uns absolut keine Gedanken machen sollten und wir die Feindiagnostik in der 23. Woche nur machen um uns zu beruhigen. Die Ärztin hatte absolut nichts zu beanstanden.
Ach ja, ein kleiner Junge sollte es diesmal werden… Den Termin für die Feindiagnostik hatten wir dann für den 21.01. festgelegt. Also nach den ganzen Tagen, an denen wir an unsere Tochter denken wollten. Da war aber auch viel Aberglaube von mir mit dabei. Ich wollte nicht, dass sich das ganze aus dem letzten Jahr wiederholt.
Wie zu erwarten war, war auch die Feindiagnostik unauffällig und ich bin mittlerweile in der 24. Woche schwanger. Soweit war ich noch nie… Ein ganz komisches Gefühl. Auch weil ich irgendwie langsam entspannt werde. Obwohl ich schon schnell auf 180 bin, gerade, wenn ich den kleinen mal wieder längere Zeit nicht richtig spüren kann. Ich bin auch immernoch regelmäßig beim Arzt. Meine Ärztin hat zum Glück sehr viel Verständnis. Mein Mann  hilft mir auch, indem wir beide überlegen, ob es Sinn macht hinzugehen, oder ob ich einfach nur wieder überreagiere. Meistens sind wir aber doch beim Arzt… Ich hoffe ja, dass es langsam besser wird. Immerhin haben wir gerade erst die schlimme Zeit geschafft. Ich muss mich ja auch erstmal an diese neue Situation gewöhnen…

Hochzeit und Flitterwochen



Der Tag unserer Hochzeit war endlich da. Schon Tage vorher konnte ich nicht schlafen und war entsprechend aufgeregt. Aber als ich mich fertig machen durfte, war ich etwas entpannter. Als erstes kam eine kleine standesamtliche Trauung am Strand. Die Standesbeamtin hat einen Text vorgelesen, den ich ihr vorher geschickt habe und unsere Tochter wurde kurz erwähnt.
Bei der kirchlichen Trauung, welche am selben Tag stattfand, wurde sie auch mit eingebunden und die Pastorin hat einen schönen Weg in ihrer Predigt gefunden, es nicht zu traurig werden zu lassen. Wir haben für Cara auch eine Kerze gebastelt und diese während der Trauung angezündet, damit sie auch symbolisch bei uns war. Viele konnte es nicht verstehen, dass wir wollten, dass sie erwähnt wird, aber für uns gehörte sie einfach dazu, zu unserer Geschichte. Wäre sie lebend und gesund zur Welt gekommen, hätten wir sie doch auch nicht verschwiegen, also warum sollten wir das jetzt tun?
Wir haben dann auch 80 Luftballons in den Himmel steigen lassen. Nur wir wussten, dass auch das ein Zeichen für unsere kleine sein sollte, da das ja zur Beerdigung nicht geklappt hatte. Jedenfalls konnten wir diesen Tag sehr genießen und ich denken auch unsere Tochter hatte ihren Platz ohne dass es zu traurig wurde.
Kurz vor der Hochzeit habe ich meinen Mann gebeten, ein befreundetes Paar bitte wieder auszuladen. Eigentlich total gemein, aber die Frau war zu diesem Zeitpunkt eben im 7. Monat schwanger und ich konnte den Anblick von Babybäuchen einfach nicht ertragen. Das Paar war ziemlich enttäuscht, aber für uns war es das richtige auch wenn es mir unendlich leid tut. Aber es sollte mein Tag werden und ich wollte nicht den ganzen Tag einen Babybauch sehen und daran erinnert werden, was ich nicht haben konnte.
Was ich allerdings nicht wusste, die Fahrerin, die ich über eine Freundin organisiert bekommen hab, damit sie unsere Gäste nach Hause fährt, war auch im 6. Monat. Naja, aber sie hab ich nur kurz gesehen und nicht den ganzen Tag. Aber das reichte schon…
2 Tage nach der Hochzeit sind wir dann in Urlaub geflogen. Ein paar Tage Fuerteventura. Sonne, Strand, Cocktails und Entspannung. Das war toll. Selten war ich so entspannt. Nach meiner Rechnung hätte ich am Ende des Urlaubs auch wieder meine Tage bekommen sollen, was aber nicht der Fall war. Mein Mann und ich haben zwar nicht verhütet, aber da ich mir recht sicher war, wann mein Eisprung war und ich wusste, dass wir durch den Stress der Hochzeit zu dieser Zeit nicht miteinander geschlafen haben, habe ich eine Schwangerschaft ausgeschlossen. Der Test nach dem Urlaub war auch negativ und ich hab einfach weiter abgewartet.
Eine Woche später hab ich immernoch gewartet und noch einen Test gemacht… Hatte ich mich doch verrechnet? Diesmal war eine ganz schwache 2. Linie zu sehen. Der digitale Test brauchte dann Gewissheit…. „Schwanger“ stand da… Mein erster Gedanke war: „Oh nein, nicht schon wieder…“ Scheinbar hab ich mich wirklich verrechnet, denn laut der ersten Ultraschalluntersuchung hatte ich meinen Eisprung wohl doch nicht vor der Hochzeit, sondern erst während der Flitterwochen…
Jetzt ging alles wieder von vorne los. Auf der einen Seite hab ich mich gefreut, dass ich wieder schwanger war, aber die Angst war größer… Vor allem, weil der errechnete Entbindungstermin der 27.05.15 sein sollte und somit ziemlich genau 1 Jahr nach dem unserer Tochter… Sollte das jetzt gut oder schlecht sein? Wir haben gehofft, es ist gut. Immerhin ist das ein Flitterwochenbaby…

Freitag, 23. Januar 2015

Der Sommer - Es kann nur besser werden

Ich glaub der Wendepunkt kam etwa zur gleichen Zeit wie das Finale der Fußball WM. Hört sich bestimmt blöd an, aber ich glaube mich hat die Euphorie ein bisschen angesteckt. Wir haben viele Spiele zusammen mit Freunden geguckt und hatten dabei auch viel Spaß. Aber es war nicht der Fußball, der mir geholfen hat, sondern dass ich gemerkt habe, dass wir viele Freunde haben, die zu uns stehen und gerne Zeit mit uns verbringen. Komischerweise waren es Menschen, die wir erst recht kurz kannten, die uns zu dieser Zeit am besten verstehen konnten und uns viel unterstützt haben. Viele von meinen langjährigen „Freunden“ haben oft mit Unverständnis reagiert, wenn wir Bedarf hatten über unsere Tochter zu reden, oder haben einfach unangebracht reagiert. Der Kontakt wurde zu diesem Zeitpunkt auch immer weniger…
2 dieser langjährigen Freundinnen haben dann auch noch zu meiner Hochzeit abgesagt. Bei der einen war es in Ordnung, immerhin war sie zu diesem Zeitpunkt selbst auf Hochzeitsreise, aber dass die andere abgesagt hat, hat mich sehr sehr enttäuscht.
Auch auf Arbeit lief es langsam etwas besser. Ich bekam mehr Verantwortung und ich verstand mich auch mit meinen Kollegen immer besser. Trotzdem gab es immernoch Momente in denen ich mich schlecht gefühlt habe. Ich habe zu diesem Zeitpunkt auch relativ viel getrunken… Jeden Abend gabs ein Glas Wein, manchmal auch 2. Mein Freund war ernsthaft besorgt.
Mein Freund und ich haben auch ein neues gemeinsames Hobby gefunden, das Tanzen. Wir haben mit angefangen, damit wir zur Hochzeit einigermaßen tanzen können und es hat uns soviel Spaß gebracht, dass wir bis heute mit Spaß dabei sind. Auch das hat mir geholfen. Immer besonders an Sonntagen gings mir schlecht und wenn wir dann abends los sind zum tanzen, dann war ich meistens automatisch wieder besser drauf. Die Musik und die Bewegung taten einfach gut.
Unsere Hochzeit kam auch mit immer größeren Schritten näher. Da meine Trauzeugin recht weit weg wohnte und die Hochzeit ursprünglich ja klein geplant war, hab ich gesagt, dass ich keinen Junggesellenabschied haben möchte. Aber ich habe nicht mit meinen neuen tollen Freundinnen gerechnet. Die haben, also sie hörten, dass ich keinen haben werde, alles organisiert. Und wir haben einen tollen Tag verbracht. Ich musste viele Sachen machen, die ich eigentlich voll blöd fand, aber ich hatte Spaß daran.
Auch dass ich ganz viel für die Hochzeit  vorbereiten musste, weil ich alles selbst machen wollten, hat mir sehr durch diese Zeit geholfen und abgelenkt. Ich konnte auch meine Chef überreden, mir 3 Wochen Urlaub zu geben, statt nur 2 und so konnten wir spontan noch eine kleine Hochzeitsreise planen. Haben uns für 10 Tage Fuerteventura entschieden. Einfach nur Sonne tanken und entspannen. Wieviel uns dieser kleine Urlaub noch bedeuten wird, konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.

Endlich kam der große Tag. Meine lang geplante und herbeigesehnte Hochzeit. Wie schnell dann doch die Zeit vergehen kann… Aber ein bisschen Angst hatte ich trotzdem. Ich wollte, dass unsere Tochter eine Rolle spielt und für uns ein Teil dieses Tages wird, aber gleichzeitig sollte es ja eine Hochzeit werden und keine Trauerfeier. Ein kleiner Drahtseilakt, aber ich denke es ist uns ganz gut gelungen.

Samstag, 17. Januar 2015

Der Versuch eines Neuanfangs...

Am 02.5. gings dann los mit der neuen Arbeit. Ich habe mich gut gefühlt und war bereit für eine Neuanfang. Auf der neuen Arbeit wusste keiner von meiner Vorgeschichte und das fand ich gut. Das sollte erstmal so bleiben. Ich wollte einen kompletten Neuanfang und fühlte mich dazu bereit und stark genug.
Aber die Vergangenheit holte mich schneller ein, als mir lieb war. Schon am 2. Tag stand vor mir ein junger Mädchen, offensichtlich schwanger und offensichtlich hat sie gerade ihre letzte Zigarette ausgemacht. Nebenbei wollte sie von mir für Schwangere absolut ungeeignete Medikament haben und bestand auch darauf, immerhin sei sie ja schon länger schwanger und wüsste, was sie tut. Ich habe ihr die verlangten Medikamente verweigert und dann ist sie beleidigt abgezogen. Wahrscheinlich in die nächste Apotheke, aber ich hoffe sie hat auf meinen Rat gehört und lieber ihren Arzt zu Rate gezogen. Ich jedenfalls hab meine Pflicht getan. Aber kaum war besagte Kundin raus aus der Apotheke musste ich mich auf der Toilette einschliessen und erstmal heulen.
Wieso geht dieses Mädchen so unverantwortlich mit sich und ihrem Kind um und bekommt am Ende wahrscheinlich ein gesundes, lebendiges Baby und ich? Wo ich mich an alles gehalten hab, was man mir gesagt hat und mir nichts sehnlicher wünsche bekomme ein krankes Kind? Die Welt ist so unfair….
Am 19.5. dem eigentlichen ET unserer Tochter kam mich meine Mama besuchen. Das fand ich toll. Sie konnte mich ablenken und ich konnte mit ihr ein paar schöne Tage genießen. Wir wollten auch gemeinsam auf den Friedhof. Am 19 tagsüber habe ich dann so gemerkt, dass es mir nicht gut geht. Mir war ständig schwindelig und schlecht. Naja ich hab mir meinen Teil gedacht, wusste aber, dass es für einen Test noch zu früh war, immmerhin war mein Eisprung, laut Test erst ein paar Tage her.  Ich wollte abwarten bis meine Mama wieder weg ist, bis ich den Test mache.
Die Woche mit meiner Mama war schön. Wir haben ein paar Ausflüge gemacht und uns angesehen, wo wir im August heiraten wollen. Das tat echt gut. Kaum war meine Mama am Freitag losgefahren habe ich zu Hause einen Test gemacht. Dieser war eindeutig positiv. Ich hatte aber total Angst und hab gleich beim Arzt angerufen. Dieser hat erstmal nur Blut abgenommen, da er meinte, so früh könne man noch nichts sehen. Am Abend kam das Ergebnis und ich sollte unbedingt Montag früh gleich zu ihm, da der Wert doch so hoch sei, dass man was sehen müsse. Naja man konnte dann auch was sehen, aber leider nur eine leere Fruchthöhle. Naja, er meinte das sei ok, ich bin ja erst ganz am Anfang, aber Ende der Woche muss da mehr sein. Also am Freitag wieder hin. Immernoch nichts zu sehen, aber die Fruchthöhle wächst und das ist gut. Also neuen Termin für eine Woche später.
Auch da immernoch nichts. Nur eine riesige leere Fruchthöhle. Er hat nochmal Blut abgenommen und am Ende des Tages das Niederschmetternde Ergebnis, der Wert steigt, aber zu langsam. Ich sollte in die Uniklinik und sehen, was sie dort meinen. Auch da kam man zu dem gleichen Ergebnis. Leere Fruchthöhle und da wird wohl auch nichts mehr kommen. Rechnerisch war ich in der 7.SSW und ich wollte aber noch abwarten. Manchmal brauchen die kleinen ja etwas länger um sich zu zeigen. Bin auch in der Woche drauf zu einem anderen Arzt gegangen und er meinte er könne evtl in der eine Ecke was erahnen, aber sei sich nicht sicher. Er würde aber noch abwarten. Also haben wir noch eine Woche gewartet und haben aber immernoch nichts sehen können. Wir hatten dann die Wahl zwischen einer Ausschabung und einer medikamentösen Beendigung der Schwangerschaft. (Auf deutsch, wieder abbrechen…) Abwarten kam leider nicht infrage, da die Fruchthöhle mittlerweile so groß war, dass die Ärzte Angst hatten, sie könne zu einer bösartigen Wucherung werden.
Ich habe mich dann für die Medikamente entschieden, da ich nicht schon wieder eine Ausschabung wollte. Am Samstag sollte dann die Blutung einsetzten und ich habe gehofft, dass ich das alles ohne Krankenschein schaffe. Naja es kommt immer anders… Die Blutung am Samstag wurde so stark, dass ich Nachmittags in die Klinik musste, weil mir so schlecht und schwindelig war. Und wer war mein Arzt? Genau der, der mir damals im Januar gesagt hatte, dass unsere kleine einen zu kleinen Oberschenkel hatte. Er war auch ganz nett und hat bei der Untersuchung schnell festgestellt, dass ich zwar Blute aber das Gewebe  nicht abgegangen ist. Ich musste dann da bleiben und bekam nochmal Tabletten und eine Wehentropf, damit das dann abgeht. Aber die Blutung wurde im Laufe des Tages immer weniger und auch am Sonntag und Montag hatte sich trotz Medikamente nichts geändert und ich musste trotzdem zur Ausschabung.
Aus dem Neuanfang wurde für mich ein neuer Tiefpunkt… Die Schwangerschaft habe ich gar nicht als solche Wahrgenommen und für mich war das Ganze auch nicht so schlimm wie der Verlust im Januar, das ist ja klar, aber trotzdem habe ich damit einen neuen Tiefpunkt erreicht. Ich war komplett fertig mit der Welt und habe mich gefragt, warum ich mir das immer wieder antue.
Zu dem Zeitpunkt hatte ich dann zum Teil auch vor mir selbst Angst. Gerade wenn ich zur Arbeit gefahren bin. Wie oft habe ich mich bei Tempo 160 auf der Autobahn gefragt, was wohl passieren würde, wenn ich jetzt die Kontrolle verlieren würde…
Ich war wirklich fertig und mein Freund wusste das. Ich glaube auch er hat sich ernsthaft Sorgen um mich gemacht. So im Nachhinein denke ich, brauchte ich vielleicht nochmal diese Erfahrung. Immerhin hab ich nach der Geburt unserer Tochter immer und immer wieder versucht mich abzulenken um nur nicht groß zu Trauern oder um in ein tiefes Loch zu fallen. Ich glaube nach dieser Erfahrung kam dieses Loch und die Trauer um unsere Tochter wurde noch einmal so präsent wie im Januar. Eigentlich musste dieses Loch noch kommen.  Ich habe mich auch zu dem Zeitpunkt völlig überflüssig gefühlt. Auf Arbeit habe ich noch nicht wirklich Aufgaben bekommen und der Kundenansturm ließ auf sich warten, was bedeutete, dass ich viel rumgestanden und gewartet hab. Zu Hause habe ich mal wieder nichts auf die Reihe bekommen, weil ich nach 9 Stunden Arbeit und anschließender Autofahrt einfach immer fertig war abends, auch wenn die Arbeit nicht wirklich herrausfordernd war. Somit ist es auch kein Wunder wenn man auf solche Gedanken kommt. Wer ist schon gerne überflüssig…

Mein Halt war für mich mein Freund. Ohne ihn hätte ich das alles nicht geschafft. Er hat sich jeden Tag mein Elend angehört und versucht mich aufzubauen und durch ihn habe ich mich wieder besser gefühlt. Er hat mir das Gefühl gegeben wichtig zu sein, auch wenn er durch mich nur noch mehr Last am Hals hatte. Ich habe ihm oft gesagt, dass er mich verlassen soll, immerhin bin ich nur eine Last für ihn und kann ihm nichtmal den Kinderwunsch erfüllen, aber er hat nichts auf mein dummes Gelaber gegeben und ist bei mir geblieben.

Mittwoch, 14. Januar 2015

Und jetzt? Zurück in den Alltag

Nach ein paar schönen Tagen bei meinen Eltern kam ich wieder nach Hause in den grauen Alltag. Obwohl noch nicht ganz…
Gleich am ersten Tag zu Hause kam meine Trauzeugin mich besuchen und wir sind gemeinsam zur Hochzeitsmesse gegangen. Die Hochzeit, die ja schon länger für den 30.08. geplant war, musste mal genauere Form annehmen. Wir wollten ja nur im kleinen Kreis heiraten, also dachten wir, Februar wäre früh genug. Aber wollen wir das wirklich noch? Immerhin war diese kleine, intime Feier ja nur geplant, weil wir dachten, dass wir ein Baby mit dabei hätten. Die große Feier sollte dann ein Jahr später nachgeholt werden. Und nun? Ganz spontan und nach einem kurzen Gespräch mit meiner Trauzeugin und meinem zukünftigen, meinte mein Freund „Ach, ich will nicht mehr klein heiraten. Ich möchte einen DJ und tanzen und eine schöne Feier mit unserer ganzen Familie und vielen Freunden.“
Urlaub können wir ja auch nicht planen, da meine derzeitige Jobsituation mehr als ungewiss war. Naja, keine 2 Tage später hatten wir die neue Lokation gebucht und fingen an mit 50-60 Mann zu planen. (Am Ende sind es dann doch 80 geworden J)
Somit wurde unsere kleine 20 Mann Feier mal eben abgesägt und ich konnte mich auf meine Hochzeit konzentrieren, um wenigstens etwas zu tun zu haben und mich abzulenken.  Bald stand dann auch mein Geburtstag an. Noch so ein Tag, den ich eigentlich vergessen wollte. Wer will schon Geburtstag feiern, wenn das wichtigste fehlt? Immerhin war unsere Tochter zu dem Zeitpunkt gerade mal eine Monat tot. Aber gar nichts machen, kam mir auch falsch vor. Ich glaube das hätte sie auch nicht gewollt. Also habe ich meinen Bruder und seine Freundin eingeladen, sowie die Schwester meiner Freundes und noch eine gute Freundin von mir und wir sind dann alle Hochzeitskleider anprobieren gefahren. Also die Männer nicht, die haben nach Anzügen geschaut.
Und nach nur 4 Kleidern habe ich eins gefunden. Mein Traumkleid, von dem ich nicht dachte, dass ich es finden werde und vor allem, dass es mir stehen würde. Somit hatte der Tag dann doch etwas Gutes. Abends kam noch der Trauzeuge von meinem Freund und wir haben mit meinem Bruder und seiner Freundin zusammen gesessen, erzählt und ein paar Cocktails getrunken. Am Tag danach, als wir wieder Ruhe hatten, sind wir dann auf den Friedhof gefahren.
2 Tage nach meinem Geburtstag bin ich meine Cousine besuchen gefahren. Der Alltag ohne meinen Freund bekam mir nicht und ich hätte zwar wieder arbeiten gehen können, aber mit meiner Chefin konnte ich zu dem Zeitpunkt kein Wort mehr reden und sie wollte auch nicht, dass ich wiederkomme. Das hat sie mir ja eindrucksvoll klar gemacht.
Meine Cousine hat eine kleine Tochter, die war da gerade ein Jahr alt. Ich habe es so genossen mit der kleinen zu spielen. Ich fand es auch einfach nur toll, immerhin war sie der Beweis, dass es auch anders gehen kann und das hat mir Mut gemacht und das brauchte ich auch ganz ganz dringend. Was mich allerdings ziemlich belastet hat, meine Cousine und ihr Mann, haben die kleine auch oft „Mini“ genannt. Das tat jedes Mal weh, aber ich hab mich dran gewöhnt. Was sollte ich auch anderes tun…
Zu dem Zeitpunkt habe ich dann auch angefangen die ersten Bewerbungen rauszuschicken. Die ersten Gespräche in meinem Heimatort konnte man vergessen. Wenig Geld und jeden Samstag arbeiten bei nur 30 Stunden… Das wollte ich nicht. Also hab ich mal etwas weiter weg geguckt und habe eine tolle Stelle gefunden, allerdings 60 km entfernt. Das bedeutet jeden Tag allein 1,5 Stunden nur Auto fahren. Aber die Stelle gefiel mir so gut, dass ich sie schließlich angenommen hab. Zum 1.5. allerdings erst. Somit hatte ich noch fast 2 Monate zu Hause.
Mir gings zu diesem Zeitpunkt immer schlechter. Eigentlich sollte es mit der Zeit doch besser werden, oder? Weil ich allein nicht mehr klarkam und den Austausch gesucht habe, habe ich dann eine Trauergruppe gefunden, für Eltern, die ihr Kind während der Schwangerschaft oder kurz danach verloren haben. Allerdings organisiert durch die katholische Kirche… Da war ich erstmal am zweifeln, ob die mich aufnehmen würden, immerhin habe ich meine Schwangerschaft wissentlich abgebrochen… Aber die war total nett zu mir und meinte noch, dass sie es „schön“ findet, mal meine Seite zu hören. Sie kennt nur Eltern, die das Kind ausgetragen haben und möchte aber auch mal wissen, wie es Leuten geht, die sich anders entschieden haben. Allerdings trauen sich viele nicht, offen mit ihrer Trauer umzugehen, weil sie es ja so entschieden haben. Mir geht es ähnlich. Oft fühle ich mich schuldig, wenn ich trauere, immerhin habe ich den Tod unserer Tochter zu diesem Zeitpunkt zu verantworten. Aber habe ich deswegen weniger das Recht darauf traurig zu sein, als andere? Muss ich mich meiner Trauer schämen? Ich empfinde sie genauso, wie andere auch und sie tut genauso weh. Und zusätzlich dazu muss ich mich auch noch meinen Schuldgefühlen stellen.
Jedenfalls war Frau R. aus der Trauergruppe sehr nett und verständnisvoll und wir haben uns gut aufgehoben gefühlt. Auf das erste treffen ein paar Wochen später mit anderen Eltern war ich sehr gespannt. Aber ich hatte auch Angst. Wir würden die auf meine Geschichte reagieren? Kann ich mit den traurigen Geschichten von anderen Umgehen?
Das erste Treffen war sehr bewegend, aber ich habe mich zum ersten Mal verstanden gefühlt und ich konnte auch gut mit den Geschichten der anderen umgehen. Besser als ich erwartet hätte. Die Gruppe wurde dann ein fester Termin einmal im  Monat. Der Austausch mit anderen hat mir wirklich geholfen. Ich habe gemerkt, dass ich mit vielen Dingen nicht allein dastehe. Meine Trauer wurde dort auch akzeptiert und ich wurde nicht für meine Entscheidung angefeindet oder so, womit ich ja gerechnet hätte. Das wir die Schwangerschaft abgebrochen haben stand nur am Rand und war für keine wirklich wichtig und alle konnten unsere Trauer verstehen. Das hat mir sehr geholfen immerhin hat er mir gezeigt, dass es auch für mich ok ist, meine Trauer zu zeigen.
Im Februar habe ich nebenbei auch mit einer Therapie begonnen, um besser mit dem erlebten umgehen zu können. Diese hat mir bis dahin nur wenig gebracht. Die Akzeptanz in dieser Trauergruppe hat mir nach einer Sitzung mehr gebracht als 2 Monate Therapie. Dass ich diese dann angebrochen habe, muss ich glaub ich nicht weiter erwähnen… In der Trauergruppe habe ich gelernt, dass meine Gefühle völlig normal sind und ich sie nicht verstecken muss. Das konnte die Therapie nicht.

Somit habe ich mich dann auch ganz gut gewappnet gefühlt für einen Neustart in Sachen Arbeit. Aber erst kam noch ein Umzug. Wir mussten aus unserer Wohnung raus und konnten glücklicherweise die Nachbarwohnung bekommen. Somit bekamen wir den gewünschten Tapetenwechsel, einer bessere Wohnung und einen entspannten Umzug. Was will man mehr? Ausserdem haben wir entschieden, dass wir nach dem Umzug auch wieder mit der Familienplanung anfangen wollen. Bei uns beiden war der Wunsch nach einem Kind so groß, wir mussten es einfach wieder versuchen und wenn sie Zeit reif ist, würde unsere kleine uns ein Baby schicken.

Urlaub bei meinen Eltern



Der Gedanken, allein zu Hause zu sitzen, während mein Freund arbeiten geht, war für mich einfach nur erschreckend. Wir haben dann gemeinsam beschlossen, dass es wohl ganz gut is, wenn ich ein paar Tage zu meinen Eltern nach Bayern fahre. Ein Tapetenwechsel tut mir sicher auch ganz gut und meine Mutter hat sich eh sehr viel Sorgen um mich gemacht. So konnte sie mich ein bisschen bemuttern und verwöhnen und ich konnte mich ein wenig Erholen.

Aber mit viel Ruhe war nicht… Meine Mutter hat ohne mein Wissen auch noch meinen Cousin eingeladen. Ein komplett kaputter, verrückter Typ, der den ganzen Tag nur Mist redet. Also jemand, der mit seiner Art für gute Laune und viel Gelächter sorgt. Als sie mir am Freitag sagte, dass er Sonntag komme, war ich erst nicht wirklich begeistert. Ich wollte mich doch entspannen… Naja ändern konnte ich es jetzt nicht und ich habe mir gesagt, dass ich das beste draus machen werde.

Und was soll ich sagen… Ich habe in dieser Woche so viel Spaß gehabt, ich habe mich fast geschämt. Wie kann ich nur soviel lachen, obwohl meine Tochter gerade gestorben ist? Aber es tat mir gut. Man sagt immer „Lachen ist die beste Medizin“ und das stimmt auch.

Nur war mein Cousin nicht natürlich nicht als Therapiemaßnahme da, sondern weil er Ski fahren wollte. Einen Bekannten hatte er auch noch mit dabei. Ich stehe auch gerne auf Ski und bin dann auch 2 Mal mit den beiden mitgefahren. Frische Luft und ein bisschen Bewegung… fast so gut wie Lachen. Endlich fühlte ich mich nach 3 Wochen Elend, wieder ein bisschen besser. Aber war das normal, so schnell wieder etwas positives zu sehen? Mein schlechtes Gewissen blieb. Und trotz allem Gelächter und aller positiver Dinge habe ich trotzdem Phasen der Trauer gehabt. Den einen Abend habe ich mit meiner Mama zusammen auf der Couch gesessen und wir haben ein Gedicht gelesen.
Wo bist du? 

Wir haben uns in den Arm genommen und gemeinsam getrauert um unsere verloren Babys. Meine Mama hat nämlich auch 2 Babys verloren. Ich hatte ja auch im Juni 2013 schon eine Fehlgeburt in der 11. Woche.

Diese Seite mit den Gedichten hat mich auch immer wieder begleitet. Ich selbst bin kein Gedichte Schreiber, aber sie berühren mich unglaublich und einige sprechen mir wirklich aus der Seele.

Nach einer Woche bin ich auch wieder nach Hause gefahren. Vor allem, weil bei uns Hochzeitsmesse war und meine Trauzeugin sich angemeldet hat zu kommen. Der Abschied fällt mir immer schwer, aber diesmal war ich auch froh, bald wieder bei meinem Freund zu sein. Seine Nähe hat mir in dieser Zeit doch sehr gefehlt.

Die Beerdigung



Am 24.01.14 kam dann der Endgültige Abschied, die Beerdigung.

Wir wollten das ganze unter uns machen. Die Eltern meines Freundes wollten dabei sein und das war ok. Meine Eltern konnten aufgrund der Entfernung nicht kommen und ich glaube das war auch besser so. Vor allem, weil meine Mutter eine ähnliche Erfahrung machen musste und auch sehr mitgelitten hat. Ich hätte wohl nicht die Kraft gehabt, sie auch total aufgelöst zu sehen.

Am Ende ist nur meine Schwiegermutter dabei gewesen, mein Schwiegervater hat es leider nicht pünktlich geschafft. Freunde haben wir keine eingeladen. Zum eine wollten wir keinen damit belasten und wir wollten allein trauern. Ich hab vor anderen immer das Gefühl stark sein zu müssen und das wollte ich an dem Tag nicht. Vor meinem Mann kann ich ungehemmt weinen, vor anderen fällt es mir schwer. Deswegen war es mir schon fast zuviel dass meine Schwiegermutter dabei war. Aber sie wollte von Ihrer Enkeltochter Abschied nehmen und das wollte ich ihr nicht nehmen.

Als wir zu dem Grab gingen, lief das von mir ausgesuchte Lieder von Jupiter Jones. Am Grad angekommen stand dort dieser winzige, weiße Sarg zusammen mit dem von uns gewünschten Kranz aus hell lila Blumen. Diesen Anblick werde ich wohl nie vergessen.

Wir haben uns gegen eine kirchliche Bestattung entschieden, da wir beide zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich an Gott glauben konnten. Wie kann ein Gott uns sowas antun? Auch dazu habe ich heute eine andere Einstellung…  Aber auch ohne kirchlichen Bezug hat die Bestatterin Frau P. eine wunderschöne, einfühlsame Rede gehalten.

Eigentlich wollten wir Luftballons in die Luft fliegen lassen für Cara, aber diese haben sich von allein gelöst und sind abgeflogen. Wir haben unsere Wünsche für sie dann hinterhergeschickt. Aber ich glaube immernoch, dass sie in dem Moment bei uns war und uns damit ein Zeichen geben wollte. So in der Art „Ich bin immer bei euch. Gebt nicht auf und lebt euer Leben ohne mich weiter. Ich gucke von meinem Stern aus zu“

Der für mich schwerste Moment war der, als der Sarg in die Erde gelassen wurde. Das hatte sowas endgültiges. Ich konnte dabei nicht zusehen und in dem Moment haben ich auch die Fassung verloren. Zudem war es kalt und es lag Schnee und ich dacht nur: „Meine Tochter liegt jetzt in diesem kalten Erdloch. Das kann nicht richtig sein. Warum tut denn keiner was und holt sie raus. Man kann doch einen kleinen Menschen nicht allein in diesem Loch lassen? Wir haben dann noch Blumen reingeworfen und weil dann das Lied Tears in Heaven gespielt wurde, wollte mein Freund noch stehen bleiben. Ich konnte nicht in dieses Grab schauen. Ich kann gar nicht sagen , was das für ein Gefühl war, aber ich wollte einfach nur weg von diesem Loch.

Den Rest des Tages war mit mir nicht mehr anzufangen. Ich habe seit meinem 1. Geburtstag eine Püppi. Ich habe nach Caras Geburt festgestellt, dass diese Püppi, genau die Maße von Cara hat.  Also was Größe und Kopfumfang angeht. Diese Püppi im Arm zu halten hat mich beruhigt. Das klingt wahrscheinlich total verrückt, aber in der ersten Zeit musste ich sie immer bei mir haben. Sie war wie ein kleiner Tröster für mich in den ersten Wochen nach der Geburt.  Auch an diesem Tag war sie bei mir und gab mir ein bisschen Kraft zurück.

Wir sind nach der Beerdigung auch nicht mehr irgendwo Kaffe trinken gegangen. Wir wollten nur nach Hause und in alle Ruhe trauern.  Damit kam aber auch ein kleiner Schnitt…

Das Wochenende danach haben wir noch gemeinsam verbracht, aber am Montag wollte mein Freund wieder zur Arbeit gehen. Ich durfte ja noch nicht, wegen dem Mutterschutz und habe mich entschlossen am kommenden Freitag zu meinen Eltern zu fahren…