Donnerstag, 31. März 2016

Warum ich meinen Ehemann nicht huldige....

Seitdem wir Eltern geworden sind und uns die Kindererziehung und den Haushalt teilen, hat der Großteil der Gesellschaft meinen Mann und mich in zwei ganz eindeutige Schemata gesteckt:

Ich - die böse, arbeitende Mutter, der immer wieder Fragen wie: "wo ist denn dein Kind? Wer passt auf dein Kind auf? So lange fährst du auf Fortbildung und lässt dein Kind alleine?" gestellt werden.

Mein Mann - der Held. Wenn er mal vier Tage durchgehend über Nacht auswärts ist, wird das nicht einmal eines Kommentares gewürdigt. Wenn er vier Tage snowboarden mit Freunden fährt wird das höchstens mit einem "ja, ds hat er sich wohl verdient" quitiert.

Ich sehe das nicht ganz so. Genaugenommen kann ich nicht einmal ansatzweise nachvollziehen, warum man einen Mann und Vater gerade zu huldigt und verehrt, nur weil er seinen Part der Partnerschaft und Kindererziehung übernimmt. Warum man ihm eine Auszeit zugesteht, wenn eine Frau jedoch mal "zur Erholung" mit Freundinnen wegfährt, sie sich fast immer und überall rechtfertigen muss. Oder sich von selbst rechtfertigt. 

 

Die Rollenverteilung in Österreich sieht nun mal nicht vor, dass eine Mutter auch eine Frau mit Bedürfnissen jenseits der Kindererziehung ist. Leider scheint es, als sehen in Österreich und Deutschland die Menschen es immer noch als ungewöhnlich an, wenn sich Männer ganz selbstverständlich an Hausarbeit und Erziehung beteiligen. 
Die Huldigung von selbständigen Männern, welche ihre Verantwortung zu Hause schlichtweg wahrnehmen, nimmt teilweise drastische Formen an. Im Supermarkt werden sie beglückwünscht, wenn sie mit dem Nachwuchs einkaufen gehen, auf dem Spielplatz, obwohl Männer hier nicht mehr ganz so eindeutig zu den Exoten zählen, werden sie neugierig beäugt und von (meiner Meinung nach frustrierten) (Haus-)Frauen umgarnt.

Da stellt sich mir die Frage: Wann wurde denn eine Frau jemals auf ein Podest gehoben, weil sie zwei Ladungen Waschmaschinen gewaschen, Essen gekocht und das Kind ins Bett gebracht hat? Wann hat man Frauen jemals Rosen gestreut, weil sie das Kind vom Kindergarten abholt oder dreißig Stunden statt Vollzeit arbeitet?
Richtig. Nie. Es ist selbstverständlich. Auch für die meisten Frauen.



Hat sich mal jemand überlegt, was für einen Keil das eigentlich zwischen ein Paar treiben kann, wenn einer immer das große Lob einheimst während der andere dafür genau null Anerkennung bekommt . Wohlgemerkt für die gleiche Sache.

Man kann es irgendwann nicht mehr hören und die Stimmung heizt sich auf. Erst neulich wieder wurde mir gesagt: "hach, du hast ja so ein Glück mit deinem Mann, der geht auch mal raus mit dem Kleinen und macht was im Haushalt. Von alleine. Davon kann ich nur träumen."

Liebe Frauen die ihr so denkt, hier mal ein kurzes Statement dazu:

Ihr seid zum großen Teil selbst Schuld an der Misere.
Zum ersten: dann sucht euch von Anfang an einen Mann, der sich zu gleichen Teilen und vor allem VON SELBST (bevor das Kind da ist) an der normalen Hausarbeit beteiligt. Wer jetzt sagt, von denen gibt es wenige: stimmt nicht. Man muss sie nur lassen und ihnen nicht ständig reinreden. Wenn mir immer einer reinredet, dass er etwas besser kann, kapituliere ich auch irgendwann und lass es ihn selbst machen.


Zweitens: redet VOR der Kinderzeugung über eure Vorstellungen des gemeinsamen Lebens. Wenn das kleine Baby mal da ist, bleibt keine Zeit dafür.

Drittens - auch wenn ich mich wiederhole: Lasst die Männer doch einfach machen. Sie wollen zum Großteil von ganz alleine Teil des Ganzen sein! Wie oft habe ich schon erlebt, dass Frauen die Männer gar nicht lassen
Da hört man unter anderem von getrennten Betten, damit der Partner schlafen kann. 
Geht's noch? Man mag mich streng nennen, auch gemein hab ich schon gehört. Aber zum Kinder-zeugen gehören zwei, warum sollte dann plötzlich nur mehr eine die ganze Arbeit haben? Und ja: Kinder erziehen ist Arbeit. Für beide. Punkt.
 
Ich höre schon die Argumentation: ja, aber der muss ja fit sein für die Arbeit! 

Ach ja, und die Frau, die beim Baby zu Hause bleibt, kann sich erlauben, übermüdet und entkräftet zu sein? Sie hat ja "nur" die Verantwortung für ein kleines Lebewesen?
Nein, natürlich ist der Job da wichtiger.....Wehe eine arbeitende Frau würde sich selbst aus dem Schlafzimmer ausquartieren, damit sie zur Ruhe kommt. Ach ja, stimmt. Frauen machen das normalerweise nicht.

Da kann ich nur den Kopf schütteln.

Mein schlichtes Plädoyer: liebe Frauen, bevor ihr euch ständig beschwert, dass euer Mann dieses und jenes nicht macht, dass er sich die Frechheit heraus nimmt und ins Fitnessstudio geht, überlegt euch doch lieber mal, wann ihr das letzte Mal etwas nur für euch gemacht habt. Und dann tut es. Und lasst den Mann mit Kind alleine. Nicht nur eine STunde. Einen Tag, ein paar Tage, eine Woche. Männer können das. Meistens besser als wir glauben.
Und wenn ihr das nicht schafft: dann hört doch wenigstens auf, euch darüber zu beschweren. Die Kraft etwas zu verändern liegt immer in einem selbst. 



Sonntag, 13. September 2015

Mommy-Wars oder auch Schwiegermama-Wars

Es ist ja fast schon zu abgedroschen, Konflikte mit der Schwiegermutter zu haben. Aus Erzählungen von Freunden und Bekannten kenne ich ja nur zwei voll gültige Varianten: 
a) wir reden gar nicht miteinander/haben den Kontakt abgebrochen/gehen uns aus dem Weg und 
b) ich habe so ein Glück solch eine tolle Schwiegermama zu haben.

So weit so gut. Bis zur Geburt unseres Sohnes dachte ich, ich gehöre wenn dann am ehesten zur zweiten Gruppe, was sich nach der Geburt rasch relativierte und momentan einem neuen Höhepunkt zusteuert.
Schwiegermama, wir wollen sie hier mit Schwimu abkürzen, hat eine ganz andere Sozialisation und damit Kindheit und eigentlich überhaupt Leben erfahren. Und obwohl es immer wirkte als wäre sie ganz zufrieden mit der Wahl ihres Sohnes mich als Ehefrau zu erwählen, scheint sich das Blatt nun zu wenden.
Gestern wurde mir, und eigentlich ALLEN arbeitenden Müttern, vorgeworfen, dass wir dadurch, dass wir nicht zu Hause bleiben, die Selbstaufgabe derer, die in den 80er und 90er Jahren nur für ihre Kinder da waren, verhöhnen und ausspotten und klein machen.

Da haben wir es also wieder. Nicht nur bin ich schuld, wenn sich Mütter meiner Generation schlecht fühlen, weil sie mit ihrem Studium nach Geburt des ersten Kindes nichts mehr anfangen und sich zur Hausfrau entscheiden, nein, ich bin jetzt für die Tränen und das "sich-unwichtig-fühlen" der Generation davor auch noch schuld.
Na bravo.
Als würde der regelmäßige Klaps auf den Hinterkopf vom Staat Österreich, fast allen Bekannten und der Gesellschaft im Allgemeinen nicht schon ausreichen.

Meine Mutter kommentiert sowas dann immer lapidar mit: die sind am Land aufgewachsen, haben keine Wahl gehabt, können nicht anders, meinen es auch nicht böse.
Das mag so sein. Das mag so stimmen. Manche Menschen hatten keine Wahl.
Ich weiß das, ich muss über das nicht ständig nachdenken, mich schlecht fühlen oder vielleicht deshalb meine Entscheidungen an die ERlebnisse der anderen anpassen. UNd überhaupt, wieso immer ICH? Es war nicht MEINE Entscheidung, es war UNSERE Entscheidung. In der heutigen Zeit gibt es Gott sei Dank immer mehr Männer die begreifen, dass zum Vater sein mehr dazu gehört als nur SPrema abzuliefern und nach 8 Jahren dann mal auf einen Zelt-Ausflug zu fahren.
WIR haben uns bewusst entschieden. Und das geht niemanden etwas an.

Ich habe es schon so satt, mich ständig rechtfertigen zu müssen. Mir, wie gestern auch, anhören zu müssen, dass ich als arbeitende Mutter schuld bin, wenn, und ich zitiere "die Arbeit im Land ausgeht weil die Frauen jetzt alle arbeiten gehen", "die Kinder kein Bitte, Danke und Guten Tag, Auf Wiedersehen mehr kennen", "die Kindererziehung keine Wertschätzung mehr erlebt", "die Kinder abgeschoben werden und dann nur noch vor dem TV sitzen".
Ich mag nicht mehr, ich kann nicht mehr.
Wir reißen uns tagtäglich den Arsch auf, um unserem Sohn eine schöne Kindheit zu verschaffen. Mit allem was dazu gehört. Positivem und Negativem. Ja, wir setzen Grenzen, ja wir kuscheln im Bett, ja, wir essen IMMER gemeinsam, ja, Mama geht mal aus, Papa geht mal aus, und ja, verdammt noch mal, wir gehen auch mal gemeinsam als PAAR und nicht als ELTERN aus, fahren auf Urlaub und Kind darf bei Oma bleiben.
Und wisst ihr was? Es tut uns gut, und damit tut es unserem Sohn gut! Er ist ein kleines glückliches Energiebündel, der genau weiß, dass wir auch mal für kurze Zeit weg sind, aber das es andere Menschen gibt, die ihn lieben und sich um ihn kümmern. Er weiß, dass MAma und Papa wieder kommen und dann ausgeglichener und glücklicher sind.
Und wir wissen, wir entscheiden uns für all das bewusst. WIr haben uns bewusst entschieden, dass auch mein Mann eine Zeit Kinderzeit nimmt, weil wir wussten, dass ich zutiefst unglücklich wäre, wenn ich nicht arbeiten dürfte und könnte, und damit eine zutiefst frustrierte Mutter wäre - was wahrlich nicht gut fürs Kind ist.  Und mein Mann wäre zutiefst unglücklich, hätte er nicht die Gelegenheit bekommen, eine zeitlang bei unserem Sohn zu bleiben.
Es ist wie es ist. 
Bitte nicht falsch verstehen. Ich will keine Lanze für alle arbeitenden Mütter brechen. Aber ich habe es satt, unser Konzept ständig verteidigen zu müssen. Es mag Frauen und Familien geben, deren Weg es ist, trotz jahrelanger guter Ausbildung 5 oder mehr Jahre beim Kind zu bleiben. Deren Männer plötzlich nur mehr Überstunden machen "wegen dem Geld" (da fragt isch im übrigen niemand, ob das evenutell Auswirkungen auf das Kind hat. Fremdeln dem Vater gegenüber gehört ja offenbar auch schon wieder zum guten Ton); wo Frau sich "Nicht vorstellen kann auch nur eine Minute getrennt von ihrem Baby zu sein", und die glauben, dass der einzige Weg zu kindlicher Zufriedenheit die permanente Anwesenheit der Mutter ist. Bitte tut das, bitte macht das.
Aber macht uns nicht verantwortlich für eure Selbstwertmangel, eure fehlende Anerkennung und die fehlende Unterstützung.
Lasst uns unseren Lebensweg gehen, und zwar endlich einmal fernab der dummen, verletzenden und unwahren Kommentare und Weisheiten.
Ein Arbeitskollege meinte mal, "das sind alles Hausfrauen- und Küchenfliesenweisheiten". Mag abwertend klingen, aber mittlerweile sehe ich das genauso.
Punkt.

Dienstag, 7. Juli 2015

Offener Brief zur Betreuungsituation in Österreich


Liebe Fr. Karmasin,

 
gleich vorweg möchte ich sagen, dass ich Ihre Bemühungen und Ihre Arbeit prinzipiell nicht schlecht finde. Frischer Wind hat im Familienministerium gefehlt, den bringen Sie hinein.


Leider habe ich oftmals das Gefühl, dass Sie und Ihr Projektteam etwas an der Realität von Otto-Normal-Verbraucher/in vorbei agieren. Viele Problemlagen und Herausforderungen, mit denen sich „neue“ Eltern herumschlagen müssen, finden in Ihren Programmen keine Erwähnung. Vielleicht, weil niemand von Ihnen und Ihren Mitarbeiter/innen betroffen ist/war, vielleicht weil es Ihnen einfach nicht  bewusst ist.


Wir sind eine kleine Familie. Unser Sohn ist 13 Monate alt, ich war acht Wochen im Mutterschutz, die Karenz teilen sich mein Mann und ich: er nahm zehn Monate, ich zwei. Wir haben uns für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld entschieden – über die Probleme die wir damit hatten und haben will ich gar nicht erst anfangen. Das war eigentlich die erste „Watschn“. Nicht nur, das mein Anteil gleich mal falsch berechnet wurde, ich durfte mich dann auch noch schief anschauen lassen, weil ich nur zwei Monate Karenz konsumierte und mein Mann den größeren Teil. Österreich eben.

Wie Sie also unschwer erkennen können, bin ich berufstätig (mit 30 Stunden/Woche), mein Mann steigt nach der Karenz ebenso wieder mit 30 Stunden pro Woche ein. Wir teilen uns alles: die Kindererziehung, den Haushalt. Diskussionen wer die Wäsche wäscht und den Geschirrspüler ausräumt gibt es nicht. Es ist selbstverständlich, dass wir gleichwertige Partner/innen sind. Quasi das von den Medien und Ihnen propagierte „Ideal“, nachdem es ja mittlerweile zahlreiche Studien gibt die belegen, dass selbst in Akademiker/innen-Haushalten die Frauen nach der Geburt des Kindes unvermittelt ihre Gleichberechtigung aufgeben und plötzlich ganz Hausfrau sind. Nicht so bei uns. Gleichberechtigung Hurra.

Unser Sohn wurde mit Juni, als er 1 Jahr alt war, in die Kindergruppe eingewöhnt. Ohne Probleme wohlgemerkt, er liebt es dort und ist MO bis FR bis 13 Uhr dort gut aufgehoben. Gott sei Dank, denn eine Auswahl an Kinderbetreuungsmöglichkeiten für Kinder unter 3 Jahren gibt es bei uns im Bezirk Melk bzw. St. Pölten Land so gut wie nicht. Man muss nehmen was man kriegt. Das war eigentlich die zweite „Watschn“. Über Betreuungsschlüssel bzw. Empfehlungen von Expert/innen dahingehend schaut man ja dann gleich mal hinweg, denn wenn wir darauf Wert gelegt hätten, wäre es das auch schon wieder gewesen mit Kinderbetreuung.

 

Als uns schließlich vorgerechnet wurde, wie viel wir für die Betreuung zahlen müssen, wurde uns schwindelig. Wir haben zwar beide ein oder mehrere Studien abgeschlossen, das garantiert in der heutigen Zeit jedoch noch lange kein 1a Gehalt. Das war also dann  „Watschn“ Nr. 3 dafür, dass wir beide, und ich als Mutter im Speziellen, gerne arbeiten gehen: €285,- pro Monat, unflexibel gestaltet, wir zahlen in Wahrheit 5 Stunden zu viel, anders geht es aber nicht, da die Kindergruppe „nun mal nur Pauschalen ab 7 Uhr anbietet“.

„Watschn“ Nr. 4 kam dann heute morgen, nachdem uns klar gemacht wurde, dass die Pauschale von € 285,- für unseren Sohn nicht mehr zutrifft, da er ja teilweise länger schläft (15-30 Minuten, also bis 1315-1330Uhr) und damit die nächst höhere Pauschale von €325,- fällig wird. Das wir die Betreuung ja eigentlich erst ab 8 Uhr brauchen, ist allen egal, denn wie gesagt: es gibt nur Pauschalen ab 7 Uhr.

Dass Sie diesbezüglich nicht zur Rechenschaft gezogen werden können und sollen, ist uns klar. Jedoch ist das Fass nun zum Überlaufen voll, und daher dieser „Bericht“, diese Stellungnahme an Sie.

Es wird propagiert, die Väter sollen doch in Karenz gehen, Frauen wieder zurück in den Job, die Flexibilität lebe hoch, alle die dies so umsetzen, sind Vorbilder und sollten Werbung dafür machen.

Ganz ehrlich? Wir warten verzweifelt auf den „Schulterklopfer“, auf die Belohnung, die Bestätigung dass wir „toll“ sind und es richtig machen. Denn bisher wurden wir Länge mal Breite nur bestraft.

Förderungen für die Kinderbetreuung sind nur für Menschen mit wenig Einkommen und vielen Kindern vorgesehen. Die maximale Höhe an Einkommen liegt in NÖ bei €2400,- NETTO zu ZWEIT für 1 Kind. Bei aller Liebe, das hat man schnell, und wenn man es nicht schnell hat, braucht man auch keine Kinderbetreuung weil dann die Mama sowieso daheim bleibt.

Setzt man sein Kind einer Gefährdung aus bzw. sieht das Jugendamt es für notwendig an, dass die Kinder auch mal aus der Familie in eine Betreuung kommen, dann wird dies selbstverständlich vom Staat gezahlt.
Das wir unser Kind gut versorgen, nicht misshandeln und das Beste für ihn wollen, das wird in Österreich nicht belohnt. Wir dürfen den vollen Preis bezahlen. Denn, ja, wenn wir das nicht wollen, dann „bleib eben beim Kind“.

Da sind wir dann auch schon beim nächsten Punkt, den man viel zu oft hört: wenn du unzufrieden bist, dann bleib eben daheim: Ein Kind gehört ohnehin zu seiner Mutter.

Das sich Frauen, die nach kurzer Babypause wieder in den Beruf zurück wollen, ein dickes Fell wachsen lassen müssen, davon redet in der Politik auch keiner. Die Anfeindungen, die unterschwelligen Angriffe und die Vorwürfe, die man sich von 75% der Gesellschaft anhören muss, dazu nimmt keiner Stellung. Wie belastend das ist und sein kann, davon will auch keiner etwas wissen.

Schulterklopfer gibt es maximal für die paar Väter, die 2 Monate zu Hause bleiben, schiefe Blicke und Kopf schütteln hagelt es in den meisten Fällen für die Mütter. Ich weiß wovon ich rede, wir „leben diesen Traum“.

 

Was genau ich nun will, liebe Frau Karmasin?

Wir mögen Sie. Wir finden Ihre Ansätze gut.

Aber wie wäre es mit etwas mehr „bottom-up“ anstatt „top-down“? Stellen Sie sich doch ein Team aus Menschen zusammen, die die Probleme, von denen wir hier sprechen, kennen und damit „lebensnahe und authentische“ Projekte in Angriff nehmen können.

Außerdem hätten wir gerne ein bisschen Anerkennung. Dafür, dass wir trotz der unzähligen Steine, die uns in den Weg gelegt werden, auf unserem Weg beharren und uns nicht abbringen lassen. Dafür, dass wir in Wahrheit fast schon in die Falle „working-poor“ tappen, u.a. damit die Gleichberechtigung in der Partnerschaft erhalten bleibt und auch der Papa zu seinem Recht kommt: nämlich Zeit mit seinem Sohn zu verbringen.

Gestalten Sie doch eine Kampagne mal so, wie es ist: Väter sollen nicht in Karenz gehen weil es „schick“ ist oder für „Gleichberechtigung“ sorgt. Nein, sie sollen ohne Probleme in Karenz gehen können, weil es IHR RECHT IST als Vater, und es das Recht der Mutter ist, wieder in einen Beruf einsteigen zu können.


Liebe Fr. Karmasin, ich bin auf Ihre Reaktion gespannt, und habe tatsächlich die kleine Hoffnung, dass dieser offene Brief nicht in der Versenkung verschwindet.

 

Mit den besten Grüßen

 

 

 

Freitag, 3. Juli 2015

Die schlechte Mutter

Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit dem wir das spannende Abenteuer "Elternschaft" begonnen haben. Unzählige Dinge sind passiert: lustige, traurige, erstaunliche, wunderbare, unbeschreibliche Dinge.
Zeit für mich, einmal kurz inne zu halten, das Jahr Revue passieren zu lassen und zu einem einzig logischen Schluß zu kommen: ich bin eine schlechte Mutter.
Ja, das ist so. 
Warum? Nun ja, wenn ich mir all die zahllosen Kommentare, Postings, unterschwellig angebrachte Kritik oder auch offen ausgesprochene Meinungen zu unserem Leben zu Herzen und damit ganz ernst nehme, ja, dann bleibt kein anderer Schluß als der, dass ich eine schlechte Mutter bin.
Warum nicht schlechte Eltern?
Nun, ihr müsst wissen, als Mama hat man eine ganz spezielle Rolle über. Als Vater ist man da ein bißchen außen vor. Da bekommt man Schulterklopfer und ein "Toll, dass du das alles machst" wenn du einmal Windel wechselst und/oder Wäsche wascht. Das ist als Frau und Mutter ja quasi Grundvoraussetzung.
Wenn dein Kind mit einem Jahr in die Kindergruppe eingewöhnt wird sagt keiner: "Ach, weil ihr beide arbeitet."
Nein.
Stattdessen: "Ach, ja, die Mutter, die wollte unbedingt wieder arbeiten. Jaja, in der heutigen Zeit, da darf man ja nicht einmal mehr ein paar Jährchen beim Kind bleiben, eine Schande ist das."
Auch so ein Klassiker: die Schuld hat, egal wie man es dreht und wendet, am Ende immer die Mutter.
Alle "Profis" (=Menschen mit Kindern) wissen: ein Lebensjahr, manchmal sogar ein Lebensmonat eines Kindes ist von Phasen geprägt. Einmal bleibt er/sie ganz ruhig liegen beim Wickeln, fast schon veträumt, einmal kann man ihn/sie nicht einmal mehr wirklich ausziehen weil das kleine Energiebündel einfach wichtigeres zu tun hat als die bis zum Rand vollgeschissene Windel entfernt zu bekommen. "Keine Zeit Mama". Hach, wenn sie doch mit einem Jahr schon volle Sätze sagen könnten.....
Jedenfalls. Phasen.
Unserer wechselt sich ab in Mama- und Papaphasen. Einmal ist Papa das einzige was Kind braucht, einmal Mama. Wir als Eltern sehen das mittlerweile ziemlich gelassen. So ist das halt. Nach einer mehrwöchigen "Nur-Papa" Phase folgte bislang immer eine mehrwöchige "Nur-Mama" Phase. Dazwischen manchmal sogar eine "ihr-seid-eh-beide-gleich-wichtig" Phase.
Das man sich als Eltern damit arrangiert heißt aber nicht, dass die Umwelt das auch tut. Im Gegenteil. Jede Phase wurde und wird genau unter die Lupe genommen, analysiert und dann ausgewertet. Ergebnis: dreimal dürft ihr raten.
Ja richtig! Man ist eine schlechte Mutter.
Zitat: "Naja, eh klar dass er gerade so an der Mama hängt. Was man so selten hat, das will man halt dann die ganze Zeit wenn es endlich mal da ist."
Zitat drei Monate davor, Papa-Phase: "Naja, eh klar dass er so am Papa hängt. Die Mama ist ja nie daheim."
Man sieht: als arbeitende Frau und Mutter hat man immer die Arschkarte.
Da nutzen auch nett gemeinte Ratschläge des Ehegatten "Ach komm, die wissen es halt nicht besser" (mit einem süffisanten Grinser untermalt, da er ja wieder mal der Held ist) nichts. Ehestreit ist in diesem Kommentar-Paket übrigens gratis mit dabei.

Ich liebe ja meine beste Freundin für ihre immer wieder passenden Kommentare in Anwesenheit diverser Familienmitglieder, für welche die Tatsache, dass Mama arbeiten geht ja eigentlich für eine schwere Sinnkrise sorgt und gänzlich unverständlich ist.
Zitat auf den Kommentar, dass 1-jähriges Kind von uns noch keinen Zucker bekommt und die damit einhergehende Unverständnis sämtlicher anwesender Omas:
"Naja, dass du eine schlechte Mutter ist wissen wir ja eh schon lange. **Augenzwinkern** ".
Die Stille am Tisch hätte man aufnehmen müssen. Genial. Unbezahlbar.
Sogar meinem Mann kam ein Grinser aus.

Aber das schlechte-Mama-Sein beginnt ja schon bei der Geburt.
Ich habe ja leider die Angewohnheit, sehr direkt, offen und ehrlich über solch einschneidene Erlebnisse wie eben eine Geburt zu sprechen. Zwar nur nach Aufforderung (ganz ehrlich, vor allen unter kinderlosen Freunden gibt es einfach viel bessere Geschichten), aber trotzdem. Spätestens seit dem letzten ehrlichen Bericht weiß ich: Ehrlichkeit kommt nicht gut an.
Und nein, es ging nicht um Schmerzen, Dammschnitte, Schreie, Blut oder sonstige Späße. Die simple Herausforderung war es, auf die Feststellung: "Hast dich auch ein solches Freuden- und Glücksgefühl durchströmt, als sie dir das Baby dann auf den Bauch gelegt haben?"
Die erwartete Antwort war offenbar:
"Ja, ich hab mich gar nicht eingekriegt vor lauter Glückshormonen und habe in diesem Moment endlich meine Bestimmung gefunden: Mutter zu sein, mein Kind zu nähren und nie wieder etwas anderes zu tun."
Die Wahrheit ist, und somit auch meine Antwort:
"Nein. Ich kann mich erinnern, dass mein Mann in Tränen ausgebrochen ist und ich, eigentlich untypisch unsensibel kommentierte: du weinst ja. "
Der war daraufhin empört und schluchzte vor Glück vor sich hin, während ich meinen Sohn auf meiner Brust liegen hatte und mir eigentlich gar nix dachte. Außer: wie geht das jetzt weiter? Werde ich genäht, wenn ja, wie, mit Narkose, ohne, wie lange muss ich noch hier liegen, eigentlich hab ich Hunger, und Durst, und will in ein richtiges Bett."
Ja, mit solchen Wahrheiten kann kaum einer umgehen. Die Welt erwartet ja quasi, dass man nach der Geburt vor lauter Freude zerspringt. Ich kann jetzt verstehen, dass Frauen die tatsächlich an einer postpartalen Depression leiden, sich nicht trauen, das jemandem anzuvertrauen und sich Hilfe zu holen. Zu hoch ist der Druck, eine "echte Mama" zu sein, und die ist man in den Augen der Gesellschaft halt nur, wenn man vor Glück zerspringt.

Ich hatte keine solche Depression. Ich bin auch nicht eiskalt. Ich konnte nur noch nie etwas mit kleinen Babys anfangen, habe nie verstanden warum man in fremde Kinderwägen reinfasst mit den Worten "ach ist der/die süüüüüüüüüüüüüüß".
Ich liebe meinen Sohn. Seit der ersten Minute. Aber die Wahrheit ist, dass ich die ersten Monate nicht vor Glück zerplatzt bin.
Ich war müde, ich war geschafft, ich war glücklich und zu Tode traurig. Ich habe gelacht, geweint, geflucht, geschrien, alleine auf der Couch geschlafen, nachts in der Küche alleine am Küchenboden gehockt und geweint, und als ich nicht mehr wollte, abgestillt.
So war das.
Ich bin eine schlechte Mutter.

Vorgestern hatte ich meinen exklusiven Sohnemann-und-Mama-Nachmittag. Er spielte selig vor sich hin, lief umher, dazwischen murmelte er Singe vor sich hin, sah mich immer wieder an. Dann kam er auf mich zu umarmte mich, legte seinen Kopf auf meine Schulter und hielt für 5 Sekunden in dieser Position inne. Ich habe ihn ebenso umarmt, ihm einen Kuß auf den Kopf gegeben und geflüstert: "ich hab dich so unendlich lieb und bin so stolz auf dich."
Noch bevor der Satz zu Ende gesprochen war, war er schon wieder auf und davon mit seinen Spielsachen spielen oder die Katze jagen, ich weiß es nicht mehr genau.
Was ich allerdings weiß: mir liefen Tränen die Wange runter und mein Herz ging mir auf.
Diese Liebe ist nicht erklärbar.

Vielleicht haben das manche Mütter bereits bei der Geburt. Vielleicht nach ein paar Wochen, vielleicht erst nach ein paar Jahren.
Fest steht: wir sind alle anders, unsere Empfindungen, unsere Erlebnisse, unsere Ängste, Sorgen und Hoffnungen. Und das ist gut so.

Und ich? Ich bin eine gute, nein, ich bin eine tolle Mutter.
Mein Sohn ist ein glücklicher kleiner Mann, der mit jedem Tag unabhängiger wird und seine Mama damit jeden Tag ein bißchen stolzer.
Ich möchte zum Abschluß einen ganz lieben Kollegen zitieren (war mit drei Kindern in Langzeitkarenz), der vor kurzem meinte:
"Also eigentlich kann man bei Kindern nicht viel falsch machen. Man muss sie einfach nur lieben, aber das tut man im Normalfall ja sowieso."

In diesem Sinn....


Mittwoch, 28. Januar 2015

Kampf der Mütter - Vorsicht! Giftig!


Alter des Kindes: 8 Monate und ein paar zerquetschte
Status der Eltern: Vater zu Hause in Karenz, Mutter erwerbstätig

Unser kleiner ist ja jetzt schon 8 Monate alt. In diesen 8 Monaten konnten wir nicht nur erfahren was es heißt Eltern in einem scheinbar vollkommen konservativen Land zu sein, wir dürfen auch tagtäglich den Machtkampf von Eltern bzw. Müttern miterleben.
Ein Kampf, der eigentlich nicht gewonnen werden kann und mich nun endgültig zur Rage und zum Schreiben dieses Beitrages inspiriert hat.
Ich finde ja, man kann alles übertreiben. Wenn es um die vermeintliche Gesundheit und die vermeintlich beste Strategie ein Kind aufzuziehen und ihm Bindungsfähigkeit quasi mitanzueignen geht, sind die Methoden und Ratschläge ja grenzenlos.
Fängt an beim Stillen. Mittlerweile bin ich ja am Überlegen, eine Gruppe für Mütter, die NICHT stillen wollen/können/dürfen/sollen zu gründen, damit auch diese endlich eine eigene Lobby bekommen. Nichts gegen das Stillen an sich. Natürlich ist „es das Beste für das Kind“ und sowieso und überhaupt. Es liegt mir mehr als fern, die ganzen Sprüche der Werbung, der diversen Beratungsgruppen, Hebammen und ÄrztInnen wiederzugeben. Nein. Es ist halt nur so, dass man einfach alles übertreiben kann. Da wird man als Mutter von giftigen Blicken gestraft und vom Arzt und überhaupt allen Menschen die glauben sie wüssten es besser, mit riesigen Augen angegafft und mit Worten gestraft, wenn man auch nur ansatzweise laut darüber nachdenkt, nach 3-4 Monaten abzustillen.
„Bist du dir sicher? Aber die Mutter-Kind-Bindung! Und die Gesundheit deines Babys! Es ist das natürlichste der Welt!“

Wenn man dann noch offenbart, dass man bereits seit das Baby zwei Wochen alt ist abends ein Fläschen gibt, damit auch der Vater eine andere Partizipationsrolle hat als nur Windeln zu wechseln, dann stockt so manchem doch glatt der Atem. Da wird einem was von Saugverwirrung, Lieblosigkeit und Herzlosigkeit vorgesungen und man selbst hat Mühe und Not, sich ob der vielen negativen Kommentare noch als halbwegs gute Mutter zu fühlen. 
Nein, tut mir leid, ich korrigiere. In den Köpfen so mancher Frau hat man ja die „gute Mutter Rolle“ abgelegt, sobald man nicht mehr stillt, sich einen Kinderwagen zulegt, das Baby ein eigenes Bettchen bekommt und man sich eine Gehschule zulegt. Warum? Hier ein kleiner Auszug:

Ad Kinderwagen: 
„nur Tragen ist das Beste! Im Kinderwagen fühlt sich dein Baby doch verlassen. Als würdest du es weglegen…“
Na freilich. Liebe „Gut-Mütter“: warum schläft mein Kind dann am allerbesten, wenn wir draußen spazieren gehen und er im Kinderwagen liegt? Warum brüllt er nicht wie am Spieß herum, wenn ich ihn in den Kinderwagen lege, sondern hat ein Lächeln auf dem Gesicht, weil er weiß, jetzt wird „geschunkelt und spazieren gegangen“? Vermutlich, weil er keine andere Chance hat, er muss sich halt damit abfinden, dass wir ihn einfach weglegen. Armes Kind. Böse Eltern. Und ja, das ist zynisch.

Ad Abstillen:
„du verweigerst deinem Kind das Beste und gesündeste!“ 
„Eigentlich riskierst du die Gesundheit deines Babys.“
„Stillen bis das Baby 2-3 Jahre alt ist, ist das einzig wahre.“
Nein, ich bin keine Stillgegnerin. Ich selbst habe voll gestillt bis mein Sohn 3 Monate alt war. Dann war‘s genug. Als er vier Monate alt war begann ich wieder zu arbeiten, und so habe ich das Abstillen sehr langsam über einen Monat „vollzogen“. Und niemand war unglücklich dabei. Weder mein Sohn noch ich, noch mein Mann, noch sonst irgendwer, den das irgendwas angehen würde.
Einige meiner Freundinnen mit Babys haben länger gestillt, teilweise bis das Kind fast zwei Jahre alt war. Jedoch mit Maß und Ziel. Soll heißen, einmal am Tag, abends, vor dem Schlafengehen, und gut war’s. Leider gibt es Menschen, die tatsächlich denken, alle Liebe flöße durch ihre Brüste. Die den ganzen Tag ihrem zweijährigen Kind quasi unbeschränkten Zugang zu ihren Brüsten gewähren. Wo dann Sätze wie „Mama, Busen!“ fallen. Tut mir leid, aber ich finde das verstörend. Es gibt tatsächlich Menschen in meinem näheren Umfeld, deren Brüste ich genauer kenne als ihre Hobbies.
Ja, ich habe früh abgestillt, und ehrlicherweise bin ich wirklich froh, meine Brüste wieder für mich selbst zu haben. Ich bin nämlich mehr als „nur Mama“, ich bin auch noch eine stinknormale Frau, eine Ehefrau und eine arbeitende Frau, und mein Leben steht nicht plötzlich auf Stillstand, nur weil wir ein Kind in die Welt gesetzt haben.
Viele Studien belegen: „die Zufriedenheit der Mutter ist ausschlaggebend für die Zufriedenheit ihres Kindes“. Na bitte, da haben wir’s. Seit wann hat denn „bedingungslose Aufopferung etwas mit Zufriedenheit zu tun?

Ad Schnuller:
„Davon wird dein Kind Zahnfehlstellungen bekommen.“
„Kinder die sich an einen Schnuller gewöhnt haben, beginnen später zu sprechen. Die haben ja ständig etwas im Mund….“
Ich will dazu gar nicht viel sagen. Nur das eine: wie kann es sein, dass ALLE Kinder meiner Freundinnen bereits mit eineinhalb Jahren teilweise ganze Sätze sprechen, trotz Schnuller, und andere Kinder, die weit älter sind, nicht mal „Mama“ sagen können, obwohl sie nie einen Schnuller bekommen haben. Immer nur Brüste. Vielleicht hatten die den Mund auch zu voll? Oder aber es wird wieder Mal Aufmerksamkeit bzw. Liebe geben und totale Selbstaufgabe durch ewiges Stillen und ständiges Tragen im Tragetuch verwechselt.

Ad Gitterbett:
„Am besten ist halt einfach das Familienbett. Das Kind also so lange wie möglich bei sich im Bett schlafen lassen. Sonst fühlt es sich auch einsam und verlassen.“
Ehrlicherweise nehmen auch wir unser Kind ab und an zu uns ins Bett. In die Mitte. Aber prinzipiell schläft er im eigenen Bett. Und da schläft er gut. Er schläft dort ein, ohne Probleme, ohne Schreierei und ja, selbstständig. Ohne davor an der Brust einzuschlafen. Er schläft sogar am besten und leichtesten ein, wenn man ihn ins Bettchen hineinlegt, einfach nur daneben sitzt und „da ist“.
Ehrlich, ich habe nichts dagegen, das Kind im eigenen Schlafzimmer schlafen zu lassen. Aber Familienbett bis das Kind 6 Jahre alt ist? Echt jetzt? Muss das sein? Geht das nicht ein bisschen zu weit?

Ich könnte jetzt noch zahlreiche weitere „Unarten“ anführen, die uns und „Otto-Normalverbraucher-Eltern“ oft unterstellt wird: Gehschule, Brei essen, und vieles mehr.

Aber für heute reicht’s. Wie gesagt, ich werde jetzt eine Nicht-Still-Gruppe gründen. Für alle Eltern (nicht nur Mütter), die gerne auch mal ihren Hausverstand einsetzen, sich nicht durch diverse FanatikerInnen beeinflussen lassen wollen und sich neben dem Eltern-Sein auch noch eine eigenständige Persönlichkeit bewahrt haben. 
Denn man darf nicht vergessen: Kinder bekommen immer mit, wie es den Eltern geht, ob es ihnen gut geht, oder ob es ihnen schlecht geht. 

Da werfe ich doch glatt noch eine letzte Frage in den Diskurs: ob man tatsächlich so happy ist, wenn man sich 100% aufgibt um fürs Kind da zu sein und vergisst, dass es da noch eine andere Ebene gibt? Nämlich die des Paars-Seins? Des Mensch seins? Ob man nicht in die Illusion eines vermeintlichen Glücklich-Seins abrutscht, wenn nebenbei die eigene Partnerschaft flöten geht, weil sich die Welt nur noch ums Eltern sein dreht und es keinerlei Paar-Sein mehr gibt?


Nein, wir, mein Mann und ich, machen nicht alles richtig, wir machen viele Fehler. Aber das ist ok, denn es ist menschlich. Die perfekten Eltern gibt es nicht. Und das ist gut so. Denn ein Mensch sollte auch als Kind schon lernen, dass wir alle Wesen mit Ecken und Kanten, mit Fehlern und Macken sind. Und dass das gut so ist.

Samstag, 15. November 2014

Mann, Frau, Kind. We are family - yeah!!!

Schließlich und endlich ist er also gekommen. Der Tag der Geburt. Wir waren gelassen, wir haben uns gefreut, alles lief gut und bald schon waren wir zu Hause.

Nichts desto trotz möchte ich an meinen vorigen Post anschließen.
Man kennt sich ja selbst immer am Besten, dennoch dachten während meiner Schwangerschaft 90% der Bekannten sie würden mich besser kennen.

Das Bild, dass die Gesellschaft von Müttern hat, ist offenbar unumstößlich verbunden mit:
- dem dringenden Wunsch, nur noch zu Hause zu sein und sich um das Kind zu kümmern
- wieder in den Arbeitsmarkt zurück zu kehren ist in den ersten paar Jahren einfach nicht vorgesehen und auch nicht von der Mutter gewünscht, da sie:
- vollkommen in der Mutterrolle aufgeht und gar nichts anderes mehr will als 24 Stunden pro Tag für das Baby da zu sein
- Papa war zwar bei der Erzeugung dabei, ist aber als Betreuer des Babys nur in Ausnahmesituationen gern gesehen. Der Großteil der Verantwortung liegt bei der Mutter, und die will das auch so.
- Eine Frau die wieder arbeiten gehen will oder gar andere Hobbies hat und über andere Dinge reden kann als das Baby: mit der stimmt doch irgendwas nicht bzw. leidet das Baby ganz bestimmt sehr darunter. Immerhin hat man als Mutter nichts anderes zu wollen als, jawohl, das Baby aufziehen.

Mag polemisch sein. Ist aber, wie ich die Welt erlebe. Und wehe man spricht als Mutter davon, dass man auch noch etwas anderes sein will, als "Mama". Ganz fataler Fehler. Nur andere weltoffene und ehrliche Mütter verstehen das. Für den Großteil ist es ein No-go solche Wünsche und Bedürfnisse auch nur zu formulieren. Das bewusste Wollen von Familie, Beruf und Paar-Sein wird oftmals gleichgesetzt mit Rabenmutter und Kindesvernachlässigung. Eine (zugegeben ältere Arbeitskollegin, die bald in Pension geht) meinte doch tatsächlich: "Also ich hätte mein Kind ja nicht so im Stich lassen können". Dass es für ein Kind mehrere Bezugspersonen geben kann ja sogar soll, im Besten Fall Mama und Papa und Oma's, das wird ausgeblendet. Sogar der Papa wird mit einer Vehemenz und Konsequenz von den meisten Menschen einfach nicht für voll genommen, dass ich schon geneigt war eine Männerinitiative zum Thema "Gleichberechtigung der Männer in der Kindererziehung/-betreuung" zu gründen.

Mittlerweile lächle ich ja milde. Außer ich habe ein Glas Wein getrunken. Oder zwei. Dann lass ich mich auf Diskussionen ein. Ja, ich bin Mama und trinke Wein!!!!

Und daher gleich der Schwenk zu mir, und ich hoffe, einigen anderen Müttern aus der Seele zu sprechen oder Gleichgesinnte zu finden.

Meine Einstellung zu Kindererziehung, Karenz und mehr hat sich nach der Geburt nicht verändert. Viele waren der Meinung, dass dies passieren muss, also die Veränderung meiner Ansichten, aber sie hatten Unrecht. Sie dachten, dass ich plötzlich nicht mehr gerne arbeiten gehen würde, keine Fort-und Weiterbildungen mehr absolvieren will, sondern sich mein Selbstverständnis um 180 Grad wendet und ich in einer von der österreichisch-konservativen Gesellschaft geprägten Mütterrolle komplett aufgehe: also nur noch Windeln wechseln, füttern, "dudu-dada" sagen und Schlaflieder singen will (kindgerechte, bloß keine "Erwachsenenmusik"). Sie kennen mich eben nicht so gut wie ich mich. 

"Wenn das Baby erst mal da ist, willst du gar nicht mehr arbeiten gehen":
Die ehrlich Antwort?
Die ersten 3 Wochen hätte ich ohne meinen Mann nicht überstanden. Ich habe mich erholt, habe gestillt und geschlafen. Er hat gewickelt, mich umsorgt und sich um den Haushalt gekümmert (und zwar ganz, da ich mich ja erholt habe).
Danach war ich allein. Schock. Ich hatte solche Panik davor, und mittlerweile einen Riesenrespekt. Vor allem vor allen AlleinerzieherInnen. Wie macht ihr das????
Dann vergingen 2 weitere Wochen, ich hatte mich an das tagsüber alleine sein mit Baby gewöhnt. Und dann kam sie. Schleichend, obwohl vorhersehbar: die Langeweile.
Natürlich kümmere ich mich gerne um meinen Sohn, natürlich liebe ich meinen Sohn, aber auf diese Langeweile war ich wirklich nicht vorbereitet.
Um den Kreis zu schließen: ich hatte Recht. Ich bin einfach keine von diesen Frauen, die gerne mit Kind zu Hause sitzen und dort voll und ganz in ihrer Rolle als Mutter aufgehen.
Im Gegenteil. Mir fiel die Decke so schnell auf den Kopf, dass ich gar nicht wusste, wie mir geschah.

Trotzdem sehe ich mich als gute Mutter. Ich gestehe es mir ein, dass ich das "nur zu Hause sein" nicht kann. Gleichzeitig möchte ich es gar nicht abwerten, im Gegenteil. Ich habe einen Heidenrespekt vor jeder Frau, die wirklich und ganz zu Hause bleibt und das auch will. 

Dennoch: für mich ist es nichts. Ich will und wollte mehr. Für uns klappt die Rollenverteilung andersrum wunderbar. Mein Mann ist seit unser Sohn 4 Monate alt ist zu Hause in Karenz und wird es bis zum 14. Lebensmonat bleiben. Ich arbeite 30 Stunden und habe außerdem noch freiberufliche Projekte auf Laufen. Er genießt die Zeit zu Hause, macht viel im Haus (ja, Hausarbeit. Natürlich. Das war schon vor unserem Kind so), hat den größten Spaß mit unserem Sohn, und wenn er "müde, ausgelaugt und am Ende ist" nach einem langen Tag komme ich gerade von der Arbeit nach Hause und übernehme. Wir sind ein eingespieltes Team. Nie bin ich so gerne nach Hause gekommen, nie hatte ich soviel Geduld, Spaß und Freude an unserem Sohn wie jetzt. Und an den Wochenenden? Da leben wir manchmal "die österreichische Tradition": Mann bastelt am Haus und baut und werkt herum, Frau kümmert sich ums Kind und kocht und putzt. Und wisst ihr was? Ich liebe es!

Freitag, 25. April 2014

Diskriminierung oder Gleichberechtigung?

In der spannenden Odyssee namens Schwangerschaft durften wir ja in Bezug auf „Gleichberechtigung“ oder „Diskriminierung“ schon viel erleben. Angefangen von der Tatsache, dass man als Frau ab dem Beginn des „Outings: ich bin schwanger“ nicht mehr als volles Mitglied der Gesellschaft gilt, sondern eben nur noch als diejenige, die das Kind austrägt, über diverse Menschen, die sich über die Art und Weise wie man sich Kindererziehung teilen will, echauffieren. Ich erinnere nur an die beliebten Sätze: „Du kannst doch als Mutter dein Kind mit ein paar Monaten nicht einfach so abgeben!!“ (kam als Reaktion auf die Karenzzeit meines Mannes), bis hin zu einem Experten der Arbeiterkammer welcher süffisant meinte: „na wenn Sie unbedingt ein solches Modell wählen wollen….“. Man hat es nicht einfach.
Mittlerweile ist ein Ende der Schwangerschaft in Sicht, bald ist es geschafft, aber die Kommentare und Meldungen werden nicht weniger. Außerdem fallen mir immer öfter „falsche Beteiligungen an der Kindererziehung“ auf, von denen ich einfach nicht sicher bin, ob sie diese entstehen, weil die Frau die Kinder nicht loslassen kann und damit dem Mann nicht einmal den Hauch einer Chance gibt, sich wirklich produktiv einzubinden, oder ob es falsche „Gleichberechtigung“ von Männern ist.

Ein Beispiel.
Mein Cousin. Ein Sohn, 4 Jahre, obwohl seine Frau mehr verdient als er blieb trotzdem sie 2 Jahre in Karenz zu Hause. Warum? O-Ton mein Cousin: „ich wollte so gerne in Karenz gehen, aber mein Arbeitgeber meinte, dass ich dann zwar wieder zurückkehren könnte, aber vermutlich meinen Job nach 2 Monaten verlieren würde.“
Das seine Frau ihren Job aufgrund der Schwangerschaft verloren hatte, mit Müh und Not einen neuen fand und der Wunsch nach einem 2. Kind erstmal auf Eis lag damit man sie nicht wieder aufgrund einer Schwangerschaft kündigen kann, das beachtet keiner. Schließlich ist sie ja die Mutter. Aber er wäre ja eh soooo gerne.
Ganz ehrlich? Wenn ich wirklich „soooo gerne“ zu Hause bei meinem Kind bleiben möchte, dann tue ich es. Wir Frauen sind genau dem selben Risiko ausgesetzt, unseren Job aufgrund von Kinderbetreuungszeiten zu verlieren, wie jeder Mann auch. Aber selbst wenn man als Frau mehr verdient, sind unsere Jobs offenbar nicht so viel wert wie die der Männer.

Anderes Beispiel.
Ein Bekannter. Im Gespräch darüber, dass mein Mann ein knappes Jahr zu Hause bleiben wird und ich nur zwei Monate meinte dieser: „Das ist ja toll. Ich wäre ja auch so gerne eine Zeitlang in Karenz gegangen, aber das ging halt aufgrund meiner Selbständigkeit einfach nicht.“
Resultat: mittlerweile sind es zwei Kinder, an den Wochenende schläft der gute Herr gepflegt aus, und wenn es um Grenzen setzen bei Kindern geht ist er eben der „Funfaktor“, die Mama die, die Konsequenzen setzt. Da soll man als Frau nicht frustriert sein? Ich sage ja immer, sie sollte ihn am Wochenende beinhart aus dem Bett treten. Dazu fehlt ihr aber die Energie. Ich schätze nach 5 Jahren Kampf gibt man einfach irgendwann auf.

Bei meinem Mann und mir sind die Rahmenbedingungen mittlerweile fast unwiderruflich fixiert. Die Arbeitgeber wissen Bescheid, die Familie weiß Bescheid, ein Zurück gibt es nicht mehr, und das ist gut so.
Zuletzt im Krankenhaus wurde wieder versucht uns einzureden, dass nur die Mutter in den ersten Lebensmonaten wichtig für das Baby ist. Zusätzlich dazu kam der „Hinweis“: „Sie werden sehen, wenn das Baby mal da ist dann wollen sie gar nicht mehr arbeiten gehen.“
Gut, ich habe mich ja mittlerweile daran gewöhnt, bereits jetzt, Wochen vor der Geburt unseres Sohnes, eine Rabenmutter zu sein. In der letzten Zeit bin ich sogar so weit gekommen, darüber jede Menge Witze zu machen, die übrigens auch nicht jede/r versteht.

Ich denke, dass sich in Fragen der Kinderbetreuung bzw. der Kinderbetreuungsmodelle in Österreich nicht sehr viel ändern wird, wenn sich nicht endlich ein neues Bild im Kopf unserer Gesellschaft durchsetzt. Es gibt mehr, als nur die Mutter für Kinder. Der Vater spielt eine ebenso wichtige Rolle. Ausreden wie der Verdienst und der Jobverlust können auf Dauer einfach nicht gehalten werden! Denn diese Argumente gelten für uns Frauen genauso. Wenn ich bei meinen Kindern sein will, ich einen aktiven Part von Anfang an einnehmen will, dann muss ich ohnehin Abstriche machen. Ein Kind bekommen und dann so tun als würde sich nichts ändern ist nicht nur illusionär sondern fast schon fahrlässig.
Nicht durch das Reden über „gemeinsam“ werden sich Werte und Ansichten ändern, nur durch das gemeinsame „TUN“ wird sich auf Dauer die Blockade in den Köpfen der Menschen lösen.
Längst ist bewiesen, dass ein im Idealfall von Anfang an mehrere (nicht zuviele!!) Bezugspersonen haben sollte. Im Idealfall sind es mindestens zwei: Mutter und Vater.

Ist denn das so schwer zu verstehen?